Frauen in Bewegung

Touaillon, Christine (geb. Auspitz)
1878 - 1928

Christine Touaillon
  1. Biographie:

    • Touaillon, Christine, österr. Literarhistorikerin, *Iglau 27.2.1878, +Graz 15.4.1928. Verh. 1904 mit dem Notar Heinr. T. Habilitierte sich 1921 als eine der ersten weibl. akad. Lehrerinnen an der Univ. Wien. Mitherausgeberin der für die österr. Frauenbewegung bed. Ztschr. "Neues Frauenleben" (1902-18), Mitarbeiterin am Reallexikon der dtsch. Lit.gesch. von Merker-Stammler (1926 ff.) u. am 3. Bd. der Dtsch.-Österr. Lit.gesch. von Nagl-Zeidler-Castle (1930). Grundlegend für die neuere dtsch. Lit.gesch. ist ihr Standardwerk "Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts" (1919).
      (aus: Lexikon der Frau)

    • "Christine wird am 27.2.1878 in der Garnisonsstadt Iglau in Mähren als Tochter des späteren k. u. k. Generalmajors Leopold Auspitz und seiner Gattin Henriette, geb. Eggenberg, geboren. Ihr Schicksal scheint das einer typischen Vatertochter gewesen zu sein; ihre Affinität zur Literatur war wohl ein Erbteil des Vaters, der sowohl selbst schriftstellerisch produktiv war, als auch als Herausgeber belletristischer Anthologien hervortrat (...). Die Mutter Henriette stirbt 1895 mit 49 Jahren, als Christine 17 Jahre, ihr jüngerer Bruder Walther 7 Jahre alt ist. Christine, die die Volksschule und Bürgerschule in St. Pölten absolviert hatte, befindet sich zu der Zeit zur Ausbildung in Wien. Nach der höheren Töchterschule durfte sie sich an der Lehrerinnenbildungsanstalt des k. u. k. Zivilmädchenpensionates zur Volksschullehrerin ausbilden; sie erwirbt dort 1897 die Lehrbefugnis zum Unterricht an öffentlichen Volksschulen. Neben ihrer Unterrichtstätigkeit als Lehrerin inskribierte Christine Auspitz im WS 1897/98 als außerordentliche Hörerin, um - wie sie in ihrem curriculum vitae damals mit emotionaler Unbefangenheit und Selbstverständlichkeit noch schreiben konnte - 'Literaturgeschichte zu studieren, was ich seit früher Kindheit leidenschaftlich gewünscht hatte'. Daneben nimmt sie Privatunterricht, um 'das Gymnasialstudium nachzuholen'. Im Sommer 1902 maturiert sie am Staatsgymnasium in Salzburg und bezieht im Herbst des gleichen Jahres die Wiener Universität als ordentliche Hörerin.
      1904 heiratet Christine Auspitz den Juristen Dr. Heinrich Touaillon und zieht mit ihm nach Vorau in die Steiermark. (...) Ein Jahr nach ihrer Verehelichung und ihrer Übersiedlung nach Vorau promoviert sie bei Jakob Minor in Wien über 'Zacharias Werners Attila König der Hunnen. Eine romantische Tragödie". Mangels einer geeigneten Bibliothek betreibt sie in ihrer Vorauer zeit Privatstudien anhand der ihr zugänglichen Literatur: sie beschäftigt sich mit damaliger Gegenwartsliteratur, mit der Geschichte der deutschen Kinderliteratur und schreibt für verschiedene Zeitschriften. Sie veröffentlicht unter anderem in 'Wissen für Alle', (...) usw. und sie gibt zunächst gemeinsam mit Auguste Fickert die Zeitschrift "Neues Frauenleben" heraus.
      Nach ihrer Übersiedlung nach Stainz beginnt sie im Herbst 1910 an der ersten Gesamtdarstellung des deutschen Frauenromans des 18. Jahrhunderts zu arbeiten, die 1919 im Verlag Wilhelm Braumüller erscheint, und die sie im gleichen Jahr erstmals an der philosophischen Fakultät in Graz als Habilitationsschrift vorlegt."
      (aus: Bubenicek, Hanna: Wissenschaftlerin auf Umwegen, 1987, S. 7 ff.)

    • "Am 15. April starb nach kurzem Leiden im Alter von 50 Jahren Dr. Christine Touaillon, Dozentin an der Wiener Universität. Mit ihr verliert Wien eine der hervorragendsten und sympathischesten Erscheinungen unter den Frauen geistigen Berufes.
      Tochter eines hohen Offiziers, bildete sie sich zur Bürgerschullehrerin aus, besuchte aber, kaum daß das Hochschulstudium den Frauen freigegeben war, die Wiener Universität, wo sie an der philosophischen Fakultät promovierte. nach Vollendung ihres großen Werkes über den deutschen Frauenroman des 18. Jahrhunderts, das reiche Aufschlüsse über ein bis dahin fast unerforschtes Gebiet in mustergiltiger Darstellung enthält, habilitierte sie sich als Dozentin für deutsche Literaturgeschichte - nächst Prof. Elise Richter die erste Frau, der es gelang, die Schwierigkeiten zu überwinden, die trotz der gesetzlich gewährleisteten Gleichstellung noch immer der akademischen Laufbahn einer Frau entgegenstehen.
      Aber auch auf sozialem Gebiet entfaltete Dr. Christine Touaillon eine vielgestaltige Tätigkeit. Nach dem Tode Auguste Fickerts redigierte sie den belletristischen Teil der zeitschrift "Neues Frauenleben"; sie war Vizepräsidentin der Internationalen Liga für Frieden und Freiheit (soziale Gruppe des österreichischen Zweiges) und Ausschußmitglied der Ethischen Gemeinde,; sie widmete sich den Interessen der Volksbildung in zahlreichen Vorträgen und fand daneben noch Zeit für wissenschaftliche Arbeiten. Der Tod hat jäh ein Leben freudigen Schaffens und hohen ehelichen Glückes gebrochen, eine Persönlichkeit voll Herzenswärme und köstlicher Geistesfrische, die ihren Freunden und Schülern unersetzlich bleibt.

      (aus: Die Österreicherin, 1. Jg., 1928, Nr. 5, S. 8)

  2. Werke in der ÖNB:

    • Altwiener Bilderbuch. 72 Ansichten nach alten Stichen. Eingeleitet von Christine Touaillon. - Wien : Gottlieb, 1909
      Signatur: 236.127-D, 818.321-C.Th und 469.732-C
    • Der erste deutsche Frauenroman. - In: Neues Frauenleben 24. Jg., Nr. 12, 1912, S. 329 ff.
      Ariadne-Sonderaufstellung: FIB 114
    • Festschrift für Wilhelm Jerusalem zu seinem 60. Geburtstag ... Mit Beiträgen von Max Adler ... Christine Touaillon (etc.) - Wien, 1915
      Signatur: 506.899-B
    • Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts. - Wien (usw.) : Braumüller, 1919
      Signatur: 531.443-B
    • Das Katzenbüchlein. - Wien, 1919
      Signatur: 476.454-A.52a
    • Das Katzenbüchlein. 26. bis 30. Taus. - Wien : Sesam-Verl., 1925
      Signatur: 582.993-A.52

  3. Sekundärliteratur:

    • Bubenicek, Hanna: Wissenschaftlerin auf Umwegen : Christine Touaillon, geb. Auspitz (1878 - 1928) ; Versuch einer Annäherung. - In: Über Frauenleben, Männerwelt und Wissenschaft : österreichische Texte zur Frauenforschung / Hrsg.: Frakele, Beate ... - Wien : Verlag für Gesellschaftskritik, 1987, S. 5 - 17
      Signatur: 1180381-B.Neu-Per.29
    • Gigerl, Michaela: Christine Touaillon, geb. Auspitz (1878-1928). - In: Laufschritte . Graz - (1995), 1 : Lebensentwürfe, S.22 - 24.
      Signatur: 1562929-C.Neu-Per
    • Leitner, Rainer: Christine Touaillon, geb. Auspitz : Gelehrte und Feministin (1878 - 1928). - In: Frauenstudium und Frauenkarrieren an der Universität Graz / Hrsg.: Kernbauer, Alois ... - Graz : Akademische Druck- und Verlagsanstalt, 1996, S. 210 - 247
      Signatur: 1097534-B.Neu-Per.33
    • Schnedl-Bubeni?ek, Hanna: Wissenschaftlerin auf Umwegen : Christine Touaillon, geb. Auspitz (1878-1928) ; Versuch einer Annäherung. - In: Unterdrückung und Emanzipation . Wien - (1985), S.69 - 81.
      Signatur: 1253222-B.Neu-Mag
    • Simon, Gertrud: "Durch eisernen Fleiß und rastloses, aufreibendes Studium" : die Anfänge des Frauenstudiums in Österreich ; Pionierinnen an den Universitäten Wien und Graz. - In: Geschichte der Frauenbildung und Mädchenerziehung in Österreich : ein Überblick / Hrsg.: Brehmer, Ilse. - Graz : Leykam, 1997, S. 205 - 219
      Signatur: 1509892-B.Neu
    • Wieser, Ilse: Christine Touaillon - Pionierin in der Literaturwissenschaft. - In: Woment! Innsbruck ; Wien [u.a.] - S. 118ff.
      Signatur: 1753396-B

  4. Bildernachweis (Bildarchiv der ÖNB):

    • Bildnis (1927): Pf 4868:C(1), NB 528.258, Pb 580.555-F, S.88

Letztes Update: 9. Jänner 2009