Dramatikerin, Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin
M.L. wird am 22.11.1895 als letzte von acht Geschwistern einer
jüdischen Familie geboren. Schwester Auguste Lazar wird
ebenfalls Schriftstellerin. Sie besuchte die fortschrittliche
Schwarzwaldschule in Wien, in der schon früh ihr literarisches
Talent (Gedichte schreiben) gefördert wurde. Als Lehrerin an
einer der Schwarzwald-Schulen, dem Harthof, einem Landerziehungsheim in
den Semmeringbergen, schrieb M. L. ihren ersten Roman "Vergiftung"
(1920) - eine zeitkritische Auseinandersetzung mit der Väter-/
Mütter-Generation. (Auch ihr ein Jahr später an der
Neuen Wiener Bühne uraufgeführter Einakter, 23.2.1921
"Der Henker"hat den Generationenkonflikt, ausgetragen zwischen einem
zum Tode verurteilten jungen Mörder und seinem Henker, zum
Thema.) Dem Roman "Die Vergiftung" wurde die Anerkennung versagt, weil
ihm ein "penetranter Weibsgeruch" anhafte - so Thomas Mann. Auch "Der
Henker" kam bei Publikum und Kritik nicht an. Der ersehnte Erfolg kam
erst mit den unter dem dänischen Pseudonym "Esther Grenen"
veröffentlichten Romanen "Der Fall Rist" (1930) und "Veritas
verhext die Stadt" (1931). M. Lazars eminent politisches Schauspiel
"Nebel von Dybern", am 10.2.1933 in Stettin uraufgeführt,
wurde wenig später von den Nazis abgesetzt. Ein Stück
über die Ungeheuerlichkeit eines Gaskrieges im "Dritten Reich"
war nicht erwünscht. Einige Monate später ging M. L.
u.a. mit der Familie Weigel/Brecht nach
Dänemark ins Exil. Auf der Insel Thurö stellte ihnen
die dänische Schriftstellerin Karin Michaelis, die sie aus dem
Kreis um Eugenie Schwarzwald kannte und die sich in der Folgezeit
engagiert für deutsche EmigrantInnen einsetzte, ein Haus zur
Verfügung. Mit ihren in Dänemark entstandenen Romanen
und Dramen hatte Maria Lazar nur wenig Erfolg. Ihr Exil-Roman "Leben
verboten" erschien unter dem Titel "No right to live!" 1934 in London.
Den Roman "Die Eingeborenen von Maria Blut", der den Weg
Österreichs in den Faschismus behandelt, konnte sie 1937 in
der Zeitschrift "Das Wort" veröffentlichen. Daneben schrieb
sie Essays, Erzählungen und Artikel für verschiedene
Zeitschriften. 1939, noch vor der Besetzung Dänemarks durch
deutsche Truppen, zog sie mit ihrer Tochter nach Schweden. Durch die
Heirat mit Friedrich Strindberg (noch in Wien) - die Ehe dauerte von
1923 bis 1927 - war M. L. automatisch schwedische
Staatsbürgerin geworden. Kurz vor ihrem Tod knüpfte
sie an ihre Jugend an und begann wieder Gedichte zu schreiben. Als bei
ihr eine unheilbare Knochenkrankheit auftritt, nimmt sie sich am
30.3.1948 in Stockholm das Leben. Ein Teil ihrer im Exil entstandenen
Werke ist bisher nicht ins Deutsche übersetzt worden.
M. L. beschreibt in ihrem Erstlingswerk "Die Vergiftung" die Zerstörung der Subjektivität der Protagonistin im Selbstschöpfungsprozess ihres Geliebten. Dabei setzt Lazar das methodische Verfahren der Freudschen Traumdeutung in ein ästhetisches um. "Die Vergiftung" ist eine zeitkritische Auseinandersetzung mit der Eltern-Generation. Der autobiographisch gezeichneten Protagonistin des Stückes, dem Mädchen Ruth, gelingt es, sich von der tyrannischen Mutter zu befreien. "Im Gegensatz zu den Vatermordstücken der Expressionisten endet bei Maria Lazar der Konflikt zwischen Mutter und Tochter unblutig".