Ludwig Lazar Zamenhof - Begründer des Esperanto

Dr. Lazar Ludvik Zamenhof (sprich: Samenhof, mit stimmhaftem s) wurde 1859 in der damals russischen Stadt Bialystok (heute Polen) geboren. Seine Familie entstammte dem aufgeklärten Judentum Osteuropas, das ein fruchtbarer Nährboden für viele neue Ideen war. Es strebte nach staatsbürgerlicher Emanzipation, der stärker werdende Nationalismus und Antisemitismus setzte dem aber enge Grenzen. Ab den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts kam es in Polen und Russland immer wieder zu schrecklichen Pogromen, die alle Hoffnung auf Gleichberechtigung zunichte machten. Auch in Bialystok waren Konflikte zwischen den dort beheimateten ethnischen Gruppen an der Tagesordnung: Die Stadt beherbergte Polen, Russen, Deutsche und Juden. Das Klima des Hasses und der Intoleranz hat Zamenhof nachhaltig geprägt, sein ganzes Leben stand im Zeichen der Überwindung dieser Gegensätze.

Es ist bemerkenswert, dass Zamenhof die Welt nicht nur "aus einem Punkt zu kurieren" suchte, sondern das Problem in seiner ganzen Komplexität erkannte und daraus eine Philosophie der Toleranz entwickelte, die er Hillelismus nannte. Die Bezeichnung geht auf den rabbinischen Gelehrten Hillel (um 60 vor bis 10 nach Chr.) zurück, der den kategorischen Imperativ Kants vorweggenommen hat und dessen Lehre sogar in einem deutschen Sprichwort seinen Niederschlag gefunden hat: "Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg auch keinem andern zu." Zamenhofs Grundgedanke: Die verschiedenen Kulturen und Religionen sollten ihre Eigenheiten bewahren, die Begegnung zwischen ihnen könne aber nur in einem neutralen Rahmen geschehen, der sozusagen den gemeinsamen Nenner darstellt. Das resultiere aus seiner Erfahrung, dass die Grundwerte in allen Kulturen und allen Religionen ähnlich seien, dass aber das Trennende in der Begegnung mit dem Fremden hintangestellt werden müsse: Einheit in der Vielfalt der Erscheinungsformen. Das ist auch auf dem Gebiet der Sprache so: Eine internationale Sprache macht nur dann Sinn, wenn man der Überzeugung ist, dass eine weltweite Verständigung - trotz aller Unterschiede - möglich und wünschenswert ist.

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Ludwig Lazar Zamenhof

Zamenhof befasste sich schon in der Gymnasialzeit mit dem Projekt einer internationalen Sprache; von diesen Vorstufen des späteren Esperanto sind Fragmente erhalten:

Malamikete de las nacjes
Kadó, kadó, jam temp' está !
La tot' homoze in familje
Konunigare so debá.

(Feindschaft zwischen den Völkern soll fallen. Es ist schon Zeit! Die ganze Menschheit muss sich wie eine Familie vereinigen.)

Das Esperanto, wie er es dann 1887 vorstellte, ist das Produkt mehrjähriger Arbeit. Linguistisch gesehen gehört es zu den wenigen voll funktionstüchtigen Plansprachenmodellen.

Von Beruf war Zamenhof Augenarzt und arbeitete in einem Armenviertel Warschaus. Drückende finanzielle Sorgen begleiteten ihn sein ganzes Leben hindurch, zumal er für die Ärmsten der Armen oft unentgeltlich arbeitete. Das Engagement für seine Sprache brachte kaum Geld; erst gegen Ende seines Lebens erhielt er vom französischen Verlag Hachette Tantiemen für seine Werke.

Zamenhof starb 1917 im Alter von 58 Jahren an einem Herzleiden.


last update 03.02.2016