Restaurierung einer Koperte aus dem 15. Jahrhundert

Einband vor der Restaurierung

Einband nach der Restaurierung

Erste Seiten vor der Restaurierung

Erste Seiten nach der Restaurierung

Der lateinische Codex aus der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, trägt den Titel „Quaestiones in IV Sententiarum“. Der 153 Seiten dicke Buchblock beinhaltet Themen wie Tabulae-Systematik, Theologie und Dogmatik. Er entstand zwischen 1400-1499. Das Manuskript ist als Koperte gebunden: Die Kettenstichheftung führt durch die Lagenmitten, den Rücken des Pergamentumschlages und drei Lederstreifen. In der Mitte der Lagen wurden Streifen aus früheren Pergamenthandschriften mitgeheftet. Die Verwendung eines flexiblen Pergamenteinbandes war eine günstige Variante; im Verhältnis zu einem in Leder gebundenen Buch mit festen Decken, ähnlich den heutigen Taschenbüchern.

Das Pergament des Einbands war gewellt und wies mehrere Falten auf. Das Pergament war zum Teil stark abgebaut und brüchig, hatte Wasserflecken und Fehlstellen.

Auch die Heftung war schadhaft. Einige Lagen waren lose und die Kettenstiche am Buchrücken zum Teil gerissen. Das Papier des Buchblockes ist durch Mikroorganismenbefall der aufgrund eines früheren Wasserschadens entstanden war, stark abgebaut. Am Anfang und am Ende des Textblockes sind die Blätter an den Kopf- und Fußschnitten deshalb bis zur völligen Unleserlichkeit verfärbt und zersetzt. Teilweise weisen die Blätter großflächige Fehlstellen und Risse an den Blatträndern auf. Ein Fragment der ersten Seite hat sich mit der Innenseite des Einbandes verklebt. Der flexible Einband bot dem Inhalt des Buches weniger Schutz als ein fester Einband.

Ziel der Restaurierung war es, mit einer lokalen Desinfizierung, Konsolidierung und Fehlstellenergänzung weitere Schäden zu verhindern. Außerdem sollten die losen Lagen ohne die Auflösung der originalen Heftung wieder mit dem Buchblock verbunden werden. Die Koperte sollte als historische Einbandart erhalten bleiben.

Die Ergänzung der Kettenstiche und die partielle Nachheftung wurden mit eingefärbtem Heftfaden aus Baumwolle ausgeführt. Nachdem der Buchblock wieder in sich stabil war, wurden die Blätter mit 70%igem Ethylalkohol lokal desinfiziert. Fehlstellen im Buchblock wurden mit Japanpapier ergänzt und verklebte Fragmente wieder an ihre ursprüngliche Stelle gebracht.

Fehlstellen im Pergamenteinband wurden mit einem speziell angefertigten Material ergänzt. Dieses Material besteht aus einer Mischung von Pergamentstaub, Pergamentleim und Cellulosefasern. Mit den trockenen Ergänzungen wurden Fehlstellen und Rissen im Pergament geschlossen.

Durch die geschilderten konservatorischen Eingriffe konnte die orginale Bindung der Handschrift erhalten werden. Gleichzeitig ist die Funktionalität des Codices wieder hergestellt worden: Das Buch kann geöffnet und gelesen werden.


last update 03.02.2016