Gewerbkunde oder Gallerie ...

... der vorzüglichsten Künste und Handwerke: Ein lehrreiches und unterhaltendes Buch für die Jugend  =  Technologie ou Gallerie des Arts et Métiers / Traduit de L'allemand en français par Jean Hehl. - Wien: bey Heinrich Friedrich Müller. 2 Bde

Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 306.814-A.1 Alt-Rara 

 

Der Buchdrucker.

Die Buchdruckerkunst ist eine für das ganze bürgerliche Leben höchst gemeinnützige Erfindung, die noch nicht vierhundert Jahre alt ist, und dem Erfindungsgeiste der Deutschen zugehört.

Der vorliegende Band stellt eine Ergänzung zu dem schon 2003 erworbenen zweiten Teil der Gewerbkunde dar und ist eine charakteristische Publikation im Sinne der pädagogischen Reformbewegungen der Zeit. "Die vorzüglichsten Künste und Handwerke" werden durchwegs zweisprachig (deutsch und französisch) mit Hilfe von 42 Bildern (kolorierte Kupferstiche) erläutert. Die Verknüpfung von Sach- und Sprachunterricht ist ebenso typisch wie auch die wichtige Funktion des Bildes im Bereich der Wissensvermittlung.

Die pädagogischen Reformbewegungen waren vom Glauben an die maßgebliche Bedeutung der Erziehung in Bezug auf die Vervollkommnung des Menschen erfüllt. Aber auch rein ökonomische Gründe machten eine Reform vordringlich: Die neuen Manufakturen und Fabriken brauchten einen neuen Menschentyp, den aufgeklärt-vernunftgeleiteten und fleißigen, am Gemeinwohl orientierten Bürger. Intention war vorrangig eine auf berufliche Brauchbarkeit (Nützlichkeit) zielende ganzheitliche Erziehung. Wichtige Voraussetzung dazu war, dass sich durch die im 18. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung und nicht zuletzt durch die französische Revolution im Europa des 18. Jahrhunderts schließlich langsam die Gewerbefreiheit durchsetzte. Damit wurde jedem Bürger das Recht zugebilligt, ein Handwerk eigener Wahl ausüben zu dürfen.

Der führende Kopf der Reformpädagogik im deutschsprachigen Raum war Johann Bernhard Basedow (1724-1790), Gründer der ersten Alternativschule, des "Philantropinums" in Dessau (1774-1793). Diese Schule stand nicht nur reichen oder adligen Kindern offen, sondern ebenso den Kindern armer Eltern. Nach dem Vorbild Basedows gründeten andere philanthropistische Pädagogen ähnliche Institute, unter denen das "Philanthropin" Christian Gotthilf Salzmanns in Schnepfenthal besondere Bedeutung hatte. Ihm war auch ein Institut für Mädchen angeschlossen, das von Salzmanns Frau Sophie geleitet wurde. Zu den Unterrichtsschwerpunkten zählten auch hier die modernen Sprachen, Naturwissenschaften und Sport, Landwirtschaft und produktive Arbeit wurden in spielerischer Weise in den Unterrichtsplan eingebaut.

In Österreich gewannen die pädagogischen Reformbewegungen gleichfalls zunehmend an Einfluss, unterstützt durch die unter Kaiserin Maria Theresia 1774 eingeführte Schulpflicht vom 6.-12. Lebensjahr, die eine breitere Alphabetisierung auch bildungsfernerer Schichten ermöglichte.

 

 

 

 


last update 03.02.2016