Entstehungskontext

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Die Jahre zwischen den größeren Prosaarbeiten Der Chinese des Schmerzes (1983) und Die Wiederholung (1986) waren für Peter Handke geprägt durch seine Tätigkeit als Übersetzer. Am 1. Dezember 1984 erschien seine deutsche Fassung von Emmanuel Boves Bécon-les-Bruyères in der Bibliothek Suhrkamp. Während die von 9. Oktober 1983 bis 17. Mai 1984 erarbeitete Übersetzung von Walker Percys Der Idiot des Südens sich bereits in der Verlagsproduktion befand, berichtete Handke schon am 6. Dezember 1984 seinem Verleger Siegfried Unseld, dass er »[g]erade [...] "Une jeunesse" (Eine Jugend) von Patrick Modiano beendet« habe, »um frei zu sein für die Arbeit, die mir im Frühjahr winkt (eine Sache mit Namen "Die Wiederholung")«. (Handke / Unseld 2012, S. 478)

Ob es tatsächlich Handkes fester Vorsatz war, bereits im Frühjahr 1985 mit der Niederschrift des über lange Jahre vorbereiteten Erzählprojekts Die Wiederholung zu beginnen, ist fraglich. Denn im Gegensatz zu seiner Ankündigung widmete er die ersten vier Monate des Jahres 1985 der Arbeit an dem Fernsehfilm Das Mal des Todes nach Marguerite Duras' Text La maladie de la mort. Seinem Verleger Siegfried Unseld schrieb Handke am 3. Jänner 1985: »Ich soll, zwei Wochen lang, einen Fernsehfilm nach Duras' "Die Krankheit Tod" machen.« (Handke / Unseld 2012, S. 482). Den Regievertrag mit der Produktionsfirma MR-Film unterzeichnete Handke am 5. Jänner 1985 (ÖLA SPH/LW/W147/1).

Übersetzung und Textvorlage

Die Übersetzung von Marguerite Duras' Erzählung La Maladie de la Mort entstand zuerst im Hinblick auf die filmischen Realisierung. Erst nach der Verfilmung wurde der Text in einer zweisprachigen Buchausgabe veröffentlicht. Die publizierte Fassung folgt dabei im Wesentlichen dem am französischen Original orientierten, ungekürzten Typoskript Handkes, das auch als Grundlage für den Filmdialog zwischen »Frau« und »Erzähler« diente. Im Film wurden zusätzlich Gedichtverse aus René Chars Le Nu perdu verwendet, das Handke schon 1983 unter dem Titel Rückkehr stromauf übersetzt hatte. Char gab dafür seine Zustimmung mit einer Postkarte am 8. Jänner 1985: »[...] je suis d'accord pour la Nu perdu et sa citation.« (ÖLA SPH/LW/Briefe/Briefe an Peter Handke/Char, René)

Notizbücher

Das Notizbuch, das Handke zwischen 14. Oktober 1984 und 2. Juni 1985 führte, dokumentiert auf einer Seite am hinteren Vorsatz mehrere deutsche Titelvarianten für La Maladie de la Mort. In der filmischen Umsetzung werden einige dieser Titel in einer Szene auf ein Blatt Papier geschrieben. (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 038, Bl. I*). Bis auf wenige Stellen, an denen Handke in wenigen Worten den Fortgang der Filmarbeiten festhält, konnten keine Notizen, die auf die eigentliche Übersetzungsarbeit hindeuten, im betreffenden Zeitraum gefunden werden. Fest steht jedoch, dass die Übertragung der Textvorlage ins Deutsche vor Beginn der Dreharbeiten Anfang Jänner 1985 abgeschlossen war.

Verfilmung im Jänner 1985

Die Tonaufnahmen und Dreharbeiten für den Film erfolgten von 7. bis 22. Jänner 1985 an verschiedenen Plätzen in Salzburg, in den Räumlichkeiten des Malers Lucas Suppin im Schloss Freisaal und zuletzt im jugoslawischen Piran. Peter Handke führte Regie und wirkte neben Marie Colbin (»Die Unbekannte«) als Darsteller (»Der Erzähler«). Kameramann war Xaver Schwarzenberger, als Regieassistent fungierte wie schon bei Handkes früheren Filmen Friedhelm C. Maye. Die Produktion lag bei der Wiener MR-Film. Den Abschluss der Dreharbeiten teilte Handke seinem Verleger am 24. Jänner mit: »Ich habe den Film nach dem Text der Duras abgedreht, in Jugoslawien, und bin einfach sehr froh.« (Handke / Unseld 2012, S. 482) Und gegenüber Alfred Kolleritsch gab er an, er »habe im letzten Monat im Sturmzug eines Films gelebt, der "Das Mal des Todes" heißen soll, aber innerlich hell geworden ist« (Handke / Kolleritsch 2008, S. 136). Unseld meinte am 6. Februar 1985, er sei »gespannt [...] auf Deinen Fernsehfilm« und fügte hinzu: »Überhaupt werden wir noch einmal in Sachen Duras sprechen müssen.« (Handke / Unseld 2012, S. 483). Möglicherweise bezog sich Unseld dabei auf die Übersetzung ihres Romans L'Amant / Der Liebhaber, der ebenfalls 1985 im Suhrkamp Verlag erschien und wofür sich Duras in einem Brief vom 21. März bei Handke bedankte (ÖLA SPH/LW/W147/2). Am 19. März schrieb Handke an seinen Freund Kolleritsch: »Die Arbeit an dem Film hat mir eine unbändige Freude gemacht. Nun ist er fast fertig, und ich glaube, er geht, eher durch Sprache als durch Bilder [...] ans Innerste.« (Handke / Kolleritsch 2008, S. 141) Für den Filmschnitt fuhr er vom 16. bis zum 18. April 1985 nach Wien, am 25. und 26. April dann ein weiteres Mal für die Abmischung des Films.

La maladie de la mort wurde zwischen 17. und 20. Mai 1985 erstmals in der der Sélection Officielle der Sektion »Un Certain Regard« bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes gezeigt. Nach der Uraufführung berichtete Handkes französischer Übersetzer Georges-Arthur Goldschmidt in einem Brief am 11. Juni über einen Anruf Duras', bei dem sie ihr Unbehagen über den Titel äußerte: »[...] irgendwie war ihr der Titel nicht recht, weil sie auch den Film drehen wollte.« ÖLA SPH/LW/Briefe/Briefe an Peter Handke/Goldschmidt, Georges-Arthur) Erst im folgenden Jahr, am 20. Februar 1986 fand die Erstausstrahlung des Films im ORF statt.

Buchveröffentlichung

Als zweisprachige Ausgabe erschien Handkes Übersetzung laut Verlagsangaben am 1. Juli 1985 im S. Fischer Verlag als Taschenbuch in der Reihe »Theater Film Funk Fernsehen« mit dem Vermerk am Klappentext: »Der Fernsehfilm, dem dieser Text zugrunde liegt, wird 1986 [...] ausgestrahlt werden [...]«.

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