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Sichtungen. Archiv - Bibliothek - Literaturwissenschaft ISSN: 1680-8975
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Das Centrum voor Teksteditie en Bronnenstudie in Gent

Eine Forschungsinstitution zur Erschließung des literarischen und musikalischen Erbes in Flandern

Edward Vanhoutte

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Wissenschaftlicher Auftrag
Struktur und Wirkung
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2002-03-10
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Das Centrum voor Teksteditie en Bronnenstudie (CTB; Zentrum für Textedition und Dokumentenstudien, vgl. http://www.kantl.be/ctb/) ist eine Forschungseinrichtung der Königlichen Akademie für Niederländische Sprachwissenschaft und Literatur (KANTL; Koninklijke Academie voor Nederlandse Taal- en Letterkunde) in Gent (Flandern), die am 1. August 2000 im Auftrag des flämischen Kulturministers mit dem Ziel der Erschließung des literarischen und musikalischen Erbes in Flandern gegründet wurde. Die Gründung des CTB ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung des flämischen Kulturerbes. Sie ist das Ergebnis einer langjährigen Vorbereitung, in die verschiedene Vertreter aus dem Bereich der literarischen und musikalischen Kulturpflege einbezogen wurden.[1]

Vergleichbar dem Institut des Textes et Manuscrites Modernes (ITEM) in Paris[2] und dem Constantijn Huygens Instituut in Den Haag besitzt das CTB grundsätzlich kein eigenes Archivmaterial. Das CTB arbeitet mit literarischen und musikalischen Handschriften aus Beständen öffentlicher Archive, Bibliotheken und Sammlungen mit dem Schwerpunkt auf dem Bestand des AMVC-Letterenhuis (Archief en Museum voor het Vlaamse Cultuurleven) in Antwerpen, dem wichtigsten literarischen Archiv Flanderns.[3]

Das CTB verfolgt eine vierfache Zielsetzung:
1. Vorbereitung und Durchführung von Projekten im Bereich der Erschließung des flämischen literarischen und musikalischen Erbes.
2. Vorbereitung und Erarbeitung wissenschaftlicher Editionen literarischer und musikalischer Werke.
3. Vorbereitung und Realisierung von Veranstaltungen und Publikationen, die den Bekanntheitsgrad des flämischen literarischen und musikalischen Erbes erhöhen sollen, z. B. Ausstellungen, Präsentationen, Radio- und Fernsehsendungen, Aufführungen, Kataloge und Nachschlagwerke.
4. Ausarbeitung von Beiträgen zur Theoriebildung auf nationaler und internationaler Ebene und zu den politischen Vorbedingungen in Flandern für die oben genannten Bereiche.

Zentral für die Praxis des CTB ist ein dreigliedriger Ansatz im Umgang mit dem kulturellen Erbe: Erschließung, Erforschung und Präsentation. Die Erschließung des literarischen und musikalischen Erbes stellt die notwendige Grundlage für ihre Erforschung dar, die schließlich zu für die Öffentlichkeit sichtbaren Ergebnissen führt – wie etwa verläßliche Texteditionen flämischer Klassiker, preisgünstige Leseausgaben (z. B. für den Unterricht), Ausgaben von Musikpartituren, Schriftsteller- und Komponistenbiographien, Literatur- und Musikgeschichten, Konzerte, CD-Aufnahmen, Ausstellungen, multimediale Anwendungen für Unterricht und Forschung, Applikationen im Bereich des ›Technotainments‹. Diese drei essentiellen Komponenten sind in jedem Projekt des CTB wiederzufinden.

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Institution
Edward Vanhoutte
Centrum voor Teksteditie en Bronnenstudie
Koningstraat 18, BE-9000 Gent
Email: evanhoutte@kantl.be; URL: http://www.kantl.be/ctb/
Letzte Adressaktualisierung: 2002
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Struktur und Wirkung Zum vorigen Abschnitt Zum nächsten Abschnitt

Momentan wird das CTB von Edward Vanhoutte koordiniert, der von einer administrativen Mitarbeiterin unterstützt wird. Für das Arbeitsjahr 2002 besteht das Team aus sechs vorwiegend jüngeren Forschern, die für die Dauer eines (auf maximal zwei Jahre befristeten) Projektes angestellt werden. Die Wahl vor allem frisch graduierter Forscher ist auch ökonomisch motiviert, weil das CTB mit der jährlichen Unterstützung der autonomen Flämischen Gemeinschaft (z. B. € 319.782,– für 2002) möglichst viel realisieren möchte. Zugleich möchte das CTB komplementär zum universitären Kurrikulum agieren und daher frisch graduierten Editions- und Musikwissenschaftlern die Gelegenheit bieten, den ersten Schritt in die Forschung zu tun.

Mit dem Ziel der optimalen Verwendung der Gemeinschaftsgelder und der Garantie eines möglichst breiten Arbeitsbereichs bevorzugt das CTB eine projektorientierte Vorgehensweise. Forschungsvorhaben mit Bezug auf die Erschließung des flämischen literarischen und musikalischen Erbes und auf Texteditionen können durch Befürwortungen aus dem Universitätsbereich, dem Archivwesen oder der Verlagsbranche eingereicht werden und werden für jeden sogenannten ›Call‹ durch die Gemengde Commissie voor Teksteditie en Bronnenstudie (GCTB; Gemischte Kommission für Textedition und Dokumentenstudien) der KANTL, die als wissenschaftlicher Beirat fungiert, evaluiert. [4] Gleichzeitig eruiert das CTB Kontexte, in denen kleinere und dringende Projekte, die zwischen zwei ›Calls‹ eingereicht wurden, evaluiert und eventuell genehmigt werden können.

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Projekte und Publikationen Zum vorigen Abschnitt Zum nächsten Abschnitt

Die musikwissenschaftliche Arbeit konzentriert sich momentan auf die Bestandsaufnahme von Musikarchiven, die Zusammenstellung thematischer Kataloge und die Vorbereitung kommentierter Ausgaben moderner flämischer Komponisten, in denen die Biographie eine wichtige Rolle spielt.[5] Die literaturwissenschaftliche Forschung zielt auf die Bestandsaufnahme, Erforschung und kommentierte Edition der Korrespondenzen wichtiger flämischer Schriftsteller[6] sowie auf die Rekonstruktion von Geschichte und Wirkung literarischer Zeitschriften und Strömungen auf der Grundlage der überlieferten Korrespondenzen. [7]

Außerdem bereitet das CTB wissenschaftliche Ausgaben flämischer literarischer Klassiker vor.[8] Im Bereich der Erforschung der Textgenese ist das CTB in Projekte wie das der elektronischen Ausgabe der Handschrift von Stijn Streuvels »De teleurgang van den Waterhoek« involviert, bei der theoretische Konzeptionen der deutschen Schule für Editionswissenschaft, der anglo-amerikanischen Schule und der französischen Critique génétique kombiniert werden.[9] Der Schwerpunkt hierbei ist die genetische Umschrift von Manuskriptmaterial zur Rekonstruktion des dynamischen Schreibprozesses.

Für das CTB ist die Nutzung der EDV (u. a. TEI-konformes XML / SGML) bei sämtlichen Projekten selbstverständlich.

Jährlich organisiert das CTB Symposien, Kolloquien, Workshops, Seminare und Gastvorlesungen im In- und Ausland zur (elektronischen) Editionswissenschaft. Der Koordinator führt darüber hinaus Lehrveranstaltungen an der Universität Antwerpen in den Fächern »Genese und Editionswissenschaft« und » Humanities Computing: Electronic Text« durch.

Edward Vanhoutte

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Anmerkungen Zum vorigen Abschnitt

1] Die Gründung des CTB folgte auf Koordinationsabsprachen zwischen der interuniversitären Arbeitsgruppe Genese, dem AMVC-Letterenhuis (das zentrale literarische Archiv in Flandern), der KANTL, dem Vlaams Fonds voor de Letteren, und dem Studiecentrum voor Vlaamse Muziek auf der einen und der Administration sowie dem Kulturministerium der Flämischen Gemeinschaft auf der anderen Seite. Zu einer genaueren Übersicht zur Archivsituation in Flandern vgl. Edward Vanhoutte: Zorgen voor Later? Argumenten voor de Wetenschappelijke Bestudering van de Vlaamse Muzikale en Literaire Archieven, Bibliotheken en Bewaarplaatsen. Wilrijk: Team Consult Publ. 2000, S. 19–41.

2] Vgl. Almuth Grésillon: Das »Institut des Textes et Manuscrits Modernes« in Paris. In: Sichtungen 3 (2000), S. 212–215.

3] Daneben kooperiert das CTB unter anderem mit den Archiven der Musikhochschulen in Antwerpen und Gent sowie mit der Königlichen Bibliothek in Brüssel.

4] Die GCTB setzt sich momentan aus Vertretern der KANTL, der interuniversitären Arbeitsgruppe Genese, des AMVC-Letterenhuis, der Koninklijke Vlaamse Academie voor Wetenschappen en Kunsten, dem Vlaams Fonds voor de Letteren, dem Muziekcentrum van de Vlaamse Gemeenschap, dem Studiecentrum voor Vlaamse Muziek, der literarischen und musikalischen Verleger und der Flämischen Gemeinschaft zusammen.

5] Thematische Kataloge des Gesamtwerks von Jules Toussaint de Sutter (1889–1959) und Herman Roelstraete (1925–1985) sind in Vorbereitung und erscheinen 2002. Im Jahr 2001 wurde eine kommentierte Ausgabe der Briefe aus Paris von Peter Benoit publiziert; vgl. Jan Dewilde: Me voici à Paris. Parijse Brieven (1859–1863) van Peter Benoit. Antwerpen: AMVC 2001 (= AMVC-Ausgaben 4). Die Katalogisierung und kommentierte Edition der Korrespondenz des Komponisten Edgar Tinel (1854–1912) sind in Vorbereitung.

6] Z. B. die Korrespondenz von Stijn Streuvels (1871–1969), Raymond Herreman (1896–1971) und Herman de Coninck (1944–1997).

7] Z. B. die literarischen Zeitschriften »Nieuw Vlaams Tijdschrift« (1946–1983) und »'t Fonteintje« (1921–1924), und die literarische, künstlerische und philosophische Bewegung »De Kapel« der letzten Jahrhundertwende.

8] Z. B. die Leseausgabe von Roger van de Velde: De knetterende schedels (Amsterdam, Antwerpen: Nijgh & Van Ditmar 2001) und Hendrik Conscience: De Leeuw van Vlaenderen (Tielt: Lannoo, erscheint 2002).

9] Eine eklektische Annäherung der drei großen Schulen der Editionswissenschaft wurde bereits konkret vorgestellt in: Marcel De Smedt und Edward Vanhoutte: Stijn Streuvels. De teleurgang van den Waterhoek. Elektronisch-kritische editie / Electronic-critical Edition. Gent, Amsterdam: Koninklijke Academie voor Nederlandse Taal- en Letterkunde / Amsterdam University Press 2000 (CD-ROM).

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