Inhalt
I) EINLEITUNG
II) JÜDISCHE KONVERTITINNEN UND SCHRIFTSTELLERINNEN
1) Mathilde Lucca/Lucka/Prager (Erich Holm)
2) Elsa/Else Kojeteiner/Kotányi/Jerusalem/Widakowich
3) Edith Kohn/Konti/Korty/Korti/Stern
III) EINE ART GEGENÜBERSTELLUNG
IV) NACHWORT
V) LITERATUR UND QUELLEN
VI) ANHANG
1) Erhaltene Werke von Mathilde Prager und Else Jerusalem
2) Erhaltene Briefe von und an Mathilde Prager
a) Mathilde Prager an Karl Emil Franzos
b) Mathilde Prager an Mina Hoegel
c) Mathilde Prager an Moritz Necker
d) Mathilde Prager an Auguste Fickert
e) August Strindberg an Mathilde Prager
I) Einleitung
Diese im Zuge eines Seminars über Namenswechsel und -veränderungen jüdischer Konvertiten entstandene Arbeit soll sich anhand von drei Beispielen dem Thema widmen. Dazu werden Personen gewählt, die sich zumindest in drei Punkten gegenüberstellen lassen: Es waren Frauen, jüdische Konvertitinnen und Schriftstellerinnen in Wien. Ansonsten unterscheiden sich sowohl das Jahr ihrer Geburt, die Herkunft und die mit der Berufsbezeichnung verbundene Tätigkeit ebenso erheblich wie die Anzahl der jeweils aufzufindenden Quellen.
Ausgehend von den Eintragungen im Taufregister der evangelischen Stadtpfarre AB und in den Geburtenbüchern der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien will ich mich mit Mathilde Prager, Else Jerusalem und Edith Stern in der Weise beschäftigen, wie sie einst Kanzleien und Behörden beschäftigten bzw. wie deren Namen in Archiven und Bibliotheken aufbewahrt und aufgearbeitet wurden. Im Anschluss daran soll eine Gegenüberstellung der gesammelten Daten jene Aspekte herausstreichen, die einer zeitgenössischen Typologie folgen oder die zu vergleichen ich für in-teressant halte. Weiterführende Quellen sind im Anhang vorzufinden.
Es wäre die Aufgabe einer weiteren und ausgereifteren Arbeit, mit anderer Zugangsweise auf formale, bürokratische und identitätsbildende Fragen einzugehen. Auch wenn diese hier an mancher Stelle gestreift werden, sind es hauptsächlich geschriebene Namen und biografische Beziehungen, mit denen ich mich im Folgenden beschäftigen will.
II) Jüdische Konvertitinnen und Schriftstellerinnen
1) Mathilde Lucca/Lucka/Prager (Erich Holm) 1
"Am 3. März 1872 wurde durch die h. Taufe in die evang. Kirche A.C. aufgenommen Mathilde Lucka, Tochter des Samuel Benedikt Lucka, Dr. der Medizin und Therese, geborene Feigel, geboren am 3. Jänner 1844 in Prag und erhielt bei der Taufe die Namen: Mathilde Emilie." So die Taufmatrik der evangelischen Pfarrkanzlei Wien. Als Patin stehen Emile Philipp, Kirchendieners Gattin in Wien I., Dorotheergasse 18 und als Anmerkung der anscheinend kurz zuvor besorgte Geburtsschein "do Prag 25. Febr. 1872" verzeichnet.
Einen Aufschluss darüber, was Mathilde Lucka veranlasst haben könnte, gerade zu diesem Zeitpunkt zum evangelischen Glauben überzutreten, bietet ein Eintrag ins Trauungsregister desselben Monats: Am 23. März wird ihre Ehe mit dem 48jährigen Moriz Josef Sigismund Prager, Professor an der Communal Oberrealschule im 9. Wiener Gemeindebezirk und römischkatholischer Glaubensrichtung eingeschrieben. Als Zeugen treten Anton Jettinger, Bäckermeister in Fünfhaus, und der Advokat Dr. Sigmund Wehrli auf. Beide Angaben der Taufe und Eheschließung werden durch jenen Vermerk in dem Proselytenprotokoll der Israelitischen Kultusgemeinde vom 4. Juni 1872 bestätigt, der nach drei Monaten den Rücktritt Mathilde Luccas zum israelitischen Glauben verzeichnet.
Was das Leben in den achtundzwanzig Jahren zwischen Geburt und Trauung betrifft, endet mein Wissen über Mathilde Lucka mit jenen Familienverhältnissen, welche in den Matriken verzeichnet sind - allein spätere Literatur sieht sie als "die Tochter des bekannten Marienbader Badearztes" 2. Das gilt auch für die kommenden fünfzehn, zwanzig Jahre. Mittlerweile war sie von Wien I., Esslingergasse 8 in die Helfersdorferstraße 13 3 übersiedelt, und von dort wiederum zog sie um 1890 in die Hahngasse 9 in den IX. Bezirk. 4 Zumindest muss angenommen werden, dass sie sich bereits seit langer Zeit mit den nördlichen Sprachen und deren Literatur intensiv beschäftigt, einige Reisen angetreten und Kontakte mit heimischen Schriftstellern, Journalisten und Herausgebern unterhalten hatte: Ab diesen Zeitpunkt machte sie sich nämlich einen Namen (tatsächlich im Pseudonym Erich Holm) als Übersetzerin zuerst englischer, schließlich skandinavischer Literatur. Wie das "Lexikon deutscher Frauen der Feder" aus dem Jahr 1898 berichtet, war sie darüber hinaus "mehrere Jahre für das ‚Magazin für die Literatur des In- und Auslandes', ferner für die ‚Gegenwart', ‚Neue Revue', ‚Nation' u.a. tätig", wobei sie "auch den literarischen Essay [kultivierte]" 5.
Seit 1885 ist die Bekanntschaft mit dem dänischen Literaturhistoriker Georg Brandes bezeugt, die sich über die folgenden Jahrzehnte vertiefen sollte und zu deutschsprachigen Übersetzungen vieler seiner Artikel, Essays und Bücher führte - unter anderem für die Wiener Tageszeitung "Neue Freie Presse", für die auch August Strindbergs zweite Frau Frida Uhl als Journalistin tätig war. Wie auch immer der Kontakt zu dem Schriftsteller zustande gekommen sein mag - durch Kontakte mit skandinavischen Schriftstellern oder durch die Bekanntschaft mit Frida Uhl -, jedenfalls wurde Mathilde Prager ab den 1890er Jahren mit den deutschsprachigen Übersetzungen der Werke Strindbergs betraut, womit auch ein Briefwechsel mit jenem einher ging. 6 Daneben stand sie mit dem norwegischen Schriftsteller Knut Hamsun 7, dem jüdischen Journalisten und Autor Karl Emil Franzos, dem Literaturkritiker und -historiker Moritz Necker (wie Briefwechsel beweisen) und natürlich Georg Brandes in Kontakt. Übersetzungen von Jonas Lie, Werner von Heidenstam und Clara Tschudi lassen gegebenenfalls auch auf eine Bekanntschaft mit diesen Autoren schließen.
Der Tod des Mannes Moritz Josef Prager fiel ebenfalls in den Beginn der 90er Jahre. Das "Lexikon deutscher Frauen der Feder" sieht Mathilde Prager 1898 als "seit einigen Jahre Witwe", und einen Brief an Franzos unterzeichnete sie im November 1895 erstmals als "Profwitwe". Um auch gleich bei der Familie zu bleiben: Ein Glückwunschschreiben vom 30. Jänner 1903 ist insofern interessant, da dieses vom "Schwesternpaar Mathilde Prager und Luise Lucca" unterzeichnet wurde. Die Schwester scheint ansonsten weder in eingesehenen Dokumenten und Korrespondenzen noch in Adressverzeichnissen auf.
Ein Brief an Mina Hoegel, der Präsidentin des "Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen" in Wien zeigt, dass Mathilde Prager 1899 darin noch Mitarbeiterin war. Auch in den folgenden Jahren erhielt sie Aufträge von und Beziehungen zu Zeitung und Feuilleton, wie die Korrespondenz mit Auguste Fickert, ab 1902 Herausgeberin des "Neuen Frauenlebens", zeigt, für das Prager nach Absage der Leitung zumindest von 1906 bis 1916 zeitweise schrieb. Es können ihr somit liberale, emanzipatorische und sozialdemokratische Tendenzen angefangen von frühen Artikeln bis über den letzen Brief (1909) hinaus bescheinigt werden.
Wie die Schriftstellerin und Übersetzerin den Lebensabend verbrachte, kann mittels der vorliegenden Materialien schwer gesagt werden. Die Ausgaben autorisierter Übersetzungen reichen jedenfalls bis in das Sterbejahr 1921 hinein. 1910 übersiedelte sie erneut, und zwar von der Hahngasse in die Porzellangasse 32. 1915 findet sich in "Kürschners Deutscher Literatur-Kalender" mit dieser Adresse der letzte Eintrag. 8 Das Sterbedatum Mathilde Pragers schwankt in der Sekundärliteratur zwischen 1. und 7. Februar 1921. Auf dem Wiener Zentralfriedhof befand sich das Grab einer 1921 verstorbenen Mathilde Prager (Gruppe 12c, Reihe 7, Grab 31). Falls es sich dabei tatsächlich um die letzte und bereits aufgelöste Ruhestätte der Autorin handelte, so wären zwei Punkte anzumerken: Mathilde Prager verstarb 77jährig und nicht wie im Grabstellenverzeichnis der Israelitischen Kultusgemeinde angemerkt 66jährig; und da die Beisetzung mit dem 4. Februar angegeben wird, würde sich der Todestag mit dem 1. Februar 1921 bestätigen.
Es kann angenommen werden, dass Mathilde Prager neben dem Deutschen zumindest der englischen, dänischen, norwegischen und schwedischen Sprache mächtig war, herkunftsbedingt vermutlich sogar der tschechischen. Ob und inwieweit sie außer als Übersetzerin und Schriftstellerin noch als Schauspielerin 9 tätig war, lässt sich heute nur mehr schwer bestimmen.
2) Elsa/Else Kojeteiner/Kotányi/Jerusalem/Widakowich
Am 25. Jänner 1911 ließ sich "Elsa Jerusalem geb. Kotanyi, Private" in der evangelischen Pfarrkanzlei Währing auf Grund der Austrittserklärung vom Magistratischen Bezirksamt XVIII vom 1. Jänner 1911 und des Geburtsscheines der israelitischen Cultusgemeinde Wien I vom 30. Mai 1881 bzw. des Trauscheines vom 30. Juli 1901 taufen. Die Taufmatrik in der Dorotheergasse gibt das Geburtsdatum mit 23. November 1876, als den Ort der Geburt "Wien XIX. OberDöbling Herreng 27" und als momentane Wohnadresse die Hasenauerstraße 43 im XVIII. Wiener Gemeindebezirk an. Als Eltern sind Max Kotanyi, Kaufmann, und Henriette, geborene Deutsch, angeführt, beide israelitischen Glaubens. Als Pate steht der Schriftsteller Dr. Franz Servaes, wohnhaft in Weidlingau, Laudonstraße 26. Die Pfarrkanzlei Währing führt noch den Zusatz "ger. gesch.".
Im Geburtenbuch der Israelitischen Kultusgemeinde ist bei Elsa Kotanyi folgender Eintrag zu finden: "Der Zuname dieses Kindes und seines Vaters lautet richtig Kotányi" - nach Erlass der niederösterreichischen k.k. Statthalterei vom 10. März 1900. Das könnte auf eine Änderung des Familiennamens um die Jahrhundertwende schließen lassen und würde der Aussage, nach der Elsa Jerusalem eine geborene Kotanyi sei, widersprechen. Falls jedoch der Namenswechsel vor der Geburt 1876 erfolgte, würde der Vermerk von 1900 als Korrektur für eine irrtümliche Veränderung des Namens Kotányi stehen. Durch den Vermerk wird auch bestätigt, dass Elsa Kotanyi am 23. Jänner 1911 aus dem Judentum ausgetreten sei. Der Vater Max Kotanyi wird als Kaufmann aus dem ungarischen Szegedin angeführt.
Die Sekundärliteratur ist sich über den Werde- und Bildungsgang Elsa Kotányis weitgehend einig: Aus einer gutbürgerlichen Familie stammend "absolvirte [sie] die Bürgerschule und Fortbildungscurse" 10 und meldete sich "nach eigenen Angaben" 11 mit 16 Jahren als außerordentliche Hörerin für Philosophie und Deutsche Literatur an der Universität Wien an - gerade um das Jahr 1897, in dem das philosophische Institut als erstes überhaupt in Österreich ordentliche Hörerinnen zuließ, und es ist zumindest anzunehmen, dass sie mit Elise Richter in gleichen Vorträgen saß. Nach vier Jahren Studium war sie fortan als Vortragskünstlerin und Schriftstellerin tätig und sorgte bald mit emanzipatorischen Werken für einige Aufmerksamkeit. Bereits mit 22 Jahren veröffentlichte sie im November 1899 die brisante, sich mit Prostitution beschäftigende Novellensammlung "Venus am Kreuz", 1902 die "Komödie der Sinne" (3. Auflage 1905). "Unter ihren Vorträgen erregte der auch als Broschüre erschienene ‚Gebt uns Wahrheit', ein Beitrag zu unserer Erziehung zur Ehe (1902, neue Ausgabe 1903) ganz besondere Aufmerksamkeit, weil sie darin alle Verirrungen und Verzerrungen der Frauenemanzipation zu erklären versucht." 12
Im Jahr 1901 heiratete sie den Fabrikanten oder Psychologen 13 Alfred Jerusalem in Wien und nahm den Namen an, den sie wohl aus Gründen der Bekanntheit auch nach der Scheidung beibehielt und mit dem sie in der Fachliteratur bis heute verzeichnet ist (sowie mit dem Vornamen Else) - der Gatte hingegen legte sich nach der Trennung den Namen Alfred Jansen zu. 14 Aus der Ehe gingen eine Tochter und ein Sohn hervor, die nach der Scheidung beim Vater blieben 15; eine Internetseite, die sich mit Stammbäumen der Jerusalems beschäftigt, gibt über die Familie an: "Alfred Jerusalem/*12.03.1874 Drenice Haus 81/+23.04.1945 Florida USA/Else Kotanyi/*23.11.1877 Wien/+ABT 1942/oo 29.07.1901 Vienna/children: Edith and Fritz Albert" 16. Edith wurde dieser Quelle nach 1902 in Wien geboren, heiratete, nahm den Namen Stein an und starb am 13. September 1987 in Wien. 1938 soll sie wie die Mutter ebenfalls nach Argentinien emigriert sein. 17 Fritz Albert, am 26. 12. 1903 in Prag geboren, heiratete 1930 in Wien und starb am 11. April 1955 auf Sarawak in Malaysia. Details kann erneut Eva Borst anführen: "Der Sohn Jerusalems war der Arzt und Publizist Fritz Jensen. Er war u.a. als Auslandskorrespondent für die ‚Volksstimme' und ‚Neues Deutschland' tätig." 18
Nach der gescheiterten Ehe ging Else Jerusalem um 1910 ein zweites Bündnis mit dem "Dozenten Dr. Victor Widakowich, Professor an der Universität zu Buenos Aires" 19, ein. Ein Jahr zuvor war im S. Fischer Verlag der Roman "Der heilige Skarabäus" erschienen, der zu ihrem bedeutendsten und erfolgreichsten Werk wurde: Die komplexe, beinahe 700 Seiten lange Geschichte der in einem Bordell geborenen Milada verkaufte sich insgesamt 40.000 Mal, davon allein die Hälfte im ersten Jahr nach der Erscheinung; 1911 erfolgte bereits die 22., 1926 die 40. Auflage. 1932 erschien das Buch in den USA unter dem Titel "The Red House", 1933 kam es in Deutschland auf die "Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums". 20 Der Amsel Verlags legte 1954 eine Neuauflage in überarbeiteter und gekürzter Fassung vor.
Das Buch hatte eine ungehörige Wirkung auf die zeitgenössischen Leserinnen und vor allem Leser. 21 Inwieweit es nun gehässige Reaktionen auf das Buch waren, die sie zu der folgenden Auswanderung trieben, oder ob es an Victor Widakowichs Lehrbeauftragung lag, lässt sich heute schwerlich bestimmen. 22 Nahezu alle Lexika setzen die Emigration Jerusalems nach Argentinien erst um 1929 an - tatsächlich dürft sie bereits fast zwanzig Jahre zuvor erfolgt sein. Kürschners Literatur-Kalender verzeichnet sie 1910 als in Wien VI., Gumpendorferstraße 92 wohnhaft, 1911 in IX., Thurngasse 159 (wobei in der Taufmatrik des selben Jahrs XVIII., Hasenauerstraße 43 angegeben wurde) und in den Jahren von 1912 bis 1914 als "zur Zeit in Südamerika"; ab 1915 steht nur mehr "Widakowich, Buenos Aires" 23. Mit der 1903 in Herman Clemens Kosels Schriftsteller-Lexikons angeführten Adresse IX., Eisengasse 28 sind uns allein vier verschiedene Aufenthaltsorte Else Jerusalems in Wien bekannt, man beachte dazu noch die Geburt des Sohnes im selben Jahr in Prag.
Der Zeitpunkt des Übertritts zum evangelischen Glauben fällt vermutlich in das Jahr der Emigration. Ein zweites Mal geehelicht war sie laut Sekundärliteratur bereits das Jahr zuvor geworden - eine Annahme, die mit Vorsicht zu genießen ist, da im Jahr 1911 diesbezüglich nichts in den Matriken vermerkt wurde. Vielmehr wäre anzunehmen, dass die Eheschließung 1911 erfolgte, und zwar nach der Konversion.
Noch 1910 war Else Jerusalmes "Die Angst der Geschlechter" veröffentlicht worden. "[B]ei zwei nachgewiesenen Europaaufenthalten hielt sie Vorträge und versuchte, einen Verleger für neue Texte zu finden." 24 Das erst 1928/29 entstandene nächste bekannte Werk, das Drama "Steinigung in Sakya. Ein Schauspiel in drei Akten", wurde in Erfurt aufgeführt. 1939 erschienen die theologisch-philosophischen Gedanken "Die Dreieinigkeit der menschlichen Grundkräfte". Ab 1941 verlieren sich die Spuren Else Jerusalems in Argentinien, das Sterbedatum ist nicht bekannt.
Von einer Interpretation zu Else Jerusalems Werk will ich an dieser Stelle absehen - hier sei nur auf die bereits erwähnten Arbeiten von Eva Borst und Julia Neissl sowie auf Brigitte Spreitzers "Texturen" verwiesen. Ab den 80er Jahren hat sich die Forschung wieder an Else Jerusalem als eine der Protagonistinnen in der bürgerlichen Frauenbewegung um 1900 erinnert, eine umfassende Darstellung ist jedoch bis heute ausgeblieben. Dass sie auch Kontakte zu zeitgenössischen Schriftstellern hatte, beweist allein die Tatsache, dass Franz Servaes als Taufpate zur Seite stand.
Trotz der Namensänderung von Kojeteiner in Kotányi scheint eine Bekanntschaft mit dem bekannten Gewürzhersteller übrigens durchwegs möglich: Schließlich wurde der Gründer der Firma Janos Kotányi 1858 wie der Vater Else Jerusalems im ungarischen Szeged geboren, wo er auch seine erste Paprikamühle gründete.
3) Edith Kohn/Konti/Korty/Korti/Stern
Wenn man allein von der Eintragung ins Taufregister ausgeht, um daraufhin Archive und Bibliotheken nach einem bestimmten Namen abzusuchen, besteht die Gefahr, dass man trotz etlichen Aufwands keinerlei weiteren Rückschlüsse auf die amtliche Präsenz jener Person bekommt. So in diesem Fall bei Edith Stern, deren Aufscheinen in den Taufbüchern der evangelischen Pfarrkanzlei und den Geburtenbüchern der Israelitischen Kultusgemeinde für mich die einzigen Textzeugen geblieben sind. Also die Taufmatrik:
Am 11. Juni 1910 wurde Edith Stern, am 1. Februar 1880 in der Hörlgasse 14 geborene Korty, von dem Pfarrer Paul von Zimmermann in der Stadtkirche getauft. Sie war ehemals israelitischen Glaubens und ist als ehelich eingetragen. Als Eltern scheinen "Hermann Korti (Korty), Privat, Szeniz" und "Jenny Regine geb Kanitz" auf, als Pate steht der Küster Gust[av] Ad[olf] König. Beigefügt wurden der Geburtsschein und der Trauschein der Kultusgemeinde. Mit Bleistift vermerkt wurde außerdem, dass, aus was für einem Grund auch immer, ein Taufschein am 28. Juli 1935 beantragt wurde. In einem Nachtrag steht noch vermerkt, dass Edith Stern Schriftstellerin und in Wien I., Opernring 9 wohnhaft sei.
Das Geburtenbuch der Kultusgmeinde bringt letzte konkrete Informationen: "Dem Kindesvater sohin auch diesem Kinde wurde [...] die Änderung d Zunamens Kohn in Konti bewilligt." Und danach: "Der Familienname lautet richtig Korti, nicht Konti." Dies alles in insgesamt drei Erlässen der k.k. Statthalterei und des ungarischen Innenministeriums aus dem Jahr 1896. 25
Die Familie Kohn kam demnach noch vor der Geburt der Tochter von Ungarn nach Wien. Die Taufe erfolgte 1910 nicht augrund einer Heirat, denn jüdisch verheiratet war sie bereits mit einem nicht näher bestimmbaren Stern. Die Tatsache, dass eine Taufurkunde 1935 angefordert wurde, kann ohne weiteren Materialen nur zu Spekulationen Anlass geben.
Die für 1910 angeführte Wohnadresse am Opernring dürfte die der (wohlhabenden) Familie gewesen sein - mit der richtigen Hausnummer 19. So führt zumindest das Adressenverzeichnis Lehmann desselben Jahres an: "Hermann Korty, Bankier, I. Opernring 19" bzw. "Siegfried Hermann Korty, I.Opernring 19, Ges. d. Gebüder Kohn ? ". Unter diesem Verweis entdeckt man ein "Bank-und-Börse-Gesch., IX. Wasagasse 8, Tel.Adr: Kohnbank." 26 1913 wird der Vater als Bankier, Präsident der steirischen Baugesellschaft und Verwaltungsrat der Radragar Eisenindustriegesellschaft geführt. Die Wohnadresse in diesem Jahr lautet allerdings IV., Favoritenstraße 6. 27
Da nun nicht die Hausnummer des Ehemanns sondern nur die Adressen der Familie bekannt sind, fällt es sehr schwer, nähere Anhaltspunkte zu finden. Der Name Stern war schließlich ziemlich geläufig, und ohne weitere Kenntnis als den blanken Nachnamen verlief jede weitere Suche im Leeren. Bei Lehmann ist in den 1910er Jahren kein Eintrag unter Edith Stern zu finden, ebensowenig scheint der Familien- bzw. Trauungsnamen im Universitätsarchiv auf. Dass sie als Schriftstellerin tätig gewesen war, lässt sich durch keinerlei Einträge in Fachlexika bestätigen.
Der Vollständigkeit halber sei hier ein Auszug aus einer von der Historikerkommission herausgegebenen Studie von Peter Melchiar angeführt: "Ein Schreiben des WGCV [Tochtergesellschaft der CA] führt zum Bankhaus Hermann Korti & Co. (Wien 1, Hoher Markt 1) aus: ,Der Inhaber der Bankfirma hat uns die schriftliche Anzeige an das Ministerium für Finanzen von der Zurücklegung seiner Bankkonzession übergeben, die wir dem genannten Ministerium überreichen werden, worauf die Liquidation der Firma erfolgen wird, die als Bankgeschäft wirtschaftlich bedeutungslos ist und seit Jahren keine Tätigkeit entfaltet hat.' [...] Die Bank wurde am 13. Dezember 1938 im Handelsregister gelöscht." 28
III) Eine Art Gegenüberstellung
Eine Person ohne Namen kann es genauso wenig geben wie eine Person ohne Adresse. Nicht im Verwaltungssystem des 19. Jahrhunderts, diesem bürokratischen Urgestein und Schreckgespenst aller Bittsteller. Der bürgerliche Mensch muss ansprechbar und erreichbar sein und passt schließlich mittels der dritten Variable des Berufs in jene Ordnung, welche die moderne Gesellschaft ist; in der Zeit, die hier behandelt wird, gab es noch einen vierten und letzten entscheidenden Punkt, der zu berücksichtigen wäre, nämlich den der Religionszugehörigkeit. 29 Im vorigen Kapitel waren die einzelnen Lebensläufe um diese vier Punkte (also: Name, Adresse, Beruf und Religion) gespannt, weil Register und Dokumente für Einträge dieser Art geschaffen wurden und der Interpret dieser Quellen keinen Weg fand, sie zu umgehen. Er kann aber einen Vergleich anstreben. Er kann aus den Übergängen in den Biografien und den Fehlern der Behörden Rückschlüsse ziehen. Allein auf diesen drei Fällen basierend sollen in einer Gegenüberstellung die Ursachen und Gemeinsamkeiten herausgestrichen werden.
Wie so viele andere Familien auch, kamen jene der behandelten Konvertitinnen aus den Kronländern in die Reichshauptstadt; Mathilde Prager wurde 1844 sogar noch in Böhmen geboren. Welche Gründe auch immer zu der Übersiedlung nach Wien führten, es gelang diesen Familien, hier die gefestigte Existenz weiterzuführen: Samuel Benedikt Lucka war bekannter Arzt, Max Kotányi konnte seine Tochter vier Jahre lang auf die Universität schicken und Hermann Korty war Bankier mit komfortabler Wohnadresse.
Zwei der Familien sahen eine Notwendigkeit darin, ihre Nachnamen zu ändern, wobei man die Anträge auf Namensänderung studieren müsste, um Aufschluss über die Gründe zu bekommen - etwa ob die Namen zu jüdisch klangen, zu häufig vorkamen oder ob sie für das österreichische Ohr (oder die Feder) zu kompliziert waren. Dabei oder dennoch schlichen sich zahlreiche Fehler in die Dokumente ein: Hermann Korty musste nachdrücklich darauf verweisen, dass er nicht Konti hieß, und wurde im Vermerk als Korti angeführt. Der Name Lucca/Lucka ist in zwei Schreibweisen vorzufinden, und es ist möglich, dass auch Max Kotányi die Behörden bezüglich einer irrtümlichen Namensänderung kontaktieren musste. Allein die Komplikationen in diesen paar Fällen lassen erkennen, dass Abweichungen in der Namensschreibung eher die Regel waren als die Ausnahme, und wie leicht Personen vor allem mit jüdischen Namen (un)willkürlichen Fehlern ausgesetzt waren. Man kann sich die Menge an Akten vorstellen, die dadurch entstanden.
Was die Töchter betrifft, so nahmen sie je nach Anzahl der Gatten bzw. Verwendung von Pseudonymen im Laufe ihres Lebens noch einige Namen mehr an, was unter Umständen zu großen Problemen bei der Recherche führen kann. Mathilde Lucka wurde zur Prager, Edith Korty zur Stern und Else Kotányi zur Jerusalem und Widakowich, wobei sie den ersten Gattennamen beibehielt. Auf die Frage, inwieweit jüdische Moralvorstellungen für die drei Ehen verantwortlich waren, will ich mich hier nicht einlassen. Auch in nicht-jüdischen Familien war die Heirat wenn schon nicht verpflichtend so doch gesellschaftlich notwendig.
Gerade unter Schriftstellerinnen war es üblich, Arbeiten unter einem Pseudonym zu publizieren. So nahm Mathilde Lucka, jetzt Prager, den (skandinavisch klingenden) Namen Erich Holm an und verfasste beinahe alle Werke darunter. So kann auch nicht gesagt werden, ob Edith Stern tatsächlich Schriftstellerin war und nur deshalb nicht aufgefunden werden kann, weil sie unter einem Künstlernamen veröffentlichte.
Wenigstens bei Mathilde Prager dürfte der Übertritt zum evangelischen Glauben mit der Heirat zu tun gehabt haben, was im Allgemeinen auch der Hauptgrund für die Konversion jüdischer Frauen war. Schließlich war nicht nur Moritz Josef Sigismund Prager römisch-katholischer Konfession, sondern wurde auch die Konversion nach nur drei Monaten wieder zurückgenommen. Im Falle Else Jerusalems könnte der gleiche Anlass der Grund gewesen sein, falls die Sekundärliteratur irrt und der Bund mit Victor Widakowich ein Jahr später (1911) und zwar nach der Taufe eingegangen wurde. Diese stand darüber hinaus wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Emigration nach Südamerika. Bei Edith Stern lassen sich höchstens Vermutungen anstellen. Es kann aber zumindest bei ihr angenommen werden, dass der Übertritt mit einem Konflikt innerhalb der Familie einherging.
Auffällig ist der häufige Wechsel des Hauptwohnsitzes, was im Allgemeinen für eine höhere Mobilität im 19. Jahrhundert spricht. Einmal davon abgesehen, dass in allen drei Fällen ein Zuzug der Familie aus den Nachbarländern voranging, sind im Falle Mathilde Pragers und Else Jerusalems im Laufe der Jahre mehrere verschiedene Wohnsitze in Wien bezeugt: Beide kommen in der Hauptstadt auf vier Adressen. Für Else Jerusalem lassen sich jene zur Zeit der Geburt in der Herrengasse, 1910 jene in der Gumpendorferstraße und ein Jahr darauf jene zwei in der Hasenauerstraße und der Thurngasse feststellen. Falls die Taufe vor der Heirat erfolgte, kann angenommen werden, dass der letzte Wohnsitz in Wien auch der des Ehemannes war. Darüber hinaus bekam sie 1903 ihren Sohn Fritz Albert in Prag, um 1911 erfolgte vermutlich die Emigration nach Buenos Aires. Was Mathilde Prager betrifft, so können ebenfalls mindestens drei Umzüge ausgemacht werden (Esslingergasse - Helfersdorferstraße - Hahngasse - Porzellangasse), wobei sechs Jahre vor ihrem Tod der letzte Eintrag im Adressbuch zu finden ist. Edith Sterns Wohnung war zur Zeit der Taufe vermutlich diejenige der Eltern am Opernring, nachdem sie nach der Geburt in der Hörlgasse gemeldet worden war. Danach verschwinden alle Spuren. Es wäre auch möglich und nicht unüblich, dass sie bald die Stadt verließ und etwa nach Deutschland zog, dem Reiseziel vieler jüdischer Familien aus dem Osten, die sich nur eine Generation lang in Wien aufhielten (siehe Else Jerusalem). Man weiß es aber nicht. Nur von ihren Eltern ist bekannt, dass sie später in die Favoritenstraße im IV. Bezirk zogen.
Edith Stern behauptete, dass sie Schriftstellerin sei. Das kann stimmen oder nicht, von Quantität und Qualität der Arbeit ist nichts überliefert. Auf den unerbittlichsten Widerstand als Autorin stieß bestimmt Else Jerusalem, eine Person, die sich gleichzeitig durchzusetzen verstanden haben dürfte. Nicht nur, dass sie in den Jahren um 1900 als außerordentliche Hörerin die Universität besuchte (wie gesagt, höchstwahrscheinlich mit Elise Richter) oder gerichtlich geschieden zwei Kinder in Österreich zurückließ - angefangen von ihren Vorträgen bis hin zu ihren brisanten Werken eckte sie gehörig an den (männlichen) Moralvorstellungen an. Sie beschäftigte sich intensiv mit der Rolle der Frau und der Prostitution und stieß damit auf heftige Reaktionen. Nicht so heftig wie bei Else Jerusalem, aber ebenso deutlich, war Mathilde Pragers Werk von liberalen und emanzipatorischen Zügen durchsetzt. So schrieb sie etwa für das "allen kämpfenden Frauen" gewidmete "Neue Frauenleben" und den "Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen Wien". Der letzte erhaltene Brief aus dem Jahr 1909 unterstreicht ihre Anschauungen und Befürchtungen:
"Unwissend bin ich in in [sic! bei Seitenwechsel] diesen Fragen, habe im Grunde nur wenig darüber nachgedacht, und hege ich auch im Allgemeinen den Wunsch, vielleicht sogar ein leises Hoffen, dass die Frauen aus dem Sumpf, in dem sie stecken, hervorkommen, so gebricht es mir doch zu sehr an aller Gewandtheit, um aus diesem vagen, magern Inhalt etwas machen zu können." 30
Bereits 1903 hatte sie (ebenfalls an Auguste Fickert) geschrieben:
"Mit Bewunderung habe ich in dem gleichen Hefte Ihren Artikel "Socialdemocratie und Frauenbewegung" gelesen, der die vielumstrittene Frage mit so scharfem Urteil und so großer Klarheit erörtert, so sicher die Scheidelinie zwischen den beiden Hauptbewegungen unserer Zeit zieht. Ihre schönen Worte über den Wert von Parteien werden zudem so Manchen davon abbringen, sich als Wilder zu verlaufen [...]." 31
Mathilde Prager, Else Jerusalem und Edith Stern hatten alle ihren eigenen Lebenslauf. Was sie aber miteinander verband, war neben dem Geschlecht, der Berufsbezeichnung und der Konversion natürlich die Zeit und die damit verbundenen Gebräuche und Hürden. Es sollte hier keine Angleichung vorgenommen werden, vielleicht sollten vielmehr Bedingungen herausgestrichen werden, die einen Vergleich dieser Art zulässig machen. Wenn dies nicht die Intention der Arbeit war, so hat sie mich dahin geführt.
IV) Nachwort
Die verarbeiteten Informationen bezog ich aus der evangelischen Pfarrkanzlei (wobei ich auch der gleich nebenan gelegenen helvetischen irrtümlich einen langen Besuch abstattete), der Wiener Stadtbibliothek nebst Handschriftensammlung, der Israelitischen Kultusgemeinde, dem Universitätsarchiv und einigen Universitätsbibliotheken. Dass ich das Wiener Stadt- und Landesarchiv nicht aufgesucht habe, hat zweierlei Gründe: Zum einen fehlte mir die dazu gehörige Zeit, für jene drei Personen nach weiteren Materialien zu suchen und eventuell auch auszuwerten. Zum anderen ging damit einher die Befürchtung, dass, wenn ich tatsächlich einige Unterlagen finden würde, diese die gesamte Arbeit sprengen würden. Schon so allein erwies sich die Gegenüberstellung der drei Schriftstellerinnen als nicht unproblematisch. Für eine detailliertere und auf eine Person konzentrierende Arbeit wären intensivere Nachforschungen in allen möglichen Institutionen freilich unerlässlich.
Da ich bei jeder Schreibung der Namen nicht alle bekannten Nachnamen aufführen wollte, habe ich mich für jene entschieden, die in der Fachliteratur am meisten verwendet werden bzw. im dritten Falle habe ich mich für den Namen Stern entschieden. Ich habe keine Sekundärliteratur verwendet, die sich mit jüdischen Konvertiten, der Position der Frauen bzw. Schriftstellerinnen um 1900 und ähnlichen Thematiken beschäftigen. Genauso wenig habe ich mich auf theoretische Literatur eingelassen, die sich mit der Konstruktion von Personen in der Gesellschaft beschäftigen. Ich wollte, auf mich alleine gestellt, das verwerten, was ich den Materialien entnehmen konnte. Für die Transkription jener im Anhang befindlichen Briefe Mathilde Pragers bin ich verantwortlich. Der Vollständigkeit halber sind noch vier Briefe August Strindbergs an Mathilde Prager beigefügt, die aus dem Internet kopiert wurden. Fotografien von den drei Damen waren übrigens nicht aufzufinden.
V) Literatur und Quellen
Eva Borst: Über jede Scham erhaben - Das Problem der Prostitution im literarischen Werk von Else Jerusalem, Margarete Böhme und Ilse Frapan unter besonderer Berücksichtigung der Sittlichkeits- und Sexualreformbewegung der Jahrhundertwende, Frankfurt am Main 1993.
Kleines österreichisches Literaturlexikon, hrsg. v. Hans Giebisch et al., Wien 1948.
Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, hrsg. v. Clemens Kosel, 1. Bd., Wien 1902.
Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1887, hrsg. v. Joseph Kürschner, 9. Jg., Stuttgart 1887.
Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1890, hrsg. v. Joseph Kürschner, 12. Jg., Stuttgart 1890.
Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1915, hrsg. v. Heinrich Klenz, 37. Jg., Leipzig 1915.
Adolph Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, Wien 1910.
Adolph Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, Wien 1913.
Julia Neissl: Tabu im Diskurs - Sexualität in der Literatur österreichischer Autorinnen, Innsbruck 2001.
Lexikon deutscher Frauen der Feder, hrsg. v. Sophie Pataky, 2. Bd., Berlin 1898.
Brigitte Spreitzer: Texturen - Die österreichische Moderne der Frauen, Wien 1999.
Salomon Wininger: Große Jüdische National-Biographie, 3. Bd, Czernowitz 1928.
Rudolf M. Wlaschek: Biographia judaica Bohemiae, 1. Bd., Dortmund 1995.
Ungedruckt:
Taufbücher der evangelischen Stadtpfarre AB, Wien.
Trauungsregister der evangelischen Stadtpfarre AB, Wien.
Taufbuch der evangelischen Pfarre AB Währing.
Geburtenbücher der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.
Proselytenprotokolle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.
Peter Melichar: Neuordnung im Bankwesen. Die NS-Maßnahmen und die Problematik der Restitution, Wien 2002 - ungedruckte Quelle: http://www.historikerkommission.gv.at/pdf/INTBANKEN.pdf (12.10.2004).
http://home.arcor.de/in4matix/jerusalem/tree.htm (12.10.2004).
http://home.swipnet.se/webjoy/register.html (12.10.2004).
http://sites.inka.de/sahl/hamsun/kuriositeter_d.htm (12.10.2004).
VI) Anhang
1) Erhaltene Werke
von Mathilde Prager:
August Strindberg: Gläubiger. Tragikomödie in einem Aufzug. Deutsch von Erich Holm. Leipzig, o. J.
Clara Tschudi: Eugenie, Kaiserin der Franzosen. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Leipzig, o. J.
Jonas Lie: Ein Mahlstrom. Deutsch von Erich Holm. Leipzig 1888.
August Strindberg: Leute auf Hemsö. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Leipzig 1890.
Werner von Heidenstam: Endymion. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Leipzig 1892.
August Strindberg: Die Schlüssel des Himmelreichs oder Sanct Peters Wanderung auf Erden. Märchenspiel in 5 Akten. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Berlin 1893.
August Strindberg: Der romantische Küster auf Rånö. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Breslau 1895.
August Strindberg: Neue Novellen. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Breslau 1898.
Erich Holm: Henrik Ibsens polisches Vermächtnis. Studien zu den vier letzten Dramen des Dichters. Wien 1906 und Leipzig 1910.
Georg Brandes: Miniaturen. Übertragen von Erich Holm. Berlin 1919.
August Strindberg: Schärenleute. Autorisierte Übersetzung von Erich Holm. Leipzig 1921.
Georg Brandes: Goethe. Übersetzt von Erich Holm und Emilie Stein. Berlin 1922.
In "Neues Frauenleben":
Alte oder neue Eheideale? (19. Jg., Nr. 3, 1917).
Camilla Collett : zu ihrem hundertsten Geburtstage (15. Jg., Nr. 2, 1913).
Henrik Ibsen (18. Jg., Nr. 6, 1906).
Henrik Ibsens Stellung zur Frauen- und Ehefrage : Studie zu den "nachgelassenen Schriften" des Dichters. Teil 1 (24. Jg., Nr. 9, 1912).
Henrik Ibsens Stellung zur Frauen- und Ehefrage : Studie zu den "nachgelassenen Schriften" des Dichters. Schluß (24. Jg., Nr. 10, 1912).
Wandlungen (22. Jg., Nr. 1, 1910).
Wirtschaftlicher Kampf und Bildung (18. Jg., Nr. 4, 1916).
von Else Jerusalem:
Venus am Kreuz. Novellen, Leipzig 1899.
Gebt uns die Wahrheit! Ein Beitrag unserer Erziehung zur Ehe. Broschüre, Leipzig 1902.
Die Komödie der Sinne. Novellen, Leipzig 1902.
Der heilige Skarbäus. Roman, Berlin 1909 (Neuauflage Berlin 1954).
Die Angst der Geschlechter. 1910 (nur das Erscheinungsjahr bekannt).
Steinigung in Sakya. Ein Schauspiel in 3 Akten, Berlin 1928.
Die Dreieinigkeit der menschlichen Grundkräfte. Essay, Zürich 1939.
Das Abenteuer einer Jüdin. Novellen, Buenos Aires 1941 (Privatdruck).
2) Erhaltene Briefe von und an Mathilde Prager
Aus der Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek:
Mathilde Prager an Karl Emil Franzos 32
(I.N.62921)
Hochgeehrter Herr Doctor!
Im Auftrage von G. Brandes beeile ich mich Euer Hochwohlgeboren mitzutheilen, daß er mir bereits den dänischen Text der gewünschten Shakespeare-Sudie gesendet hat. Ich gehe sofort an deren Uebertragung und werde mich demnächst beehren, sie Ihnen zur Verfügung zu stellen. Herr Dr. Brandes hätte gerne selbst geantwortet, allein mit Arbeiten überhäuft und unmittelbar vor der Abreise nach England stehend, sieht er sich außer Stande, seine enorme, täglich wachsende Correspondenz momentan zu bewältigen.
Mit angelegentlichster Empfehlung und dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung zeichne ich
Euer Hochwohlgeboren
ergebenste
Mathilde Prager / Erich Holm /
Wien den 18/9 95
IX Hahngasse 9.
(I.N.62922)
Euer Hochwohlgeboren!
Ihrer werthen, gestern erhaltenen Karte zufolge, beeile ich mich wenigstens einen größeren Theil - ung. 2 Drittel des Aufsatzes - zu übersenden. Der Rest folgt anfangs, längsten Mitte der nächsten Woche. Euer Hochwohlgeboren werden gewiß Ihre Freude an dem geistvollen, herrlichen Aufsatze haben, wie es mir eine besondere Genugthuung ist, daß sich mir eine so erlesene Gelegenheit bietet, mit Ihrem ausgezeichneten Blatte in Verbindung zu treten.
Indem ich mich der Hoffnung hingebe, dieselbe auch ferner pflegen zu dürfen, zeichne ich, mit angelegentlicher Empfehlung und dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren
ergebene
Mathilde Prager / Erich Holm
Wien den 31/10 95
IX Hahngasse 9.
(I.N.62923)
Hochgeehrter Herr Doctor!
Ich bin so frei Ihnen zu dem zweiten, vorige Woche übermittelten Abschnitte der Studie von Georg Brandes über "Antonius u. Cleopatra" einen kleinen Nachtrag, d.h. eine andere Version der darin vorkommenden Citate aus den Sonetten Shakespeares zu senden. Euer Hochwohlgeboren wünschten die Arbeit so rasch, daß ich, um eine längere Verzögerung der Absendung zu vermeiden, mich jener Uebertragung bedienen mußte, die mir am schnellsten zugänglich war (die von Gelbke in der Hildburgh. Ausg.). Es ist wohl nicht von großem Belang, doch wäre es mir, wofern es thunlich, ohne Euer Hochwohlgeboren zu viele Ungelegenheiten zu bereiten, lieb, wenn letztere durch die hier beifolgende ersetzt werden könnte.
Dürfte ich bei dieser Gelegenheit auch anfragen, ob Sie in Betreff des Honorars mit Georg Brandes vielleicht direct Rücksprache genommen haben? Wollen Sie entschuldigen, daß ich diese Frage berühre. Allein es ist mir eingefallen, daß dies möglicherweise doch nicht geschehen und Herr Dr. Brandes, wie schon wiederholt, sich darauf verläßt, daß ich in seinem Namen die Angelegenheit ordne. Ich möchte nicht, daß durch ein Versehen am Ende Complicationen erwachsen.
Mit der Bitte mir die genommene Freiheit, wie die nachträgliche Bemühung zu Gute zu halten, zeichne ich, Ihren werthen eventuellen Mittheilungen entgegenstehend, mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren
ergebene
Mathilde Prager
Wien den 12/11 95
IX Hahngasse 9.
(I.N.62924)
Geehrte Herren!
Gestatten Sie mir in Erwiderung Ihrer werthen gestrigen Zuschrift zu sagen, daß ich keinen Augenblick darüber in Zweifel war, eine Zeitschrift von dem hohen Range der "Deutschen Dichtung" würde ihre hervorragenden Mitarbeiter in durchaus entsprechender Weise honorieren. Wenn ich trotzdem die Honorarfrage berühre und heute nochmals so frei bin es zu thun, so wollen Sie dies dem Umstande zuschreiben, daß bei G. Brandes so viel eine nun mehrjährige Erfahrung mich lehrt, immer ein anderer Modus, als der von Ihnen erwähnte Modus platzgreift, er seine bestimmte Forderung stellt und zwar mindestens 100 M für je ein Feuilleton, was also hier den doppelten Betrag ergäbe.
Sie davon in Kenntniß zu setzen, halte ich, nach Ihrer Mitteilung, daß Sie keine Uebereinkunft mit Dr. Brandes getroffen haben, mich sowohl Ihnen, dem Herrn Leiter der Verlagsanstalt, wie dem Verfasser gegenüber für verpflichtet.
Handelt es sich doch auch um eine selten schöne Arbeit eines ersten, eines hochberühmten Fachmannes und wird demnach hier au fait zu sein, gewiß nur Ihrem eigenen Wunsche entsprechen.
In dieser Erwägung die Hoffnung aussprechend, daß sich die Angelegenheit zu beiderseitiger Befriedigung ordnen werde, habe ich die Ehre zu zeichnen
in vorzüglicher Hochachtung
Mathilde Prager Profwitwe
/ Erich Holm /
Wien den 16/11 95
IX Hahngasse 9.
Mathilde Prager an Mina Hoegel 33
(I.N.66146)
Hochgeehrte Frau Präsidentin!
Von Ihrer Absicht unterrichtet, die Mühe und Verantwortung der Leitung unseres Vereins nicht länger auf sich zu nehmen, komme ich mich den Vielen anzuschließen, welche in lebhaftem Bedauern dieses Ihres Entschlusses, mit der Bitte an Sie herantreten, von demselben abzustehen. Der Verein hat Ihrer Hingebung und Thatkraft eine so große Errungenschaft zu verdanken, daß wir nicht umhin können zu wünschen, Sie möchten diese großen Eigenschaften auch weiter in den Dienst desselben stellen, der Lösung der Aufgabe weihen, die ihm so dringend obliegen. Ist die Würde, die Sie bekleiden, gewiß auch eine schwere Bürde, so verbindet sich doch wieder mit ihr der hohe Vorzug, die vornehmste Förderin dessen zu sein, was uns zu gemeinsamen Sterben geeint, das seltene Glück, Leistungen vollführen zu können, die dem Heile vieler dienen! Wir Alle werden Sie mit Freude hirbei unterstützen, wie Ihren Dank wissen.
Indem ich von diesem Standpunkte aus hoffe, daß Sie unserem Wunsche willfahren und zu segenstreichem Walten an der Spitze unseres Vereins verbleiben werden, bitte ich den Ausdruck vorzüglicher Hochachtung entgegenzunehmen von
Ihrer
ergebenen
Mathilde Prager Profwitwe
/ Erich Holm /
Wien den April 1899
Mathilde Prager an Moritz Necker 34
(I.N.144.175)
Hochgeehrter Herr Doctor!
Eine große Freude wird es sicherlich Aug. Strindberg bereiten, Ihren geistvollen Essay über sein Mährchen-Drama zu erhalten und es von einer bekannten Autorität wie Sie so gewürdigt, so bewundert zu sehen. Ehen war ich im Begriff ihm den Artikel zuzuschicken, als Ihr wertes Schreiben kam, doch dessen Zusendung durch Euer Hochwohlgeboren selbst, wird ihn jedenfalls weit willkommener sein. Er dürfte ihn auch am ehesten mit der Veröffentlichung der Dichter aussöhnen, die, in Anbetracht des Spottes mit religiösen Dingen nicht mehr nach seinem Sinne war, wenngleich er einsah, daß mit der Unterdrückung meiner autorisierten Übersetzung zu Gunsten unautorisierter nichts gewonnen wäre. Ueber seinen Gesundheitszustand weiß ich eigentlich nichts genaueres. Es soll ihm besser gehen; doch muß ich sagen, dass selbst zu der Zeit, wo man ihn förmlich verloren gab und den Umschwung in seiner Gefühls- und Denkweise auf Geistesverwölkung zurück führte, sich seiner Schrift, die fest und gleichmäßig wie immer war, so wie seinem klaren, knappen, bestimmten Stil nichts von einer schweren Erkrankung anmerken ließ. Seine Adresse ist Stockholm, Banérgarten 31.
Was nun die Druckfehler und Irrthümer anlangt, die Sie, hochgeehrter Herr Doctor, mit Recht rügen, so haben mir dieselben von allem Anfange an viel Kummer und Sorge gemacht. Es ist eine lange Geschichte, mit der ich Euer Hochwohlgeboren nicht ermüden möchte, nur so viel, dass der Verleger, in Vertrauen auf das Bühnenmanuscript, das seinerzeit der Dichter ohne mein Wissen in Berlin hatte drucken lassen, mir die Abzüge nicht zur Correctur sendete, während ich andererseits darauf rechnete, die Fehler, die sich eingeschlichen hatten, bei Gelegenheit dieser Correctur zu beseitigen. Nur mit Kampf und pecuniären Eifer konnte ich es hinterher durchsehen, dass einige der am ärgsten von Irrthümern verunstalteten Druckbogen neugedruckt wurden. Der Rest blieb ungefeilt.
Mit angelegentlicher Empfehlung zeichnet
Euer Hochwohlgeboren
ergebenst
Mathilde Prager
Wien d. 16/3 1900.
(I.N.144.174)
Hochgeehrter Herr Doctor!
Verzeihen Sie die verspätete Beantwortung Ihrer werten Karte. Ein Todesfall im nahen Verwandtenkreise war die traurige Abhaltungsursache. Nun nur, dass ich mich Ihrem Wunsche fügte und August Strindberg statt Ihnen den Essay über seine Dichtung gesendet habe. Gegen meine Ueberzeugung jedoch, denn sei nun seine Gesinnung welche immer, die Anerkennung seitens Euer Hochwohlgeboren kann ihn nicht unempfindlich lassen, und eine doppelte Freude wäre es ihm gewesen, den Artikel von Ihnen, dem Verfasser selbst zu erhalten. Vielleicht entschließen Sie, hochgeehrter Herr Doctor, sich doch noch, ihm dieselbe zu bereiten.
In vorzüglicher Hochachtung
ergebenste
Mathilde Prager
Wien d. 21.3.
IX/I Hahng. 9.
Mathilde Prager an Auguste Fickert 35
(I.N.70942)
Hochgeehrtes Fräulein!
Es wäre uns ein Herzensbedürfnis gewesen, Ihnen bei dem ersten abgelaufenen Decenium des Bestandes Ihres großen, segensreichen Unternehmens unsere wärmsten Glückwünsche darzubringen, unsere Verehrung auszudrücken. Allein das schlimme Mädchen, die Leopoldine Kulka, hat sich wie ein Engel mit flammendem Schwert vor Ihre Thür gestellt und uns mit Ihrer Ungnade bedroht, falls wir uns beikommen ließen, Ihnen mit dergleichen zu nahen. Wir thun es denn auch beileibe nicht, wollen nur eben sagen, warum wir es nicht thun.
Und damit empfiehlt sich schleunigst und ergebenst
das Schwesternpaar
Mathilde Prager
und Luise Lucca
30/1 03.
(I.N. 70.942/1,2)
Hochgeehrtes Fräulein!
Nehmen Sie meinen wärmsten Dank für die Freude, die Sie mir durch die in der letzten Nr. des N. Frauenlebens aufgenommene treffliche und so überaus wohlwollende Besprechung der "Schlafwundernächte" bereiteten, die Ehre, die Sie mir damit erwiesen. Es thut mir leid, dass die in Schweden berühmte, in all ihrem echt Strindbergischem Überschwang edle Dichtung in Wien fast gänzlich unbeachtet blieb. Nun gibt die Besprechung hoffentlich Manchem die Bewegung, sich mit dem Werke näher bekannt zu machen. Mit Bewunderung habe ich in dem gleichen Hefte Ihren Artikel "Socialdemocratie und Frauenbewegung" gelesen, der die vielumstrittene Frage mit so scharfem Urteil und so großer Klarheit erörtert, so sicher die Scheidelinie zwischen den beiden Hauptbewegungen unserer Zeit zieht. Ihre schönen Worte über den Wert von Parteien werden zudem so Manchen davon abbringen, sich als Wilder zu verlaufen, at forvilde zig, wie die Scandinavier vom Verirren sagen.
Mit dem Ausdruck des Dankes, in steter Verehrung und Ergebenheit
Math. Prager
Wien, d. 21/12 03.
(I.N.70942/3)
Hochverehrtes, theueres Fräulein!
Ich danke Ihnen auf's herzlichste für Ihren ehrenden Antrag, kann aber dennoch, so schmeichelhaft es für mich ist und so gern ich einer gütigen Aufforderung von Ihrer Seite Folge leisten möchte, ihn gegenwärtig nicht annehmen.
Sie sehen, selbst unsereins ist nicht immer in der Lage nachgiebig zu sein und ich habe Sie, verehrtes Fräulein, nie anders als nur dort für hartnäckig gehalten, wo Sie es zu sollen und zu müssen glaubten. Vielleicht kann ich ein ander Mal die Freude haben, unter Ihrer Präsidentschaft der Leitung des Vereins anzugehören und möchte meine heutige Widerhaarigkeit Sie mir nicht entfremden!
Mit den wärmsten Wünschen für Sie und den Verein
in aller Ergebenheit
Mathilde Prager
25/4 06
(I.N.70942/4)
Liebste, ewig verehrte Frau!
Ihr Brief betrübt mich, so unendlich liebenswürdig er ist und so aufrichtig geehrt ich mich dadurch fühle! Es betrübt mich durch die tiefe und leider nur zu berechtigte Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit, die sich der edlen Führerin der Frauenbewegung bemächtigt hat, und betrübt mich noch besonders auch, weil ich mich so ganz zu Ihren Diensten stellen möchte in der bescheidenen Sache, die Sie von mir wünschen, und mich doch ganz ohnmächtig fühle, es zu tun. Ich kann einfach nicht, würde Sie höchstens in Verlegenheit setzen, um die Zeit bringen, Sie zuletzt in Stich lassen müssen.
Unwissend bin ich in in [sic! bei Seitenwechsel] diesen Fragen, habe im Grunde nur wenig darüber nachgedacht, und hege ich auch im Allgemeinen den Wunsch, vielleicht sogar ein leises Hoffen, dass die Frauen aus dem Sumpf, in dem sie stecken, hervorkommen, so gebricht es mir doch zu sehr an aller Gewandtheit, um aus diesem vagen, magern Inhalt etwas machen zu können. Mir geht noch schlimmer als Thomas Moors Blerhaupt [?] der berühmten Judgefamilie [?]. Er schreibt ein großes Buch und die Worte hat er schon. Es fehlen ihm nur noch die Gedanken. Mir fehlen auch die Worte.
Zürnen Sie mir darum nicht, wenn ich mit inniger Betrübnis über mein Unvermögen Nein sagen muß und - glauben Sie mir, liebe verehrte Frau, Niemand würde den Artikel so trefflich schreiben, wenn es auch nicht rosenrot optimistisch würde, wie gerade Sie. Was gab und gibt den Dichtern so große Beredsamkeit als Ihr Zürnen über den Gegensatz zwischen ihren berechtigten Forderungen und der schmählichen Wirklichkeit. Groll löste noch immer am besten die Lunge. Folgen Sie also Poldis Eingebung und werde es auch keine Programmduselei, sondern schlecht und recht ein Leader voll Kraft und knirschenden Kampfesingrimm.
Und, jedenfalls, zürnen Sie nicht
Ihrer alten, ungeschickten, betrübten, getreuen und dankbaren
Mathilde Prager
3/12 09.
Aus dem Register der Internetseite http://home.swipnet.se/webjoy/register.html (12.10.2004):
August Strindberg an Mathilde Prager
22.Juli 1895
Hochgeehrte Frau,
Auf langen Umwegen traf Ihr Brief mich erst heute. Ich habe nämlich eine Reise nach Schweden gemacht und bin nun wieder in Frankreich, Adresse:
Palaiseau
(Seine et Oise)
Was nun erst die Chemie betrifft, so bin ich teils im Begriff ein Patent zur
Herstellung des Broms aus Materialien, die nicht Brom enthalten, anzumelden, nicht um Geschäfte zu machen mit einer Erfindung, sondern um unnötige Diskussionen abzuschneiden.
Was ich zur Zeit in Druck habe: "Introduction à une Chimie Unitaire", wobei ich glaube, am Besten wäre, 14 Tage zu warten, bis ich eine Broschüre schicken kann, die alles sagt, was ich zu sagen habe.
Was nun die Zeitschrift von H.Bahr betrifft, habe ich nichts dagegen, falls Sie etwas vom Übersetzten einliefern. Nun selbst etwas zu schreiben, kann ich nicht, denn ich bin voll in der Chemie.
Es macht Freude, daß endlich Schottlænders mit dem Küster, denn ich glaubte mich schon im ganzen Deutschen Reich boykottiert.
Ich bitte Sie also wegen der Chemie weitere Mitteilungen abzuwarten.
Mit vorzüglicher Hochachtung
August Strindberg
12 rue de la Grande Chaumière
Paris 29.12.95
Hochgeehrte Frau,
Die Sache ist die. Ich bin dabei, die zwei ersten Bogen der Arbeit, die ich genannt habe, zu drucken, und als ich es gelesen hatte, fand ich es für die NEUE FREIE zu wissenschaftlich. Ich drucke indessen nur 300 Exemplare, als Manuskript, die vier ersten Kapitel enthaltend und bestimmt zur kostenlosen Verteilung unter Freunden, Anhängern und Lehrjungen, auch für Gönner, von denen ich Hilfe für die Deckung der Druckkosten erwarte, die jedoch bescheiden sind = 120 Francs für 64 kleine Seiten und einen Umschlag.
Es gibt auch eine Umständigkeit, die mich von der NEUEN FREIEN PRESSE abschreckt - Das, was jetzt anläuft, sind nur Extrakte, aus vielmals geschriebenen, verkommenen und reineweg gestohlenen Manuskripten. Es setzt beim Leser die Kenntnis meiner vorher hier und da veröffentlichten Abhandlungen voraus, vor allen Dingen des "Antibarbarus". Aber ich referiere auch Aufzeichnungen, die
mir vorenthalten werden, die abhanden gekommen sind; stütze meine Annahmen auf Beweise aus Notizen, Laboratoriumsprotokollen, Büchern, die ich nicht mehr zur Verfügung habe und die ich beim Korrekturlesen zum Verzweifeln vermißt habe.
Deshalb sende ich nur die Druckbogen, die in der nächsten Woche fertig sind und die Inschrift tragen:
Réimpression et traduction libre.
Ich habe nämlich aufgehört mit Literatur zu handeln, suche keinen Verleger, weil ich keinen Herrn haben will, verlange kein Honorar, sondern lasse volle Freiheit für Reproduktionen, aber vorbehalte mir auch dadurch volle Freiheit nach meiner Vorstellung zu schreiben. Armut und Freiheit.
Was die Besprechung der "Introduction" in der NEUE FREIE angeht, so erwarte ich mir nichts Gutes davon, denn die Voraussetzungen und vielleicht der gute Wille fehlt. Ich gebe Ihnen, geehrte Frau, deshalb diese Zusammenfassung.
Im Jahr 1888 gab ich "Blomstermålningar och Djurstycken" (Blumenbilder und Tierstücke) heraus, wo ich, unter einer leichten Oberfläche, Zweifel an der damals herrschenden furchtbaren deskriptiven Naturwissenschaft. 1894, "Antibarbarus". Das Heft II kam niemals heraus, sondern ich mußte mich von meinen Büchern, Instrumenten und Papieren nach Paris begeben und verstehende und ungefährliche Menschen suchen, sowie in Zeitungen und Zeitschriften für den unterhalt schreiben.
Im Januar 1895 war ich Hospital Saint Louis, da meine zerstörten Hände heilen mußten, weil ich mich nicht mal mehr selbst ankleiden konnte. Personen, die meine Anwesenheit in Paris fürchteten, verbreiteten das Gerücht, um meine Anwesenheit zu erschweren, ich habe die Hände beim unvorsichtigen Hantieren mit Sprengstoffen verbrannt (Anarchist). Darauf kamen von LE MATIN und LE TEMPS Journalisten, um zu fragen. Ich benutzte das Unglück, um über meine Chemie zu
sprechen und schrieb in LE TEMPS über die Zusammensetzung des Schwefels. Der Redakteur schnitt meinen Artikel aus, mischte aus eigenen Antrieb Berthelot ein. Ich wurde gezwungen, Berthelot zu schreiben, der höflich und nicht abweisend antwortete. Das Signal war gegeben und alle Furchtsamen, die in Stille meine Ansichten trugen, krochen hervor. Obalski in SCIENCE FRANCAISE, Gautier in LE FIGARO, Dubasc in LE TRAVAILLEUR NORMAND schrieben es, und hundert Zeitungen druckten es nach. Ich entwickelte den Stoff in einer Abhandlung für Berthelot, in einem Artikel in LE FIGARO und in einem in SCIENCE FRANCAISE. Danach ging ich in das Laboratorium der Sorbonne und bekam durch das Durchführen des Kohleschwefelexperiments vollen Beweis der Zusammensetzung des Schwefels, der nach einem früheren Beweis einer analytischen Anstalt Kohle enthält.
Im Mai schrieb ich in LE TEMPS über Jod. Das weckte Aufmerksamkeit und sogar Unruhe an der Börse, da ein Jodring, der all Jod in der Welt aufgekauft (14 Millionen Mark) hat, einen Krach fürchtete. Ein Agent lief bei mir ein und aus und bat mich "das Geheimnis" für unglaublich Summen zu verkaufen. Aber da es sich um kein Geheimnis handelte, bat ich ihn selbst Jod zu machen. Er mischte einen Chemiker ein, sowie den Deputierten Naquet, woraufhin ich nach Schweden reiste.
Dort machte ich eine Zusammenfassung, einen Extrakt aus allen meinen Ergebnissen und Spekulationen. Das wurde die "Introduction". Das ist sozusagen nur ein Register und unbegreiflich für jene, die das Buch = "Antibarbarus" und alle Abhandlungen nicht gelesen haben.
Ich fürchte also, einen Beurteiler in der N.FR.PR. zu finden, wie es andererseits von großem Gewicht wäre dort dieselbe Anerkennung zu bekommen, die ich hier habe, und das aus Gründen, die Sie wahrscheinlich ahnen oder fühlen.
Es war ein langes Jahr des Leidens, Kämpfen und Arbeitens für mich und obwohl ich Hoffnung für Verbesserung nicht sehen kann, gehe ich zum Kampf voll gerüstet entgegen, bereit auf das Schlimmste.
Mit Dank für dieses Jahr und Ihnen ein gutes Neues wünschend
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr
August Strindberg
24.März 1896
Hochgeehrte Frau,
Vor einigen Tagen übersandte ich Ihnen zwei Artikel über die Sorbonne und über die X-Strahlen. Inwiefern diese übersetzt herausgegeben werden können, nachdem sie in einer im Ausland ungelesenen schwedischen Zeitung gedruckt sind, weiß ich nicht, aber da ich kein Honorar begehre, ist es wohl möglich.
Indessen habe ich jetzt eine größere Arbeit angefangen: Wanderungen im Jardin des Plantes, und das Steinreich vollendet, sowie ein Abschnitt der Gewächswelt, um dann zu den Tieren überzugehen und mit dem Menschen abzuschließen.
Das wird ein Buch, das Verleger auf Schwedisch (und Französisch) hat und das ich zu gelegener Zeit Ihnen zur Ansicht schicken werde.
In der Zwischenzeit und als ein Abbruch will ich ausschließlich für die NEUE FREIE PRESSE einen Artikel über die modernen Goldmacher in Paris schreiben, die ich kennengelernt habe, besonders Tiffereau, dem klassischen, der bereits 1854 Gold machte und das auch vom Münzwerk bestätigt bekam. Dieses ist vollkommen ernst gemeint, so jetzt kämpft man schon um die Ehre und wir sind vier "Alchimisten", die um den Rekord kämpfen, die Goldprobe zur Weltausstellung in Paris 1900 abzuliefern.
Zur gleichen Ausstellung vorbereite ich: Transmutation des Kupfers in Nickel (schon halbfertig); das neue Teleskop (in Analogie zum Telephon) ohne große Kosten; die Anwendung der Luftelektrizität als billige Antriebskraft; sowie direkte Photographie in Farben.
Folglich ist das ein gutes Stück Arbeit, aber mit einem bestimmten Ziel und einem wahrscheinlich langen Leben vor sich, wo vieles Verlorenes wiedergewonnen werden kann, sollte es zu machen sein.
Dankbar bestätige ich erst jetzt den Empfang Ihrer wohlwollenden Kritik und
zeichne
mit ausgezeichneter Hochachtung
August Strindberg
60 rue d'Assas, Hôtel Orfila
Paris.
60 rue d'Assas, Paris 22 April 96
Hochgeehrte Frau,
Meine Goldmacherei hat Sie wahrscheinlich erschreckt, und ich kann es verstehen. Schicke eine Broschüre, um zu zeigen, daß ich nicht einsam bin. Wir sind jetzt vier Unglücksraben: Tiffereau, Vial, Jollivet-Castelot und der Unterschreibende. Bei den beiden ersten habe ich Gold gesehen und ich übersende Ihnen zum Spaß meine ersten schwachen Versuche nach eigenen Methoden. Es handelt sich, wie gesagt, um einen Anfang, nicht einmal etwas Halbfertiges. Es handelt sich keineswegs um einen Zufall, der mich so weit gebracht hat, sondern ich bin von den Fundstellen in der Natur ausgegangen und habe dann weitergesucht, spekuliert, studiert und experimentiert.
Das Rohmaterial ist Eisen, also billig, und Goldmineral mit einem Gehalt von 1/30000 lohnt zu bearbeiten. Sollte sich das bestätigen, kann es für die Industrie Bedeutung bekommen, aber das interessiert mich weniger. Das Gold in Transvaal kann man nicht ohne Mikroskop sehen. Meines kann man bei Sonnenlicht unter einer Lupe sehen. Sollten die übersandten Proben nachgedunkelt sein, können sie über einer geöffneten Ammoniakflasche (nur in den Dämpfen) und bei schwacher Wärme über einer Lampenflamme wieder zu Glanz kommen. (Am Besten über einer glühenden Zigarre.) Glauben Sie nur nicht, daß ich eine große Illusion habe oder viel auf diese erste Probe baue. Es ist ein langer Weg bis 1900.
Ich bitte Sie, nichts von dieser Sache zu veröffentlichen. Ein Chemiker wird bei der Analyse sagen: Es ist Eisen. Doch das sage ich ja selbst: mit Zusatz: aber es sind auch Spuren von Gold. Und darum handelt es sich.
Hoffentlich haben Sie die zwei Nummern der GÖTEBORGS HANDELSTIDNING erhalten und haben bemerkt, daß ich das Gerücht widerlegt habe, ich hätte die Röntgenstrahlen erfunden, was ich niemals behauptet hatte.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
August Strindberg
8.September 1896.
Hochverehrte Dame,
Auch dieses Mal will das Schicksal nicht, daß wir einander treffen, verboten aus gesundheitlichen und anderen Gründen. Was nun das Stück betrifft, weiß ich nicht, ob es ihre Übersetzung ist; weiß ich nicht (oder kann mich nicht erinnern), ob Bloch oder ein andrer Agent es hat; aber ich glaube, daß ich es für uns gerettet hatte.
Unter allen Umständen glaube ich, es ist besser, gespielt zu werden, auch ohne Geld zu bekommen, als gar nicht gespielt zu werden, deshalb ist es wohl besser, meiner Ansicht nach, das Deutsche Theater, bis zur Aufführung, in Ruhe zu lassen, denn es ist ja eine große Ehre, das neue Theater eröffnen zu dürfen!
Außerdem hat meine Ehefrau vom Schliersee hierher geschrieben, daß sie nach München reisen werde, um eine Repetition zu überwachen und zu sehen, daß alles recht zugeht.
Durch sie werden wir erfahren, ob es Ihre Übersetzung ist, und all das andre. Da Sie meine Dame sich für meine Chemie interessieren, übersende ich Ihnen meine "Guldsynthes" (Die Synthese des Goldes) mit Probe. Und will nur ergänzen, daß diese Proben von Chemie-Freunden in Frankreich und Schweden anerkannt worden sind.
Sollte es Sie interessieren, die Wahrheit zu wissen, und hätten Sie irgendwelche Beziehungen zu Chemikern (Dr. Exners Bureau), gäbe es Gründe, eine Übersetzung zu riskieren - es sind nur wenige Seiten und man könnte es in einer Fachzeitschrift unterbringen. Schlimmstenfalls erführe man, was für Stoff dieses gelbe Metall eigentlich ist, bisher unbekannt.
In Hoffnung, Ihnen bald gute Nachrichten aus München mitteilen zu können
Mit besonderer Hochachtung
August Strindberg
Lund, 1. Februar 1899
Hochgeehrte Frau,
Die Schriften, die ich herausgegeben habe, kennen Sie. Etwas Passendes, Nichtveröffentlichtes für den angegebenen Zweck gibt es nicht und ich schreibe jetzt nur fürs Theater. Allerdings bin ich dankbar, nicht vergessen worden zu sein und zeichne
wie früher
Ihr
August Strindberg
1 Die im Oktober 2004 erschienene Monografie von Karin Bang - "Mathilde Prager" (Hovedland-Verlag, in dänischer Sprache) - konnte in die vorliegende Arbeit leider nicht einbezogen werden.
2 Lexikon deutscher Frauen der Feder, hrsg. v. Sophie Pataky, 2. Bd., Berlin 1898.
3 Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1887, hrsg. v. Joseph Kürschner, 9. Jg., Stuttgart 1887.
4 Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1890, hrsg. v. Joseph Kürschner, 12. Jg., Stuttgart 1890.
5 Lexikon deutscher Frauen der Feder, 2. Bd.
6 Eine Auflistung dieser und anderer Übersetzungen sowie Transkriptionen erhaltener Briefe: siehe Seite 16-24.
7 Auf einem Wiener Flohmarkt wurde ein von Knut Hamsun Erich Holm gewidmetes Buch entdeckt. Vgl. http://sites.inka.de/sahl/hamsun/kuriositeter_d.htm (12.10.2004).
8 Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1915, hrsg. v. Heinrich Klenz, 37. Jg., Leipzig 1915.
9 Rudolf M. Wlaschek: Biographia judaica Bohemiae, 1. Bd., Dortmund 1995.
10 Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, hrsg. v. Hermann Clemens Kosel, 1. Bd., Wien 1902.
11 Julia Neissl: Tabu im Diskurs - Sexualität in der Literatur österreichischer Autorinnen, Innsbruck 2001, 232.
12 Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie, 3. Bd., Czernowitz 1928.
13 Eva Borst weist darauf hin, daß die in jedem anderen Lexikon aufscheinende Berufsbezeichnung "Fabrikant" durch den Eintrag "Psychologe" im "Biographischen Handbuch deutschsprachiger Emigration" zu hinterfragen ist. Vgl. Eva Borst: Über jede Scham erhaben - Das Problem der Prostitution im literarischen Werk von Else Jerusalem, Margarete Böhme und Ilse Frapan unter besonderer Berücksichtigung der Sittlichkeits- und Sexualreformbewegung der Jahrhundertwende, Frankfurt am Main 1993, 64.
14 Ebd., 64.
15 Vgl. Neissl: Tabu im Diskurs, 232.
16 http://home.arcor.de/in4matix/jerusalem/tree.htm (12.10.2004).
17 Vgl. Borst: Über jede Scham erhaben, 64.
18 Ebd.
19 Wininger: National-Biographie. 3. Bd.
20 Vgl. Borst: Über jede Scham erhaben, 62.
21 Eine Liste aufgefundener Rezensionen zu "Der heilige Skarabäus" siehe Borst: Über jede Scham erhaben, 61. Ebd.: "Mit ihrem Roman löste Jerusalem einen Sturm in den zeitgenössischen Zeitungen und Zeitschriften aus. Der Schriftsteller Carl Bleibtreu ließ sich in seiner Literaturgeschichte sogar zu der Bemerkung hinreißen, Else Jerusalem habe ‚mit ihrem ‚Heiligen Skarabäus' alle männlichen Erotiker in die Flucht' geschlagen, denn: ‚Eine solch unsaubere, aber kernige Faust im Herumbalgen mit der Sexualität besaß noch kein Mann' [Carl Bleibtreu, Geschichte der Deutschen National-Literatur von Goethes Tod bis zur Gegenwart, herausgegeben von Georg Gellert, zwei Teile in einem Bande, Berlin 1912, S. 70.]."
22 Denn böse Reaktionen hatte es auf jeden Fall gegeben: "Max Geißler behauptet allerdings schon 1913 in seinem Literaturführer: ‚(...) man wollte sie sich in Wien nicht mehr gefallen lassen und bewarf sie schließlich nicht nur mit Blicken und Worten. Da ging sie nach Amerika.' [Max Geißler, Führer durch die deutsche Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts, Weimar 1913, S. 252.]" Borst: Über jede Scham erhaben, 64 f.
23 Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1915, hrsg. v. Heinrich Klenz, 37. Jg., Leipzig 1915.
24 Neissl: Tabu im Diskurs, 232.
25 Gerade in diesem Falle scheint es sinnvoll, das Wiener Stadt- und Landesarchiv aufzusuchen. Zu meiner Recherche: siehe Nachwort, Seite 14.
26 Adolph Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, Wien 1910.
27 Adolph Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, Wien 1913.
28 Peter Melichar: Neuordnung im Bankwesen. Die NS-Maßnahmen und die Problematik der Restitution, Wien 2002, 307 - ungedruckte Quelle: http://www.historikerkommission.gv.at/pdf/INTBANKEN.pdf (12.10.2004).
29 Vermutlich wird dies alles überlagert von der Frage nach dem Geschlecht.
30 Mathilde Prager an Auguste Fickert, 3. 12. 1909, siehe Anhang, Seite 21.
31 Mathilde Prager an Auguste Fickert, 21. 12. 1903, siehe Anhang, Seite 20.
32 Karl Emil Franzos (1848-1904), Schriftsteller und Publizist.
33 Mina Hoegel (1849-1929), Malerin und Präsidentin des "Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen".
34 Moritz Necker (1857-1915), Literaturhistoriker, Theater- und Literaturkritiker.
35 Auguste Fickert (1855-1910), Sozialreformerin und Gründerin des "Allgemeinen österreichischen Frauenvereins".
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