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Neuerwerbungen

Sammlung von Inkunabeln, alten und wertvollen Drucken



Das Ensemble des Kärntnertortheaters

Friedrich Wilhelm Weiskern: Die Herstellung der Deutschen Schaubühne zu Wien, unter der Aufsicht Seiner Hoch- und Wohlgebohrnen Excellenz, Herrn Jacobs, Grafen v. Durazzo, Ihrer Kaiserl. und Königl. Apostol. Majest. wirklichen Geheimen Rathes und Directors der Hofmusik, wie auch der K. K. Hof- und privilegirten Theater; in einem Vorspiele gefeyert, welches auf Befehl, von Friedrich Wilhelm Weiskern verfasset, und im Heumonate 1763. bey Wiedereröffnung gedachter Schaubühne, aufgeführet worden ist. - Wien : gedruckt mit v. Ghelischen Schriften, [1763].

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Objektbeschreibung:
Wien, Österreichische Nationalbibliothek,
Sign.: 307.836-B.Alt-Mag

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Die Geschichte der Wienerischen Schaubühne wird besonders lebendig durch die Charakterschilderungen, die uns zu vielen Darstellern erhalten sind. Greifen wir aus der Liste der "Theatralpersonen" nur zwei Beispiele heraus:

Anton Jakob Brenner (geb. 1738 in Wien, gest. 1779 in Lüneburg) stand von Kindheit an auf der Bühne. Er schrieb auch eine Reihe von Singspielen (u.a. Der Philosoph, Das Strumpfband, Der wankelmütige Liebhaber), die alle ungedruckt blieben.
Ans Kärntnertortheater kam Brenner ("Burlin") 1755 als zweiter jugendlicher Komiker und Liebhaber (nach Joseph Carl Huber). Der "Burlin" lebt auch heute noch durch Philipp Hafner fort, der - z.B. in seiner Faschingsgroteske Neue Bourlesque, betitelt: Etwas zu Lachen im Fasching Oder: Des Burlins und Hannswursts seltsame Carnevals-Zufälle - Brenner die Rolle des "Burlins" auf den Leib schrieb. Burlin, der Held dieser Faschingsgroteske, hat alles verpfändet, um einen Hausball geben zu können. Er sitzt in seinem völlig ausgeräumten Zimmer: Der Ball hat sein End ... der Burlin hat kein Geld in Sack, die Schuldner seind nicht bezahlt ... Reuig ist er aber nicht: Eine Walzerischen haben s'aufgemacht, auf den will ich mein Lebtag denken!
Im Deutschen Bühnen-Lexikon von Friedrich Johann von Reden-Esbeck (1879) ist über Brenner und seine Schauspielkunst zu lesen: Gemeine Naturen stellte er mit seltener Wahrheit dar. Sehr komisch klang seine Sprache, er hatte, wie man sich auszudrücken pflegt, ein Holz im Munde. Dabei sprach er sehr schnell und überstürzte sich fast in Worten. Im: ,Die Fiaker in Wien' (von Emanuel Schikaneder, Anm.) spielte er einen ,Fiakerknecht', der sich gegen einen angeschuldeten Diebstahl vertheidigt, mit so außerordentlicher Wahrheit, daß er diese Scene jedes Mal wiederholen mußte.
Joachim Perinet (geb. 1763 in Wien, gest. 1816 ebenda, österreichischer Schauspieler und Schriftsteller des Alt-Wiener Volkstheaters), nannte den "Burlin", - den "Lustig-Lebendig".

Johann Ernst Leinhaas (auch Lainhus, Leinhus, Leinhas, geb. um 1687, gest. 1767 in Wien), ein "italianisierter Deutscher", war ein berühmter Pantalone, eine klassische Figur der italienischen Commedia dell'Arte, welche einen alten, geschäftstüchtigen und geizigen, meist verliebten und stets betrogenen Geck darstellt. Schon 1716 unter Joseph Anton Stranitzky (Stranitzky war von 1712 bis zu seinem Tode 1726 Pächter des "Comödienhauses am Platze nächst dem alten Kärntnerthor") hatte Leinhaas am Kärntnertortheater gespielt, sich allerdings nicht sehr wohl gefühlt. In den 40er Jahren kehrte er aus Venedig wieder ans Kärntnertortheater zurück und feierte große Erfolge in seiner Rolle. 1725 ist sein Wirken als Prinzipal einer Wandertruppe u.a. in Prag nachgewiesen. Offensichtlich machte Leinhaas den Prager Behörden viel zu schaffen: ... zunächst durch ein bedenkliches Repertoire, dann durch arge Streitigkeiten innerhalb seiner Bande, welche sich um die fatalen Differenzen zwischen deutscher und wälscher Spielart bewegten. (Teuber, Geschichte des Prager Theaters, S. 108) Einige Mitglieder der Truppe hatten sich an die Prager Statthalterei mit der Bitte um Aufhebung ihrer Kontrakte und Gewährung einer separaten Spielerlaubnis gewandt. In der bei Teuber veröffentlichten Urkunde ist als Begründung u.a. zu lesen: ...fernershin unter ihme (gemeint ist Leinhaas, Anm.) Keineswegs stehen können, anerwogen er bishiher Vermittelst eine unduldtlichen Brutalitaet unß gar auf dem öffentl. Theatro mit schlägen und ohrfeigen despotice tractiret, Ja sogar auff ein und andern von unß das gewehr entblöset und mit demselben Verfolget hat, einfolgl. wür ... nicht unbegründt zu befürchten haben, daß er ... mit dergleichen unmenschlicher Furie den Degen in den Leib stieße, und so Vil mehrers weillen er als ein Italienischer Comoediant unßerer teuschten agirungsahrt nicht Kundig ... "Sein Glück war immer sehr abwechselnd." (Reden-Esbeck)

Unter den Namen der Solotänzer findet sich übrigens auch der von Gennaro Magri.


© Österreichische Nationalbibliothek, 2007
last update: 30.05.2007

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