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Neuerwerbungen
Sammlung von Inkunabeln, alten und wertvollen Drucken
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Herkules besiegt den nemeischen Löwen
Möller, Wolfgang: Invictissimi Caroli V. Imperatoris, Ac Roma[ni]
Regis Ferdinandi Illvstrissimi &c. Panegiricus / Autore VVolfgango
Molleriano Philosophiæ & Medicinarum Doctore . - Viennae Avstriae
: excudebat Egidius Aquila, 1552 . - [51] Bl.
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Objektbeschreibung:
Einband aus der Bibliothek Friedrich Nauseas
Wien, Österreichische Nationalbibliothek,
Sign.: 307.460-B.Alt-Einb.
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Detailinformation
Friedrich Nausea (1496-1552), Bischof von Wien, ließ einen Rollenstempel mit
seinen Initialen anfertigen, mit dem Einbände seiner Bücher verziert
wurden. Seinen Eigentumsvermerk mit eigenem Rollenstempel auf dem
Einband darzustellen, kommt in der Einbandgeschichte selten vor.
Der Einband aus braunem Kalbsleder in Gold- und Blinddruck ist
Mitte des 16. Jhs in Wien entstanden. Der Vorderdeckel ist umrahmt
mit einer Rolle von 6 wiederkehrenden runden Schilden mit Umschriften.
F N / E W (Fridericus Nausea Episc. Wiennensis): Cras Pasce Oves.
- Adler: Spes Mea Est Christus - Wappen Ungarn: De Profundis Cl??a
s - Löwe: Mendax Omnis Homo. - Wappen (?): Non nobis Domine - Aus
/ Tri: Dominus da Pacem. Es folgt ein weiterer Rahmen aus Streicheisenlinien,
in dessen oberen Teil die Jahreszahl 1552 (Sterbejahr von Nausea
am Konzil von Trient) in Gold gedruckt ist. Weiters ist der Rahmen
mit fünfblättrigem Blumenstempel und mit Blattstempel gefüllt.
In der Mitte befindet sich eine Platte, "Herkules
besiegt den nemeischen Löwen", im Golddruck. Als Vorlagen
könnte entweder ein Stich von Albrecht Altdorfer (ca. 1520-25) oder
Entwürfe von Holzschnitten Sebald Behams, Hans Cranachs oder Modelltafeln
Peter Flötners gedient haben. Die üblichen Landschafts- oder Hintergrunddarstellungen,
die beim Stich eine gewisse Tiefenwirkung erzeugen, sind bei der
Platte nicht möglich, da die feinen Konturen beim Druck der Platten
auf das Leder nicht zur Geltung kommen. Um die Körperlichkeit und
Räumlichkeit zu erzielen, wurde auf der Platte vor der Figur ein
tiefenwirksamer Torbogen aufgebaut. Diese Methode findet sich bei
vielen Porträtplatten des 16. Jhs.
Der Hinterdeckel des Einbandes zeigt die Monogrammrolle von Friedrich
Nausea als äußeren Rahmen. Der innere Rahmen aus Streicheisenlinien
ist mit Einzelstempeln (fünfblättrige Blume und Lindenblättchen)
versehen. Das Mittelfeld ist mit 2 Reihen einer Rolle mit dem Monogramm
S I, 4 Köpfe darstellend, gefüllt ("Salvator: Imanuel - "David -
S. Paul" - Johannes S I: Ecce Ang").
Der Rücken ist mit einer Blinddruckrolle verziert und weist ein
handschriftliches Titelschild auf. Der Goldschnitt des Buchblocks
unterstreicht die repräsentative Wirkung des Bandes.
Dieser Einband und einige andere, die Nausea als Eigentümer erkennen
lassen, zeigen, dass der Wiener Bischof sich als Büchersammler nicht
nur für Inhalt und Thema interessierte, sondern auch Wert legte
auf die buchkünstlerische Gestaltung.
In seinem Testament hinterließ Friedrich Nausea seiner Geburtsstadt
Waischenfeld in Oberfranken einen Großteil seiner Bibliothek, jedoch
ist dieser Nachlaß verlorengegangen und nach Konrad Haebler wohl
in unterschiedlichen österreichischen Bibliotheken großteils unerkannt
überliefert.
Friedrich Nauseas wurde 1496 in kleinbürgerlichen Verhältnissen
geboren. Er begann bereits mit 6 Jahren Latein zu lernen und absolvierte
seine Studien in Leipzig. Von 1518 bis 1523 hielt er sich in Italien
(Pavia und Padua) auf, wo er seine juristischen Studien mit dem
"Doctor iuris utriusque" abschloß. In jener Zeit beschäftigte er
sich intensiv mit den Ideen des Humanismus, antiken Autoren, Themen
der Pädagogik und Erasmus von Rotterdam. Er verfasste Poetiklehrbücher
und andere Werke, die er in Italien auch drucken und veröffentlichen
ließ.
1524 wurde er Sekretär von Lorenzo Campeggio (Legat des Papstes
in den Ländern Deutschland, Ungarn und Böhmen) und im Rahmen seiner
Tätigkeit intensiv mit den reformatorischen Ideen in Deutschland
konfrontiert. 1526 trat er in den Kirchendienst zunächst in Frankfurt
ein und wirkte als Domprediger in Mainz. 1534 erhielt er die Stelle
des Hofpredigers von Ferdinand I. 1538 wurde er Koadjutor von Johann
Fabri, dem er 1541 als Bischof von Wien nachfolgte.
Er war ein fähiger Kanzelredner und neben Eck, Cochläus und Fabri
zählt er zu den wichtigen Theologen der alten Kirche in der Kontroverse
mit den Ideen der Reformation. Große literarische Bekanntheit erlangte
er mit seinem 1530/32 erschienenen Homilienwerk (Predigten). Er
nahm 1551 am Trienter Konzil teil und führte Debatten über die Eucharistie,
die Buße und die Krankenölung. Anfang 1552 starbt Friedericus Nausea
am Konzil von Trient, eine Darstellung im Stephansdom in Wien erinnert
an ihn.
Fortsetzung folgt im April ... |