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Neuerwerbungen

Sammlung von Inkunabeln, alten und wertvollen Drucken



Internationale Mode 1794

Löschenkohl, Johann Hieronymus [Hrsg.]: Taschen Kalender für 1794 aus der Revolutions Geschichte Frankreichs. - Wien : bey H. Löschenkohl, 1794.

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Objektbeschreibung:
Kolorierter Kupferstich (6,5 x 4 cm)
"Tracht der Ladi [sic] in London"
Wien, Österreichische Nationalbibliothek,
Sign.: 307.744-A.Alt-Rara.1794

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Seit dem Mittelalter waren Kleiderpuppen in verschiedenen Größen - ursprünglich meist von Frankreich aus - durch Europa "gereist", um die aktuellen Kleidermoden zu propagieren. Ab dem späteren 18. Jahrhundert konnte man sich auf einfachere und billigere Art im eigenen Wohnzimmer zu diesem Thema informieren: Zeitschriften wie das von Friedrich Justin Bertuch herausgegebene Journal des Luxus und der Moden, das seit 1786 in Weimar erschien, oder die Wiener Modenzeitung (1816-1848, seit 1817 Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode) enthielten neben literarischen und Kulturbeiträgen handkolorierte Blätter, die die neuesten Trends für Damen und Herren aus Europas Großstädten zeigten. Aber auch anderen periodischen Publikationen wie Kalendern oder Almanachen wurden solche Modekupfer beigegeben.

Der Taschen Kalender für 1794 aus der Revolutions Geschichte Frankreichs, herausgegeben vom Wiener Silhouettenzeichner, Kupferstecher, Kunsthändler und Verleger Johann Hieronymus Löschenkohl enthält zahlreiche Tafeln, die neue Modelle aus London, Wien, Berlin und weiteren deutschen Städten zeigen. Pariser Modell ist hier keines vertreten, was nicht wirklich überrascht, wenn man das Titelthema des Kalenders bedenkt: Textbeiträge und Kupfertafeln rufen Revolutionsgreuel und Emigrantenschicksale in Erinnerung, der Einband unseres Exemplars trägt ein appliziertes Stoffmedaillon mit einem Doppelporträt Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes. Doch hatte die englische Mode, die als tragbarer, "natürlicher", "vernünftiger" als die französische galt, im Zeitalter der Aufklärung bereits an Bedeutung gewonnen und erfreute sich in der Wiener bürgerlichen Gesellschaft großer Beliebtheit. Das beweist auch ein im Kalender enthaltenes Faltblatt mit Mustervorlagen zu Stikkereien für Frauenzimer=Kleider aus London. Der letzte Textabschnitt vor der Modebeilage, der die empörte Reaktion der Londoner auf die Hinrichtung des französischen Königspaares schildert, wirkt hier beinahe wie ein beabsichtigter Übergang vom Thema Zeitgeschichte zum Thema Mode. Damit die Leser aber nicht in Trübsinn verfallen und die Mischung stimmt, enthält das Bändchen auch Anleitungen zu ziemlich schlüpfrigen Pfänderspielen, Rätsel und Anekdoten und selbstverständlich die üblichen praktischen Informationen zu Postverkehr, Jahrmarktsterminen und Währungsumrechnung.

Modekupfer von 1832


© Österreichische Nationalbibliothek, 2006
last update: 22.10.2006

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