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Sammlung von Inkunabeln, alten und wertvollen Drucken



Auf dem päpstlichen Index

Damnatio Et Prohibitio Libelli Germanico idiomate editi, Cui Titulus Was enthalten die Vrkunden des christlichen Alterthums von der Ohrenbeichte? Von Eybel. Wien / bey Joseph Edlen von Kurzbek us.f. 1784 ; Latine Vero Quid continent Documenta Antiquitatis Christianæ de Auriculari Confessione? ab Eybel. - Vindobonæ : apud Josephum Nobilem de Kurzbek &tc., MDCCLXXXIV.

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Objektbeschreibung:
Titelblatt
Wien, Österreichische Nationalbibliothek,
Sign.: 307.135-C.Alt-Mag

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Joseph Valentin Eybel (1741-1805) war eine für die Zeit des Josephinismus geradezu exemplarische Persönlichkeit: Als Jesuitenzögling ursprünglich für eine geistliche Laufbahn vorgesehen, entschied sich der Wiener Bürgersohn dann doch für eine weltliche Laufbahn als Jurist und ordentlicher Professor des Kirchenrechts in Wien und ab 1779 als Landrat in Linz, wo er als Referent für "geistliche und Toleranzsachen" unter anderem die Klosterreform in Oberösterreich zu beaufsichtigen hatte. Als Autor und Journalist nahm Eybel in erster Linie zu kirchlichen Fragen Stellung. Im Hinblick auf den bevorstehenden Besuch Pius VI. in Wien veröffentlichte er seine bis dahin bekannteste Schrift Was ist der Pabst?, in der er den päpstlichen Primat in Frage stellte und gegen einen zu unterwürfigen Empfang Pius' in Wien sprach. Ihr folgte eine ganze Serie von kritischen Schriften Eybels zu Ämtern und Einrichtungen der Kirche (Was ist der Ablaß? Was ist ein Priester? Was ist ein Bischof?) Vor allem die Papstschrift erregte großes Aufsehen und wurde schließlich 1786 auf den päpstlichen Index gesetzt. Ihr Verfasser wurde wegen kirchenfeindlicher Lehren exkommuniziert.

Eine andere Schrift Eybels, Was enthalten die Vrkunden des christlichen Alterthums von der Ohrenbeichte?, fand viel schneller, nämlich schon im Jahr ihres Erscheinens (1784), ihren Weg auf den Index Librorum Prohibitorum: Die Schnelligkeit, mit der das Indizierungsverfahren in diesem Fall durchgezogen wurde, hing wohl auch damit zusammen, dass der Angriff auf das Bußsakrament Gläubige im josephinischen Österreich viel unmittelbarer berührte und der Kaiser - anders als bei Eybels Papstschrift - kein Interesse daran hatte, den von ihm sonst geschätzten Autor zu decken. Wenn Eybel die Ohrenbeichte als eine erst im Mittelalter aufgekommene Erfindung der Kirche bezeichnete, die nicht von Christus eingeführt worden war und daher abgeschafft werden könne, konnte er auch in aufgeklärten katholischen Kreisen nicht mit begeisterter Zustimmung rechnen.

Im gleichen Jahr wie die Ohrenbeichtschrift war übrigens noch ein drittes Eybel-Werk auf den Index gesetzt worden, nämlich seine Introductio in ius ecclesiasticum catholicorum, die ebenfalls Angriffe auf den päpstlichen Primat enthielt. Alle drei Werke finden sich noch in der letzten amtlichen Ausgabe des Index Librorum Prohibitorum aus dem Jahr 1948 - in Gesellschaft so unterschiedlicher Leidensgenossen wie Flauberts Madame Bovary oder Kants Kritik der reinen Vernunft.


© Österreichische Nationalbibliothek, 2007
last update: 15.02.2007

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