Newsletter März 2015

Druckversion


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach einer vierjährigen Laufzeit endet das vom FWF finanzierte Projekt "Forschungsplattform Peter Handke" mit 30. April 2015. Wir möchten uns daher ein letztes Mal mit einem Newsletter an Sie wenden, um Sie über den aktuellen Stand unserer Forschungsarbeiten auf www.handkeonline.onb.ac.at und über die Zukunft der Plattform zu informieren. Vorab nutzen wir die Gelegenheit, um uns noch einmal bei Peter Handke zu bedanken. Seine großzügige Einwilligung, alle Notizbücher, Werkmaterialien und Korrespondenzen uneingeschränkt einsehen, beschreiben und zum Teil auch mit Faksimiles auf Handkeonline veröffentlichen zu dürfen, hat das Projekt in dieser Form erst möglich gemacht. Unser Dank gilt auch dem Suhrkamp Verlag, der unsere Forschung unterstützt und das Zitieren und Abbilden aus Handkes Werken bewilligt hat.

Handkeonline als virtuelles Archiv

Trotz der ungeheuer großen Materialmenge konnten wir in nur vier Jahren das gesteckte Ziel erreichen: die Errichtung eines virtuellen Archivs, das die derzeit zugänglichen Handke-Bestände der verschiedenen öffentlichen und privaten Sammlungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz an einem Ort vereint. Forscher können sich auf Handkeonline rasch einen Überblick über die Quellenlage eines Werkes verschaffen und erhalten aufgrund unserer genauen, über die Archivkatalogisierung weit hinausgehenden tabellarischen und inhaltlichen Beschreibung eine klare Vorstellung von der Beschaffenheit der einzelnen Materialien. Wichtig war uns, die im Zuge der umfassenden Sichtungen gewonnenen Erkenntnisse, etwa über den Verbleib "verschollener" Materialien, beteiligte Personen, Entstehungshintergründe oder die genetische Einschätzung allen Forschern zugänglich zu machen und zugleich über die Veröffentlichung auf der Plattform eine Diskussion und stete Modifikation zu ermöglichen. Nicht vollständig erfasste Details von Materialien wie etwa die in manchen Notizbüchern dokumentierten zahlreichen Lektüren und Reisestationen Handkes, wurden gekennzeichnet, sodass der Stand der Sichtung eindeutig zu erkennen ist.

Ausgehend von den Buchveröffentlichungen Handkes führen wir auf der Plattform die genetisch relevanten Materialien zu sämtlichen Prosawerken, Theaterstücken, Hörspielen, Lyrikbänden und Journalen von Publikumsbeschimpfung und Die Hornissen (1966) bis hin zum Versuch über den Pilznarren (2013) zu Werkkonvoluten zusammen. Alle zugänglichen Werkmaterialien zu diesen mehr als 80 Büchern werden auf Handkeonline vollständig beschrieben. Die Übersetzungen Handkes wurden tabellarisch erfasst. Die unzähligen verstreut erschienenen Einzeltexte Handkes werden in einer umfassenden Bibliografie nachgewiesen. Diese umfasst neben sämtlichen Primärwerken, Briefwechseln und Interviews alle Forschungsarbeiten, die bis heute zu Peter Handke erschienen sind.

Bei den auf Handkeonline beschriebenen Werkmaterialien handelt es sich um die mehr als 10.000 Seiten zählenden Notizbücher bis 1991, um Typoskripte und Manuskripte verschiedener Fassungen, um Druckfahnen, Aushänger und Korrekturexemplare, dazu "Beiblätter" (als solche bezeichnet Peter Handke Nebennotizen zum Werk), Korrekturlisten, "Abfallblätter" (ausgeschiedene Blätter einzelner Fassungen) sowie diverse Recherche- und Begleitmaterialien wie annotierte Bücher und Landkarten, lose Notizen, Fotos, Skizzen, Postkarten und Briefe. Kurze Darstellungen des jeweiligen Entstehungskontextes und der Quellenlage bieten eine rasche Hinführung und eine Übersicht zur Genese der einzelnen Bücher. Im Fall von Theaterstücken wurden die genauen Daten zur Uraufführung eingetragen; auch Filme, an denen Handke mitgewirkt hat, wurden verzeichnet. Von ausgewählten Materialen zeigen wir Gesamtfaksimiles.

Erfolg und Zukunft der Plattform

Großes Interesse an der Plattform zeigten schon die ersten Pressereaktionen anlässlich des probeweisen Onlinegangs im Jänner 2013. Von Beginn an hatte Handkeonline hohe und stetig wachsende Benutzerzahlen, derzeit greifen pro Monat mehr als 6.000 unterschiedliche Nutzer auf die Seite zu. Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung wählte Handkeonline im Jänner 2014 als beispielhaftes Projekt und informierte in einer groß angelegten Presseaussendung über die Plattform. Auch im Rahmen einer Tagung für Digital Humanities, die an der Universität Graz im Februar 2015 stattgefunden hat, wurde auf Handkeonline aufgrund seines reichen Contents und seiner leichten Zugänglichkeit gezielt hingewiesen. Ebenso positiv war die Resonanz bei Präsentationen auf literatur- und editionswissenschaftlichen Tagungen in Bern, Marbach, Mürzzuschlag und Wien. Viel Lob erfuhr die Seite aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit. Nicht allein der literaturwissenschaftlichen Forschung ebnen sich auf ihr neue Wege zu Peter Handke, sondern auch einem allgemein interessierten Publikum.

Sämtliche Forschungsergebnisse werden der Öffentlichkeit über das Projektende hinaus uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Die technische Betreuung und Aktualisierung der Datenbank und die Weitergabe von Anfragen liegt fortan beim Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Autorinnen und Autoren haben auch zukünftig die Möglichkeit, Forschungsbeiträge zu Peter Handke einzureichen und auf der Open Access-Plattform von Handkeonline zu veröffentlichen. Eine hierfür eingerichtete Redaktion wird über die Aufnahme entscheiden. Wir selbst stehen über das Kontaktformular der Seite weiterhin für Fragen und Anregungen zur Verfügung.

Workshop Graz, 23.4.2015

Anlässlich des Projektabschlusses findet im Literaturhaus Graz am 23. April 2015 ein Workshop zur Relevanz von Handkeonline statt. Das vorläufige Programm: Ab 13 Uhr spricht der Handke-Leser und -Blogger Lothar Struck (Düsseldorf) über die Netzpräsenz von Peter Handke und über digitale Recherchemöglichkeiten der Literaturwissenschaft. Anschließend stellen wir Handkeonline vor und lassen die Website in einem öffentlichen Workshop von den vier ausgewiesenen Experten Beatrix Müller-Kampel (Graz), Anne-Kathrin Reulecke (Graz), Karl Wagner (Zürich) und Norbert-Christian Wolf (Salzburg) sowie von Studentinnen und Studenten einem "Stresstest" unterziehen, um zu zeigen, was sie der Forschung bei konkreten Anfragen tatsächlich zu bieten hat. Das Abendprogramm ist Peter Handkes Erzählung Langsame Heimkehr gewidmet: Klaus Kastberger, seit März 2015 Leiter des Literaturhauses Graz und Professor für neuere deutschsprachige Literatur am Franz-Nabl-Institut der Universität Graz, führt in die spannende Entstehungsgeschichte des Buches ein, danach lesen die Schauspielerinnen Dörte Lyssewski und Sophie Semin zusammen mit dem Autor Josef Winkler aus den noch unveröffentlichten Notizbüchern Handkes, die parallel zur Niederschrift der ersten Textfassung mit dem Titel "Die Vorzeitformen" von Oktober bis Dezember 1978 in New York entstanden sind. Über das genaue Programm informiert zeitgerecht die Website des Literaturhauses Graz, Anmeldungen zum Workshop sind per Email möglich an: agnes.altziebler [at] uni-graz.at

Danksagung

Bedanken möchten wir uns bei all jenen, die durch ihre Kooperation zum Erfolg der Plattform beigetragen haben: den Kolleginnen und Kollegen an der Österreichischen Nationalbibliothek, am Salzburger Literaturarchiv und am Kärntner Literaturarchiv Klagenfurt, am Deutschen Literaturarchiv Marbach, am Universitätsarchiv Frankfurt, am Schweizerischen Literaturarchiv Bern sowie im Forum Stadtpark Graz; den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hubert Burda Stiftung und in den Verlagen Suhrkamp, Jung und Jung, Carl Hanser und Verlag der Autoren, in den Archiven des Österreichischen, Bayerischen, Hessischen, Norddeutschen und Westdeutschen Rundfunks; in der Wim Wenders Stiftung, der Karl Kübel Stiftung, der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin sowie in den Theaterarchiven (Burgtheater Wien, Wiener Festwochen, Salzburger Festspiele, Landestheater Linz, Schauspielhaus Graz, Österreichisches Theatermuseum Wien, Berliner Ensemble, Schaubühne am Lehniner Platz Berlin, Deutsches Theatermuseum München, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, Oberhausener Theatersammlung, Stadtarchiv und Theaterarchiv Zürich).

Unser Dank gilt auch all jenen, die sich aktiv an der Beschreibung von Materialien und Werkaspekten beteiligt haben (Mathias Arnold, Christoph Bartmann, Silvia Bengesser, Vanessa Hannesschläger, Hildemar Holl und Martin Huber) und allen, die uns Originalbeiträge für die Open Access-Plattform zur Verfügung gestellt haben, namentlich Scott Abbott, Leopold Federmair, Jan Röhnert, Martin Sexl, Georg Schiffleithner und Lothar Struck.

Danken möchten wir darüber hinaus allen, die uns durch eine Einsicht in ihre Privatarchive, durch Materialien, Fotos, Bilder oder Auskünfte bei der Forschung unterstützt haben: Thorsten Ahrend, Zlatko Bocokić, Bernd und Ute Bohmeier, Katrin Brack, Karlheinz Braun, Hubert Burda, Thomas Deichmann, Boštjan Dvořák, Helmut Färber, Raimund Fellinger, Jutta Ferbers, Hermann Gail, Harald Gschwandtner, Fabjan Hafner, Amina Handke, Stefan Hauff-Hartig, Petra-Christina Hardt, Adolf und Gertraud Haslinger, Valentin Hauser, Karl-Ernst Herrmann, Malte Herwig, Brigitte Hofer, Hans Höller, Jochen Jung, Friedhelm C. Maye, Familie Lipuš, Domenika Kaesdorf, Barbara Klemm, Alfred Kolleritsch, Michael Krüger, Claus Peymann, Žarko Radaković, Simon Schmid, Wolfgang Schopf, Sophie Semin, Erik De Smedt, Dominic Srienc, Jürgen Thaler, Marion Viktor, Ruth Walz, Gudrun Weidner, Wim Wenders, Virgil Widrich und Lojze Wieser – ganz besonders aber Hans Widrich.

Nicht zuletzt danken wir dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung für die Finanzierung des Projekts und der Österreichischen Nationalbibliothek für die zur Verfügung gestellten Arbeitsplätze und die Einbindung in das wissenschaftliche Team, Sabine Edith Braun für das Lektorat und Georg Bixa (Bixa Techno Consulting) für die technische Betreuung der Website.

Für Handkeonline wünschen wir uns vor allem das eine: Machen Sie davon weiterhin reichlich Gebrauch!
 

Mit herzlichen Grüßen,

Univ. Prof. Dr. Klaus Kastberger,
Mag. Christoph Kepplinger-Prinz und
Mag. Katharina Pektor