Willkührliche Zierathen? - Die Inschrift von Heilsberg
[Joseph von Hammer-Purgstall:] Die Inschrift von Heilsberg. Weimar 1818. - Jena : gedruckt bey Frommann und Wesselhöft, 1818. Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 309.710-D.Alt-Mag Detailinformation Ein Hinweis seines Schwagers Chr. A. Vulpius weckte 1816 Goethes Interesse an einem rätselhaften, mittelalterlichen Inschriftenstein, der an der Mauer der Kirche von Heilsberg (heute Ortsteil von Remda-Teichel, Thüringen) angebracht war. Über 100 Jahre zuvor hatte Johann Schilter einen Kupferstich der Tafel veröffentlicht und einen Zusammenhang mit Ludwig I. (9. Jh.) vermutet, aber keinen Übersetzungsversuch unternommen. Auf die Vermittlung Metternichs hin nahm sich der österreichische Orientalist und Diplomat Joseph von Hammer-Purgstall mit der für ihn charakteristischen Begeisterungsfähigkeit der Sache an. Goethe war einige Jahre zuvor durch Hammers Übersetzungen persischer Lyrik beeindruckt und zu seinem West-Östlichen Diwan inspiriert worden und traute dem Orientalisten offensichtlich allgemeines Epigraphik-Expertentum zu. So beurteilte er auch die Hammersche Interpretation der Heilsberger Inschrift als „höchst merkwürdig und ebenso wahrscheinlich“ und veranlasste ihre Drucklegung.
Aber schon kurz darauf musste Goethe erkennen, dass Hammers Sachkenntnis auf diesem Gebiet wohl geringer war als seine Begeisterung. Der Jurist und Paläograph Ulrich Friedrich Kopp veröffentlichte eine Kritik zu Hammers Schrift, in der er mit Sarkasmus nicht sparte. Goethe räumte daraufhin ein, daß die „Gründe des Buchstabenmeisters“ überzeugend seien, und bat nun Friedrich Grotefend, den berühmten ersten Entzifferer der Keilschrift, um seine Meinung. Diese fiel etwas milder aus als die Kopps, der Gehalt war aber der gleiche: Die Interpretation Hammers ließ sich leicht entkräften, eine eindeutige Übersetzung konnte aber auch Grotefend nicht anbieten – und bis heute liegt eine solche nicht vor.
Der schöne Jenaer Druck von Hammers Deutung zeigt auf dem Titelblatt die Heilsberger Inschrift, auf Seite 2 ein daraus von Hammer zusammengestelltes „Alphabet“. Zeichen, die Hammer beim besten Willen darin nicht unterbringen konnte, waren für ihn bloß „willkührliche Zierathen“ oder „Unterscheidungszeichen“.
Am Ende der Schrift findet sich die Widmung an Metternich: „… womit ich verharre Euerer Durchlaucht unterthänigster Jos. V. Hammer. Wien, den 7ten April 1817.“
(Der Mausklick auf die Bildausschnitte führt zum Vollbild.)
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