Die Lehre der Sainte-Victoire (Textfassung 1)

Typoskript 1-zeilig, Kopie, 49 Blatt, [04].03.1980 bis 12.04.1980

Druckversion

Das Typoskript der ersten Textfassung von Peter Handkes Erzählung Die Lehre der Sainte-Victoire befindet sich vermutlich in privater Hand und ist nicht öffentlich zugänglich. Werkgenetische Aussagen können daher nur mittels der Kopie aus der Sammlung Peter Handke/Leihgabe Widrich am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek getroffen werden.

Umfang und Paginierung

Das einzeilig und bis an den Seitenrand beschriebene Originaltyposkript umfasst(e) 32 Blatt, wobei Handkes Seitenzählung von 1-30 verlief. Das Titelblatt (Bl. I) und ein Blatt mit einer Kapitelübersicht (Bl. II) sind unpaginiert. Die Kopie des Typoskripts fertigte Peter Handke selbst an und überließ diese seinem Freund Hans Widrich. Dabei wurde die rechts oben befindliche Paginierung weitgehend abgeschnitten. Die Kopien wurden von Hans Widrich mit Bleistift nachpaginiert, auch einzelne Datierungen und unleserliche Randnotizen trug er mit Bleistift nach. 17 Blatt der Kopie kopierte Widrich vor dem Binden erneut, um die Lesbarkeit der linken Seitenränder zu verbessern. Diese »Kopien der Kopie« paginierte er jeweils mit dem Zusatz »a« nach (Bl. 5a, 9a, 11a, 15a, 16a, 17a, 18a, 19a, 20a, 21a, 22a, 24a, 25a, 26a, 27a, 28a). Die doppelt kopierte Seite 30 blieb als Einzige unpaginiert (Bl. I*).

Entstehungszeit und Datierung

Handkes handschriftliche Datumseinträge verlaufen links neben dem Text. Mit diesen kennzeichnete er den täglichen Fortschritt seiner Niederschrift. Einem Eintrag in seinem Notizbuch zufolge begann er am 4. März, was aufgrund der schlechten Lesbarkeit der Kopie nicht bestätigt werden kann: »Ich muß nicht froh sein, ich kann mich freuen (heute "Die Lehre der Ste Victoire" angefangen)« (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 025, S. 4). Handke arbeitete demnach von 4. März bis 12. April an der ersten Fassung. Neben bestimmten Datumsangaben notierte Handke auch das Wetter oder andere Ereignisse wie zum Beispiel: »3.4.80 (Hagel + Schnee)« (Bl. 21) oder »9.4.80. (Schnee, Schulanfang)« (Bl. 27).

Titelblatt, Umschlagbild und Kapitelstruktur

Am Titelblatt (Bl. I) ist eine Kopie der Seite 45 aus jenem Notizbuch aufgeklebt, das Handke zwischen 1. und 18. Dezember 1979 führte (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 023). Darauf ist das Umschlagbild zu sehen, die für das Cover der Erstausgabe verwendet wurde. Es handelt sich um eine am 12. Dezember auf dem »Pas du Berger« angefertigte Kugelschreiberzeichnung der Montagne Sainte-Victoire mit der Beschriftung: »Montagne Ste Victoire [/] Cabanne de Cézanne [/] Le pas du berger / Le pas du berger [/] am 12.12. 15h - 16h«. Beschrieben ist die auf der Zeichnung dargestellte Ansicht der Sainte-Victoire im entsprechenden Notizbucheintrag als »Molasseblöcke: erhabene Mosaike, oben auf den Badland-Mugeln (Mergel, Ton): graublau« (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 023, S. 47). Diese Beschreibung kehrt in stark überarbeiteter Form in der Erzählung wieder, zentral treten dabei die in den Notizen verwendeten Begriffe »Badlands« (DLS 113) und die auf der Zeichnung genannte »Cabanne de Cézanne« (DLS 114) hervor. Der Inhalt auf der Rückseite des herausgerissenen Blattes ist unbekannt, da sich das Originalblatt in Privatbesitz befindet. Jedenfalls ist auf der verborgenen Seite 46 die Datierung mit 13. Dezember zu vermuten, da Handke eineinhalb Seiten danach am 14. Dezember 1979 notierte: »[...] in der Wiederholung bekommt das alles seinen Schwung, wie die Zeichnung beim Nachzeichnen (gestern abend)« (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 023, S. 48). Das Umschlagbild entstand demnach am 13. Dezember 1979 und steht in kontextuellem Bezug zu einzelnen Passagen der Erzählung. Über der Zeichnung ist am Titelblatt handschriftlich der Buchtitel »Die Lehre der Sainte-Victoire« geschrieben, darunter der Untertitel »Erzählung [/] (Langsame Heimkehr, II. Kapitel 2. Teil)«. (Bl. I)

Das zweite unpaginierte Blatt (Bl. II) trägt ebenfalls den handschriftlichen Titel »Die Lehre der Sainte-Victoire [/] Erzählung« (der Untertitel wurde auf der Typoskriptkopie vermutlich von Handke selbst mit violettem Buntstift gestrichen) sowie die darunterstehende Widmung »f. Hermann und Hanne Lenz, [/] als Dank für den Januar 1979«, die sich auf Handkes einmonatigen Gastaufenthalt in München bezieht. Es folgt eine nummerierte Auflistung der Kapitelüberschriften: »1 Der große Bogen [/] 2 Die Anhöhe der Farben [/] 3 die Hochebene des Philosophen [/] 4 Der Sprung des Wolfs [/] 5 Der Maulbeerenweg [/] 6 Das Bild der Bilder [/] 7 Das kalte Feld [/] 8 Die Anhöhe der Kreisel [/] 9 Der große Wald«. Bis auf »Die Anhöhe der Kreisel« (gleich in der ersten Textfassung wird daraus »Der Hügel der Kreisel«, vgl. S. 21) schrieb Handke diese Überschriften auch jeweils auf den linken Blattrand neben den Text der Erzählung (die Kapitel sind noch nicht durch Absätze strukturiert) und behielt diese bis zur Druckfassung bei (Bl. 1, 8, 10, 11, 13, 15, 18, 21 und 25). Auf Blatt II unten schrieb er den Entstehungsvermerk, noch ohne die spätere Ortsangabe »in Salzburg«, von dem er einen Teil mit violettem Buntstift auf der Typoskriptkopie wieder strich: »(geschrieben im Winter und Frühjahr 1980, wird später als 2. Teil des Romans "Langsame Heimkehr" erscheinen)«. (Bl. II)

Schnitte und Klebungen

Soweit anhand der Kopie erkennbar, weist das Typoskript der Erstfassung zumindest zwei Schnitte oder Überklebungen von Textpassagen auf. Seite 4 ist aus zwei Blättern zusammengeklebt, der Übergang ist durch einen größeren Abstand im Satz »(Doch obwohl ich sie dafür verehre, weiss [sic!] ich nichts mehr von einer [//] Liebe.)« (Bl. 4) erkennbar. Der Textverlauf und die in der Kopie erkennbaren Seitenränder legen nahe, dass hier die oberen zwei Drittel des Texts neu getippt und das verbliebene untere Drittel des weggeworfenen Blattes (datiert mit »12.3.«) auf das neue Blatt geklebt wurden. Auch auf Seite 7 klebte Handke einen schmalen Streifen mit elf Zeilen (datiert mit »18.3.80.«) über den Text am unteren Seitenrand, der Übergang an der Klebestelle befindet sich im Text im Satz »Die [//] namenlosen Landleute der Provence des 19. Jahrhunderts sind die Helden der Porträts [...]« (Bl. 7).

Beigelegte Polaroids

Der gebundenen Typoskriptkopie sind zwei Polaroidfotos beigelegt, die zu einer Serie ähnlicher Bilder im Fotobestand der Leihgabe Widrich/Sammlung Peter Handke passen. Das erste Foto zeigt Peter Handke vor dem von ihm bewohnten Haus auf dem Salzburger Mönchsberg. Auf der Rückseite enthält es eine eigenhändige Beschriftung mit Kugelschreiber: »3. April 1980 [/] Die Lehre der Sainte-Victoire (S. 21)« (Bl. 21/21a). Es ist am Beginn des Kapitels »Der Hügel der Kreisel« eingelegt, der mit »3.4.80« datiert ist. Das zweite Foto ist ein Selbstporträt Handkes, dessen Beschriftung auf der Rückseite lautet: »12. April 1980 [/] Ste Victoire beendet (12h)«. Es ist am Ende der Typoskriptkopie, zwischen den Seiten 29 und 30, beigelegt.

Streichungen, Korrekturen und Ergänzungen

Peter Handke nahm nach dem Tippen der ersten Fassung von Die Lehre der Sainte-Victoire starke Eingriffe in den Text vor. Das Typoskript weist eine Fülle an Übertippungen, Durchstreichungen, hand- oder maschinschriftlichen Einfügungen zwischen den Zeilen oder handschriftlichen Textergänzungen oder -änderungen an den Seitenrändern auf, die hier im Detail entweder nicht vollständig wiedergegeben werden können oder in der Kopie nicht lesbar sind. Einzig der in den Text übertragene »Mantelbrief« von Domenika Kaesdorf sticht als korrekturloser Abschnitt im Typoskript hervor (Bl. 25). Auf Seite 1 ergänzte Handke handschriftlich den Anfangssatz der Erzählung, der im Typoskript ursprünglich nicht enthalten war: »Bei meiner Rückkehr in Europa brauchte ich die tägliche Schrift und las vieles neu.« Auffällig ist, dass Handke die Erzählung anfangs noch sehr stark als Fortsetzung von Langsame Heimkehr begriff und entsprechende Hinweise darauf erst nach und nach wieder strich, so zum Beispiel auf der ersten Seite den Zusatz: »[Langsame Heimkehr, 7. Kapitel]«. Auch den Schlusssatz der Erzählung änderte Handke noch in der Erstfassung auf die in späteren Fassungen beibehaltene Variante, indem er den ursprünglich letzten Satz strich: »[...]; zurück zu Goldglanz und Faltenwurf. (Zuhause das Augenpaar?) Diese Geschichte ist wahr. haltet euch daran.« (kp/ck)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorlage): 

Die Lehre der Sainte-Victoire [/] Erzählung [/] (Langsame Heimkehr, II. Kapitel 2. Teil.) [Bl. I]

Entstehungsdatum (laut Vorlage):  {x.3.}80. [Bl. 1]; {x.3.}80. [Bl. 1]; {x.3.}80. [Bl. 2]; {x.3.}80. [Bl. 2]; 3.{80.} [Bl. 3]; 12.3. [Bl. 4]; 13.3.80 [Bl. 5, 5a]; 14.3.80 [Bl. 5, 5a]; {15.}3.80. [Bl. 6]; 16.3.80. [Bl. 6]; 17.3.80. [Bl. 7]; 18.3.80. [Bl. 7]; {1}9. 3.80. [Bl. 8]; 20.3.80 [Bl. 9]; 21.3.80. (Schnee) [Bl. 9, 9a]; {22.}3.80. [Bl. 10]; 23.3.80. [Bl. 11, 11a]; 24.3.80. [Bl. 11, 11a]; 25.3.80. [Bl. 12]; 26.3.80. [Bl. 13]; 27.3.80. [Bl. 14]; 28.3.80. [Bl. 15a, 15]; 29.3.80. [Bl. 16, 16a]; 30.3.80 [Bl. 17, 17a]; 31.3.1980 [Bl. 18. 18a]; 1.4.80. [Bl. 18. 18a]; 1.4.80. [Bl. 18. 18a]; 2.4.80. [Bl. 20; 20a]; 3.4.80 (Hagel + Schnee) [Bl. 21, 21a]; 4.4.80. (Schneesturm) [Bl. 22; 22a]; 5.4.80 (Schnee) [Bl. 23]; 6.4.80. (Ostersonntag, Schnee) [Bl. 24, 24a], 7.4.80 (Nebel und Schnee) [Bl. 25, 25a]; 8.4.80. [Bl. 26, 26a]; 9.4.80. (Schnee, Schulanfang) [Bl. 27, 27a]; 10.4.80. (Morgenschnee, Dunkelheit) [Bl. 28, 28a]; 11.4.80 Regen Schnee [Bl. 28, 28a]; 12.4.80. Sonnentag [Bl. 30, I*]; 12. April 1980 [Bl. 30, I*]
Datum normiert:  [04].03.1980 bis 12.04.1980
Entstehungsorte (ermittelt):  Salzburg

Materialart und Besitz

Besitz:  Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Art, Umfang, Anzahl: 

Typoskript 1-zeilig, kopiert und gebunden, 49 Blatt, I-II, pag. 1-4 (P.H.), 5, 5a, 6 (P.H.), 7, 8 (P.H.), 9, 9.a, 10-11 (P.H.), 11a, 12, 13, 14 (P.H.), 15a, 15, 16, 16a, 17, 17a, 18, 18a, 19, 19a, 20, 20a, 21, 21a, 22, 22a, 23, 23a, 24, 24a, 25, 25a (halb P.H.), 26, 26a (halb P.H.), 27, 27a (halb P.H.), 28, 28a (halb P.H.), 29 (P.H.), 30 (P.H.), I* [=30a]; die Pag. wurde bis auf die markierten Seiten von Hans Widrich mit Bleistift nachgetragen, mit »a« gekennzeichnete Seiten sind doppelt kopierte Blätter; mit eh. Korrekturen; der gebundenen Kopie liegen 2 Polaroidfotos bei, datiert mit 3. und 12. April 1980 (Bl. 21a u. 30)

Format:  A4
Schreibstoff:  Kopierstift (violett), Bleistift