1368 | Der mittelalterliche Schatz
Die Anfänge der kaiserlichen Bibliothek, der Vorgängerin der heutigen Nationalbibliothek führen zurück ins europäische Mittelalter.
In den Schatzkammern der weltlichen Regenten lagen neben Juwelen, Kleinodien und allerlei Kuriositäten auch die wertvollsten Bücher, die man ererbt oder eigens in Auftrag gegeben hatte. All diese Kostbarkeiten besaßen nicht nur einen hohen materiellen, sondern vor allem einen symbolischen und sakralen Wert. So nimmt es nicht Wunder, dass die Schatzkammern des Mittelalters sich an heiligen Orten befanden.
Auch in der Wiener Herzogsburg bargen zwei Sakristeien, die sich im südlichen Eckturm der Burgkapelle befanden, den Schatz Herzog Albrecht III. (1349 od. 50-1395). Der Herzog war ein großer Kunstkenner, er förderte die Wiener Universität, gründete eine Hofminiatorenwerkstätte und veranlaßte die Übersetzung von lateinischen Werken in die Landessprache. Aus seinem Besitz verwahrt die Österreichische Nationalbibliothek das älteste für die Bibliothek nachweisbare Buch: im Jahre 1368 verfaßte der Brünner Kanonikus und Pfarrer zu Landskron, Johannes von Troppau für ihn ein Evangeliar, in Goldlettern geschrieben und wunderbar illuminiert in der Formensprache der böhmischen Buchmalerei. Vier Wappen auf den Darstellungen von Szenen aus dem Leben der vier Evangelisten zeigen das Haus Österreich, die Steiermark, Tirol und Kärnten, die Länder in denen Albrecht III. zu dieser Zeit regierte.