AutorInnen ÜbersetzerInnen Gestaltung
Titel das silberboot
Erscheinungszeitraum 1935-1936, 1946-1952
Kurzbeschreibung Mitten im Ständestaat veröffentlichte Ernst Schönwiese im ersten Jahrgang seiner Zeitschrift „das silberboot“ jene Literatur, die unerwünscht und in Deutschland bereits verboten war. Als er 1946 „das silberboot“ fortsetzte, erfüllte die Zeitschrift vor allem die Funktion des Brückenschlags, indem sie Autoren wie Franz Kafka, Hermann Broch, Robert Musil und Georg Trakl wieder in Erinnerung rief. Ebenso wies Schönwiese mit seinen Abdrucken von Texten von Felix Grafe, Alfred Grünwald und Alma Johanna Koenig auf jene hin, die die Nationalsozialisten getötet hatten. Für Exilautoren wie Elias Canetti, Theodor Kramer, Friedrich Torberg, Johannes Urzidil und Ernst Waldinger bot „das silberboot“ eine der wenigen Veröffentlichungsmöglichkeiten. Die Förderung von jungen Schriftsteller(inne)n unterblieb allerdings, ebenso wie Beiträge zu aktuellen kulturpolitischen Fragen. Immerhin konnte die jüngere Generation hier erstmals auch mit den Namen von internationalen Autoren wie William Faulkner, James Joyce und Sinclair Lewis bekannt werden. Trotz der Querfinanzierung durch die im „silberboot“-Verlag erscheinenden Titel, die teilweise reine Unterhaltungsliteratur waren, kam die Zeitschrift immer seltener heraus und erschien 1952 mit einer letzten Nummer. Ernst Schönwieses Tätigkeit im öffentlichen Rundfunk sowie seine einflussreiche Stellung im P.E.N.-Club ermöglichten ihm aber auch weiterhin die Förderung der österreichischen Moderne der Zwischenkriegszeit.
Untertitel Zeitschrift für Literatur
Herausgeber Ernst Schönwiese
Redakteure Ernst Schönwiese
Ort: Verlag Salzburg: „das silberboot“
AutorInnen Bertolt Brecht, Hermann Broch, Elias Canetti, Alma Johanna Koenig, Thomas Mann, Ernst Schönwiese [mehr ...]
ÜbersetzerInnen Otto Basil, Heinz Politzer, Werner Riemerschmid [mehr ...]
Redaktionssitz II.1-6: Rainerstraße 19-23, Salzburg
II.7-III: Gänsbrunnstraße 10, Salzburg-Aigen
IV-V.3: Reichenhaller Straße 10a, Salzburg
Erscheinungsverlauf 1935: I.1
1936: I.2-5
1946: II.1-9
1947: III.1-8
1948: IV.1-2
1950: IV.3
1951: V.1, 2
1952: V.28 = 3
Erscheinungsweise „Ab 1946 sollte die Zeitschrift monatlich erscheinen, mit dem dritten Heft des Jahrgangs 1947 waren „etwa 10 Hefte im Jahr“ geplant, mit dem zweiten Heft des vierten Jahrganges (1948/50) „etwa acht Hefte im Jahr“. Im vorletzten Heft (1951/52) wurde eine „zwanglose Folge“ angekündigt, im letzten eine „völlig zwanglose Folge“. (Weyrer S. 81f)
Druck II.1-IV.2: R. Kiesel, Salzburg; Elbemühl, Wien IX
IV.3-V.3: Oberösterreichischer Landesverlag Ried im Innkreis
Vertrieb / Verkauf Freier Verkauf und Abonnement. Durch österreichische und deutsche Auslieferfirma vertreten. Privat weltweit verschickt.
Auflage 1000-3000 nach Schätzungen von Weyrer (1984) S.73
Format
Umfang Ca. 56 Seiten
Preis II.1-III.3: Einzelheft ö. S 2.- / RM 2.- / Schw. Fr. 2.-
III.4-IV.2: ö.S. 3.- / RM 3.- / Schw. Fr. 2.-
IV.3-V.3: ö. S 8.- / DM 1,80
Vorgänger Der erste Jahrgang erschien von Oktober 1935 bis Dezember 1936 in 5 Heften
Beiträger waren: Hermann Broch, Robert Musil [mehr ...]
Sonder- und Begleitpublikationen Verlag „Das Silberboot“: Kleinbuchreihe im Klein-Oktav-Format, „Silberboot-Almanach auf das Jahr 1946“ und mehrere belletristische Bücher (von z.B. Arthur Heinz Lehmann, Georg Rendl, Ernst Lothar, Herbert Burgmüller, Rudolf Wahl, Hermann Grab, Herbert Schlüter, Robert Nathan, Alois Grasmayr, Paul de Kruif, Wolfgang Cordan)
Inhaltliche Schwerpunkte Literatur
Rubriken Keine durchgehend:
„Ältere deutsche Dichtung“
„Marginalien zur Literatur“ von Franz Blei
„Zur Ästhetik des modernen Romans“ von Herbert Burgmüller
Gattungen Gedichte, Erzählungen, Romanauszüge, Aphorismen, Essay, Rezension, Briefe, Tagebuchnotizen, Erinnerungen und Dramenszenen
Registernachweise Registernachweise existieren für den 2. Jahrgang (1. Halbjahresband: März – Juli 1946; 2. Halbjahresband: August – Weihnachten 1946) und den 3. Jahrgang (1947, Heft 1-8)
Weyrer (1984) Inhaltsverzeichnis enthält zusätzlich die Nennungen von Autoren in Artikeln oder Buchrezensionen, Inhaltsverzeichnisse scannen
Programmatische Äußerungen „Zum zweiten Jahrgang nach mehr als acht Jahren. Das erste Heft der Zeitschrift „Das Silberboot“ erschien im Oktober 1935. Es war die Zeit der Bücherverbrennungen in Deutschland und der sich immer mehr steigernden und überbietenden Kulturbarbareien auch auf literarischem Gebiet, die Zeit, da viele der bedeutendsten Vertreter echten Dichtertums und wahrer deutscher Geistigkeit das Land verließen, und der dort zur Macht gelangte Ungeist den ersten Stacheldraht um Deutschland zog. Die Stimme der freien, humanen Geister sollte verstummen und nicht mehr zu denen dringen, die zurückbleiben mußten.
„Das Silberboot“, in solcher Zeit erschienen, wollte ein überparteiliches Forum antinationalsozialistischer Dichter sein. Es wollte mithelfen, daß ihre Stimme gehört, und zwar gerade von denen weiter vernommen würde, denen man sie vor allen Dingen vorenthalten wollte, von denen, die hinter der Stacheldrahtabsperrung leben mußten.
Mit Hilfe gleichgesinnter Freunde war es – trotz größter Schwierigkeiten und Schikanen – gelungen, bis in das Jahr 1937 hinein, diese Aufgabe zu erfüllen.
Heute, nahezu neun Jahre nach dem Versand des letzten Heftes, kann „Das Silberboot“ seinen zweiten Jahrgang beginnen. Wie damals will es auch heute der echten Dichtung und der wahren humanen Geistigkeit dienen. Entsprechend seinem rein literarisch-künstlerischen Charakter will es, unabhängig von allen Sonderinteressen, alle wahrhaft dichterischen Kräfte des in- und ausländischen Schrifttums zu Wort kommen lassen und die zwischen Dichtung und Leserschaft so brutal zerrissenen Fäden wieder anknüpfen. Dabei sollen, getreu der von Goethe so gerühmten Aufgeschlossenheit für fremdsprachiges Schrifttum, Dichtungen aller Kulturvölker, insbesondere aber die dem deutschen Leser seit Jahren vorenthaltenen Dichtungen der amerikanischen, englischen, französischen und russischen Literatur wieder nahegebracht werden.
Zwei der Hauptmitarbeiter der Zeitschrift sind in der Emigration gestorben: Robert Musil in Genf und Franz Blei in New York. Ihrer sei am Beginn des neuen Jahrgangs in Treue und Verehrung gedacht.
Viele andere Mitarbeiter des „Silberbootes“, wie Felix Braun, Hermann Broch, Franz Theodor Csokor, Theodor Kramer, Heinz Politzer, Johannes Urzidil, Berthold Viertel, Ernst Waldinger, leben heute ferne der Stätten ihres früheren Wirkens. Ihnen vor allen gilt dieser erste Gruß!
Die alten Mitarbeiter und die neuen, die sich inzwischen eingefunden haben oder noch einfinden werden, die außer Landes gegangenen und die zurückgebliebenen, sie alle verbindet heute wie damals Abscheu und Haß gegen jede Art der Barbarei im Leben wie in der Dichtung, und der leidenschaftliche Wille, mitzuhelfen an der Wiedererweckung echten Menschentums und einer sich immer wieder erneuernden, wahrhaft humanen Religiosität. Ihr – soweit sie im dichterischen Wort Gestalt wird – wollen diese Hefte dienen.
Der Herausgeber.“ II.1, S. [1]
Gestaltung Schriftbild Titelseite von Georg Spiro Beispiele
Standorte (Auswahl) ÖNB komplett (644243-B. NEU Per), Brenner-Archiv (Universität Innsbruck) komplett, Wiener Stadtbibliothek komplett
Literatur DLZ S. 682-684.
Karl Jordak: Erinnerung an ein Rarissimum Austriacum. In: Die Furche vom 16. Juni 1973, S. 11
Edith B. Michaeler: Auslandsorientierungen in den österreichischen Kulturzeitschriften. Plan - das Silberboot - der Turm, 1945-1948. Wien: Dipl.-Arb. 2004.
Ingrid Pfeiffer: Scheideweg der Worte. Literatur in österreichischen Zeitschriften 1945-1948. Wien: Ed. Steinbauer 2006. 108 – 129.
Evelyne Polt-Heinzl, Ursula Seeber: Kostbare poetische Fracht. Zum 100. Geburtstag des Schriftstellers und Publizisten Ernst Schönwiese. IN: Wiener Zeitung vom 7.1.2005.
Roman Roček: Der Reisende im Silberboot. Auskunft über Ernst Schönwiese. In: Pannonia 13 (1985), H.1, S. 21f.
Wendelin Schmidt-Dengler: Bruchlinien. Vorlesungen zur österreichischen Literatur 1945-1990. Salzburg, Wien: Residenz 1995. 49f.
Joseph P. Strelka (Hrsg.): Ernst Schönwiese. Sein geistiges Profil und seine literarische Bedeutung. Bern, Frankfurt am Main, New York: Peter Lang 1986. S. 197-225
Joseph P. Strelka: Ernst Schönwiese und Erika Mitterer. In: Der literarische Zaunkönig (2005), H.1, S. 20f. (auch: www.erika-mitterer.org/dokumente/ZK2005-1/strelka_1_2005.pdf [Stand: Februar 2010])
Joseph P. Strelka: Ernst Schönwiese. Werk und Leben. Frankfurt am Main: Peter Lang. Europäischer Verlag der Wissenschaften 2005 (= New Yorker Beiträge zur Literaturwissenschaft. Band 6)
Elisabeth Weber: Österreichische Kulturzeitschriften der Nachkriegszeit 1945-1950. Frankfurt / Main, Bern, New York, Paris: Lang 1988 (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 1. Bd. 943). S. 58 – 69.
Ursula Weyrer: „Das Silberboot“. Eine österreichische Literaturzeitschrift (1935-36, 1946-52). Innsbruck: AMŒ 1984 (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe 22) [zugl.: Diss. Innsbruck 1983].
Ursula Weyrer: Der Förderer zeitgenössischer Dichtung. In: Ursula Weyrer: Ein Stück Welt nach Wien geholt. In: Die Presse vom 5./6. Januar 1985
Rüdiger Wischenbart: Literarischer Wiederaufbau in Österreich 1945-1949. Am Beispiel von sieben literarischen und kulturpolitischen Zeitschriften. Königstein: Hain 1983 (= Literatur in der Geschichte. Geschichte in der Literatur. Bd. 9). S. 30 – 35.
Eleonore Zlabinger: Literarische Zeitschriften in Österreich 1945-1964. Innsbruck: Hausarbeit 1965, S. 56-59.

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