85 Jahre allgemeines Frauenwahlrecht in Österreich |
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Frauen im Parlament |
Therese Schlesinger Therese Schlesinger wurde 1863 als Tochter des liberalen jüdischen Papierfabrikanten und Erfinders Albert Eckstein geboren. Die Eltern erzogen ihre Kinder zu Selbständigkeit und freiem Denken. So wurde Thereses Bruder Gustav Journalist, Friedrich Universalgelehrter und ihre Schwester Emma eine frühe Feministin. Nach dem frühen Tod des Vaters übernahm ihre Mutter Amalie die Leitung der Fabrik und versuchte das Los der Fabrikarbeiter zu mildern. Die junge Therese bekam so Einblick in die soziale Situation der ArbeiterInnen und lernte gleichzeitig, dass Frauen ebenso gut wie Männer Aufgaben im öffentlichen Leben übernehmen konnten. Die Kinder der Familie bekamen eine gute Ausbildung. Als eine von wenigen Frauen besuchte Therese Eckstein Vorlesungen an der Wiener Universität und heiratete 1888 den Bankbeamten Viktor Schlesinger. Die Gleichberechtigung der Frau war ihr ein wichtiges Anliegen. So schloss sie sich dem harten Kern der radikalen bürgerlichen Frauenbewegung, dem "Allgemeinen Österreichischen Frauenverein", an und wurde bald in den Vorstand gewählt. Neben der Gleichberechtigung war ihr auch die Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiterinnen wichtig. Im Zuge einer Enquete „Zur Lage der Wiener Arbeiterinnen“ lernte sie 1896 die Sozialistinnen Adelheid Popp und Anna Boschek kennen. Im folgenden Jahr trat sie der Sozialdemokratischen Partei bei, engagierte sich in der Frauensektion der Gewerkschaft der Buchbinder und war eine der führenden Persönlichkeiten im Buchbinderstreik von 1898. Die Anliegen der Frauen vertrat sie in den kommenden Jahren bei zahlreichen Veranstaltungen, trug vieles zur Gründung des "Vereins sozialdemokratischer Frauen und Mädchen" bei und setzte sich vehement für das Frauenwahlrecht ein. Weitere Themen, die ihr am Herzen lagen, waren die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium, Mutter- und Kinderschutz, die soziale Akzeptanz der Hauswirtschaft und sozialpsychologische Probleme. Bildung und politische Mitbestimmung bildeten für sie die Grundlage für ein gleichberechtigtes Miteinander von Frauen und Männern. Den Ersten Weltkrieg lehnte die überzeugte Pazifistin ab. 1919 wurde sie Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung, in den folgenden Jahren Abgeordnete zum National- später zum Bundesrat. Auch in dieser Zeit trug sie durch ihre Schriften zur Bewusstseinsbildung der Gesellschaft der Ersten Republik bei. In ihren Publikationen rief sie zum Kampf gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Benachteiligung der Arbeiterschaft auf, wehrte sich gegen die Ungerechtigkeit, die den Frauen der damaligen Zeit in allen Bereichen widerfuhr, und setzte sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter ein. 1926 verfasste sie den die Frauenfragen betreffenden Teil des „Linzer Programmes“, des neu formulierten Parteiprogramms der Sozialdemokraten. 1933 zog sie sich 70jährig ins Privatleben zurück, musste jedoch nach dem Anschluss 1938 wegen ihrer jüdischen Herkunft nach Frankreich fliehen, wo sie 1940 starb. |