Konvolut aus Beiblättern (zu Textfassung 1)

Bleistiftmanuskript, 14 Blatt, 09.10.1996 bis 30.10.1996

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Während der Niederschrift seiner ersten Fassung von In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus notierte Peter Handke Entwürfe, Stichworte und Skizzen für den jeweiligen Schreibtag auf sogenannten »Beiblättern«. Erhalten ist ein 14 Blatt umfassendes Konvolut auf Papier unterschiedlichen Typs und Formats (zwei Blätter sind je circa einen Zentimeter höher als das DIN-A4-Format). Das Blatt vom 20. Oktober (Bl. 5) enthält auf der Rückseite ein Fragment des Druckfahnentexts von Noch einmal für Thukydides (S. 28 und 29). Pro Schreibtag verwendete Handke ein Blatt für seine »Nebennotizen«. Die Blätter sind datiert, aber unpaginiert und auch unfoliert; die folgenden Blattangaben dienen neben der Datumsangabe lediglich der rascheren Orientierung. Das erste Blatt dieses Konvoluts entstand am 9. Oktober 1996 noch im spanischen Cuenca (Bl. 1), Blatt 2 und 3 vom 17. und 18. Oktober schrieb er nach seiner Rückkehr in Chaville. Auf den übrigen Blättern sind keine Ortsbezeichnungen eingetragen. Eine zweite Schreibunterbrechung gab es vom 12. bis 15. Oktober. Zu einzelnen Schreibtagen sind ebenfalls keine entsprechenden Beiblätter vorhanden: vom 10. und 16. Oktober, vom 23. Oktober und vom 27. Oktober.

Mithilfe der Beiblätter entwarf Handke den Rahmen des nachfolgend ausformulierten Erzählabschnittes, dazu zählen etwa Figuren, Schauplätze oder markante Handlungsereignisse. Mithilfe der räumlichen Anordnung auf dem Blatt gruppiert er die zusammengehörigen Notizen oder stellt Zusammenhänge durch Verbindungspfeile her. Markante Begriffe sind durch Unterstreichungen hervorgehoben. Ein durchgehendes Element sind weiters verschiedene horizontale und vertikale Zahlenreihen, bei denen es sich um Abfolgen von Notizen einerseits und um die Addition von Zeilenzählungen andererseits handeln könnte.

Das erste Beiblatt vom 9. Oktober (Bl. 1) enthält etwa Notizen, die er am 9. und 10. verarbeitete, es ist überschrieben mit: »Festkönigin wird verhaftet«, dem Ereignis, das eine Art Schlusspunkt der Sequenz ergibt: »Dort sind gerade ein paar Polizisten aufgetaucht. Und diese haben die kleine Königin dann vor den Augen von uns allen festgenommen.« (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 58) Die Stichworte »Lepra« und »Irre« baute Handke zu dem Auftritt eines Figurenpaars aus: »Ein alterer Mann, der Lepra zu haben schien« und »neben ihm in dem Lichtstrahl eine uralte Wahnsinnige« (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 54). Der Satz »So kamen sie bis ans Ende der Straße« ist wörtlich übernommen (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 55) und leitet sowohl am Beiblatt wie auch im Bleistiftmanuskript die Beschreibung eines Messbesuchs ein. Die Anordnung der Notizen entspricht mit kleineren Verschiebungen der Abfolge der Erzählung.

Das Blatt vom 17. Oktober (Bl. 2) enthält wieder zahlreiche Stichworte, die am selben Tag in der Erzählung verwendet wurden, etwa »Straße gepflastert« als »das Fortsetzen der Pflasterung«, »Und so ... [/] Arbeiten nur als [/] Probieren [/] Spiel [/] So fing es an [/] Perspektivenänderung beim Arbeiten« wurde zur Vorlage für den Satz »Und in ähnlicher Weise fingen die drei dann auch tatsächlich an. Einer der Pflasterer [...] warf ihnen wie im Spiel von weitem eine Drahtbürste vor die Füße [...] zuerst ebenso bloß wie im Spiel oder zur Probe [...]« (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 65). Dass die Figur des Sportlers in der Erzählung mit dem Vornamen genannt wird, geht ebenso auf eine Notiz dieses Beiblattes zurück: »Sportler {x [Steno]} anderen Namen bekommen, {x [Steno]} haupt Namen!« Die Entsprechungen zwischen Notizen und ausgearbeitetem Text der Erzählung setzen sich in dieser Weise auf den Beiblättern bis zum 30. Oktober fort.

Auffallend auf den Beiblättern sind die von Handke ebenso notierten Zahlenreihen, bei denen es sich einerseits um die Abfolgen von Erzählsequenzen in den vorformulierten Notizen (zu denen es keine Belege gibt), andererseits um Additionen von Zeilenzählungen handeln dürfte. Am Beiblatt vom 18. Oktober (Bl. 3) kommentiert er eine solche Zählung mit der Beifügung »("Rekord"!)«.

Die Beschreibung eines »Niemandslandzwickel[s] zwischen Straße und Arena-Krümmung« (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 77) entwarf Handke anhand einer schematischen Zeichnung am Beiblatt des 21. Oktober [Bl. 6]. Drei Punkte markieren darauf die Positionen der dort stehenden Personen: »Auf diesem Vorstreifen [...] standen seine zwei Gefährten zusammen mit einem jungen Mann« (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 77). Auf einem zweiten, demselben Datum zuzurechnenden Blatt kommentiert er neben einer Zählung (des Zeilenpensums?): »96 (genügt, ermattet[)]« (Bl. 7).

Das Blatt vom 24. Oktober (Bl. 9) leitet die »Nachtwanderung« des Protagonisten mit der ersten Zeile »keine Rückkehr, {x [Steno]} weiter« ein. Der daran anschließende Weg durch die »Steppe« ist auf dem Beiblatt vom 25. Oktober [Bl. 10] entworfen, wobei die zahlreichen Notizen zur Beschreibung von Pilzen überwiegen. Diesen für seine Arbeitsweise ungewöhnlich langen Schreibtag beendete Handke um »18h 45« mit dem Kommentar: »201! (zu voll?«. Eine ebenso späte Uhrzeit hielt er am 26. Oktober fest: »18h 50« (Bl. 11), ein Beiblatt zum 27. Oktober fehlt. Mit der »Perspektive i[m] Busbahnhof!« leitete Handke den Erzählabschnitt vom 28. Oktober ein (Bl. 12), angesichts der täglich ausgedehnteren Schreibarbeit schien sich das Ende der Arbeit für ihn bereits abzuzeichnen, wenn er neben der Zeilenzählung anmerkt: »115 (noch 2\-3?/ Tage?)«. Das Beiblatt vom »29.10.1996« enthält die Notiz: »~18h30 / vorletzter Tag?« (Bl. 13). Und am letzten Schreibtag, dem 30. Oktober 1996, entstand anhand des nur halb beschriebenen Beiblatts (Bl. 14) der Epilog im außerordentlichen Umfang von acht Seiten. Notierte Handke auf dem Beiblatt noch die Uhrzeit »15h 40«, so schloss er das Bleistiftmanuskript um »19h 06« ab (AHL, Bestand: Handke, Peter, Textfassung 1, Bl. 111); ein Umstand, der mit der nochmaligen Korrektur des Schlusses zusammenhängen könnte (vgl. Abfallblatt ÖLA 326/W79/6). (ck)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Entstehungsdatum (laut Vorlage):  9.10.96 [Bl. 1]; 17.10.96 [Bl. 2]; 18.Okt. 96 [Bl. 3]; 19.10.96 [Bl. 4]; 20.10.96 [Bl. 5]; 21.10.96 [Bl. 6]; 22.10.96 [Bl. 8]; 24.10.1996 [Bl. 9]; 25.10.96 [Bl. 10]; 26.10.1996 [Bl. 11]; 28.10.96 [Bl. 12]; 29.10.1996 [Bl. 13]; 30.10.96 [Bl. 14]
Datum normiert:  09.10.1996 bis 30.10.1996
Entstehungsorte (laut Vorlage): 

Cuenca [Bl. 1]; Chaville [Bl. 2]; Chav.[ille] [Bl. 3]

Materialart und Besitz

Besitz:  Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Art, Umfang, Anzahl: 

Konvolut aus Beiblättern, 14 Blatt., unpag., mit eh. Notizen

Format:  A4
Schreibstoff:  Bleistift

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

Schematische Zeichnung einer Stierkampfarena [Bl. 6]