Fotos zur Autobahnbaustelle in "Über die Dörfer"

Für seine Recherchen zum Theaterstück Über die Dörfer besuchte Peter Handke am 22. und 23. April 1980 seinen Bruder Hans an dessen Arbeitsstelle am Los 30 der Autobahnbaustelle Oberkärnten bei Krems. Seine Eindrücke und Beobachtungen hielt Handke dabei nicht nur schriftlich im Notizbuch fest (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 025), sondern auch mit seiner Polaroidkamera. Eine ganze Serie solcher fotografischer Baustellennotizen hat sich im Konvolut der Werkmaterialien zum Theaterstück erhalten. Die Fotos zeigen die betonierte Fahrbahntrasse, Arbeiter mit blauen Anzügen und gelben Helmen, ihre Gerätschaften (Betonmischmaschinen, Scheibtruhen, Kreissägen, Eisenstangen und Leitern), die vom Vorbeifahren der Autos und Lastwägen in Staub gehüllte Straße, die hölzerne Arbeiterbaracke mit grünem Blechdach und grünen Fensterläden, die saalartige Arbeiterkantine mit einfachen Biertischen darin sowie eine Wohnsiedlung mit ländlichem Supermarkt und einer Kirche in der Nähe der Baustelle in Eisentratten im Liesertal oder in Pflüglhof. Die Polaroids wurden von Handke größtenteils auf der Rückseite beschriftet, sodass eine zeitliche und räumliche Zuordnung der Motive gesichert ist. Solche Beschriftungen lauten etwa: »22.4.1980 Pflüglhof« (S1/382), »22.4.80 L30« (S1/383), »23.4.1980 am Morgen«, »23. April 1980 Kantine/Eisentratten« oder »23. April 1980 (Liesertal)« (W54/1).

Die Polaroids könnte sich Handke für die Arbeit am Stück vor oder neben seinem Schreibtisch aufgehängt haben, denn sie wurden von ihm auf der Rückseite mit kleinen Klebestreifen versehen. Er bezieht sich jedenfalls bei der Beschreibung des ersten Schauplatzes auf diese Bildmotive. Als Gregor nach seinem Weg »über die Dörfer« zur Baustelle kommt, berichtet er der Verwalterin: »Schon am Taleingang wehten die Staubschwaden von den verschiedenen Baustellen. Das Wasser des Flusses war davon lehmig. Hinter jeder Ortstafel stand eine weit größere Tafel mit der Nummer des jeweiligen Bauloses. Aber ich nahm dann den Höhenweg zwischen den Obstgärten. Die Staubwolken trieben am Gegenhang, die Lastwagenkolonnen wirbelten zusätzlichen Sand auf, das Licht wurde dabei manchmal schwefelig, es wurde mit der Zeit das Richtige, es griff aus der Ferne über als eine Art Schönheit.« (ÜDa 24) Die Arbeiter, die nach der Arbeit in die Baracke eintreten, »sind in verschiedenartiges, mehr oder weniger verwaschenes Blau gekleidet. Gelbe Schutzhelme, die sie sich gerade abnehmen.« (ÜDa 29) (kp)

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