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ISSN: 1680-8975 PURL: http://purl.org/sichtungen/ |
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H. G. Adlers Schriften
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Sichtungen 2 (1999),
S. 276-280 http://purl.org/sichtungen/hocheneder-f-1a.html http://purl.org/sichtungen/hocheneder-f-1a.xml 2001-12-29 http://purl.org/sichtungen/hocheneder-f-1 http://purl.org/sichtungen/hocheneder-f-1a.rdf |
[2/ S. 276:] Als H. G. Adler 1970 seinen »Nachruf bei Lebzeiten«[1] schrieb, war er ein gefeierter Wissenschaftler im 60. Lebensjahr, von dem auch sechs literarische Bücher vorlagen, vier Sammlungen mit Kurzprosa - »Unser Georg« (1961), »Der Fürst des Segens« (1964), »Sodoms Untergang« (1965) und »Ereignisse« (1969) - sowie zwei längere Prosawerke, [2/ S. 277:] »Eine Reise« (1962) und »Panorama« (1968). 1969 erhielt er für den Roman »Panorama«, den er in einer ersten Version 1948 geschrieben hatte, den Charles-Veillon-Preis. In einem Gespräch sagte er im Zusammenhang mit der Preisverleihung: »Seit Jahrzehnten schreibe ich und versuche, was ich schreibe, zu publizieren. Mein Werk und ich sind praktisch unbeachtet geblieben. Meine Schubladen sind voller ungedruckter Manuskripte.«[2] Doch trotz des Literaturpreises und trotz guter Besprechungen durch einige der bedeutendsten Autoren seiner Zeit, besonders für die »Reise«,[3] blieb Adler der Erfolg als literarischer Autor versagt. Denn auch nach dem Erscheinen von drei Gedichtbänden, die zum Teil ältere Lyrik enthielten, »Viele Jahreszeiten« (1975), »Blicke. Gedichte 1947-1951« (1979) und »Stimme und Zuruf« (1980), mußte Adler kurz vor seinem Tod über seine literarische Karriere resümieren: »›Durch Unbekanntheit bin ich ziemlich berühmt‹«.[4] Nach »Panorama« dauerte es wiederum volle 20 Jahre, bis die »Hausordnung« 1988 als nächster großer Prosatext erschien. Die Veröffentlichung von seinem »epische[n] Hauptwerk«[5] »Die unsichtbare Wand« (1989) erlebte Adler nicht mehr. Er starb am 21. August 1988 in London. Daß der Autor jahre- und jahrzehntelang für viele seiner Bücher keinen Verleger finden konnte, bezeichnete er als »Versagen des Literaturbetriebs«, dem er auch gute Seiten zugestand, da Adler seine Werke während dieser Zeit überarbeitet und »auf die Höhe eines reiferen Könnens gehoben«[6] hatte, was aber auch zur Folge hatte, daß bis heute zahlreiche Werke unveröffentlicht im Nachlaß liegen.[7] Obwohl es Adler bewußt war, daß er möglicherweise für einen »Nachlaß zu Lebzeiten« schrieb, ließ er sich nicht bremsen und schuf »mit leidenschaftlichem Feuer [...] an seinem Werk [...], an dessen Wert und Sendung«[8] er glaubte. Von den unveröffentlichten Arbeiten seien hier als erstes drei Romane bzw. romanlange Texte genannt: »Raoul Feuerstein« (1942/43-1978), »Die Ansiedlung« (1949-1978) und »Die Prüfung« (1952-1966). Weiters gibt es zwei unveröffentlichte Kurzprosasammlungen (»Schuldig und unschuldig«, »Zwischenrufe«) sowie unveröffentlichte Einzelprosatexte aus den späten Jahren. Von den ca. 180 Kurzprosatexten H. G. Adlers ist etwa ein Drittel unveröffentlicht. Ein noch ungewöhnlicheres Schicksal als die Prosa hatten Adlers Gedichte. »Völlig brach liegt seine Lyrik«, schreibt er in seinem Nachruf. »Nur acht Gedichte Adlers sind an entlegener Stelle seit 1945 erschienen - und so blieben sie auch unbemerkt.«[9] Die weiter oben erwähnten Lyrikpublikationen aus späterer Zeit sind auch nur Auszüge aus [2/ S. 278:] dem Kernstück von Adlers Lyrikschaffen, einer siebenbändigen, nach Erstfassungen chronologisch, weiters meist zyklisch geordneten Gedichtsammlung mit mehr als 900 Texten, entstanden in über 60 Jahren. Neben dieser mehrbändigen, kompletten Zusammenstellung bestehen auch einige kleinere Gedichtauswahlen, von denen einige wichtige hier hervorgehoben seien. Eine unmittelbar vor der Veröffentlichung des »Nachrufs bei Lebzeiten« von H. G. Adler angefertigte »Auswahl aus vier Jahrzehnten« vereinigt Texte von 1930 bis 1969. »Der Mensch und sein Tag« enthält Arbeiten, die zwischen 1937 und 1947 entstanden sind. Eine »Lyrikauswahl 1927-1938« wurde im Herbst 1938 von Adler während eines Aufenthalts in Mailand angelegt, als er plante, nach Südamerika auszuwandern. Er selbst merkte dazu an: »Die Sammlung wurde in Erwartung des Krieges hergestellt und sollte jene Arbeiten in Versen umfassen, die ich möglichst gerettet und einmal publiziert wissen wollte«.[10] Adlers allererste Veröffentlichung war eine dramatische Dichtung (»Meer und Gebirge«, 1931). Als Dramatiker blieb er jedoch gänzlich unbekannt. Es existieren von ihm noch vier Hör- und Schauspiele: »Das Bild zu Sais«, »Television«, »Sorgen um Peter Ottermann« und »Wir sprechen alle durcheinander«. Besser bestellt war es immer um die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Arbeiten, obwohl es auch hier noch einige Schätze zu heben gibt. Zusätzlich zu den bei Lebzeiten veröffentlichten monumentalen Pionierarbeiten über den Holocaust und der »Vorschule für eine Experimentaltheologie« (1987) hinterließ Adler ein wichtiges und zu einem beträchtlichen Teil unveröffentlichtes wissenschaftliches Werk, das aus Aufsätzen und Studien zur Geschichte, Philosophie, Politik, Psychologie, Soziologie, bildenden Kunst, Musik, Sprache und Literatur, Theologie und zu jüdischen Themen besteht. »Ein solches Gesamtkunstwerk ist nirgendwo sichtbar in der deutschsprachigen Literatur dieses Jahrhunderts«, schrieb 1987 Jürgen Serke nach seinem Besuch bei Adler. »Er schuf in London ein Werk von enzyklopädischen Ausmaßen.«[11] Doch führten Serkes Bemühungen auch nur zur Veröffentlichung von »Die unsichtbare Wand«, so daß noch vor wenigen Jahren zu lesen war: »Noch harrt Adlers lyrisches Gesamtwerk (wie auch erhebliche Teile seiner Prosa) der Erschließung.«[12] [2/ S. 279:] Als Ergebnis eines langjährigen Forschungsprojekts liegt nun ein Katalog des gesamten Werknachlasses von H. G. Adler auf CD-ROM vor, bei dessen Erstellung alle Versionen sowie sämtliche Duplikate, Fragmente, Entwürfe usw. berücksichtigt wurden. Der literarische und schriftstellerische Werknachlaß ist somit aus dem Gesamtnachlaß herausgelöst, auf CD-ROM verzeichnet und erstmals vollständig dargestellt und erschlossen.[13] Interessenten können die von der ÖNB produzierte CD-ROM beim ÖLA (Kontaktperson: Werner Rotter) zu einem Unkostenbeitrag von ÖS 600,- erwerben. Franz Hocheneder ANMERKUNGEN 1] H. G. Adler: Nachruf bei Lebzeiten. In: Vorletzte Worte. Schriftsteller schreiben ihren eigenen Nachruf. Hg. von Karl Heinz Kramberg. Frankfurt / Main: Bärmeier & Nikel 1970, S. 11-20. 2] wn: Warten auf Wunder. Zur Verleihung der Charles-Veillon-Preise. In: Die Weltwoche (Zürich), 23. 5. 1969. 3]
Vgl. besonders Heinrich Böll: Wir Deutsche: ein fahrendes Volk. In: Der Tagesspiegel (Berlin), 22. 9. 1963, S. 37; Heimito
von Doderer: Die Schule des Lesers. In: Forum (Januar 1964), H. 121, S. 37 (Texte wiederabgedruckt in: 4] Vgl. Jürgen Serke: Weniger verborgen als für immer versteckt. Der tote H. G. Adler und die lebendige Katastrophe des Exils. In: Jüdischer Almanach 1994. Frankfurt / Main: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag 1993, S. 82-102, hier S. 93. 5] H. G. Adler: Nachruf bei Lebzeiten. In: Der Wahrheit verpflichtet. Interviews, Gedichte, Essays. Hg. von Jeremy Adler. Gerlingen: Bleicher 1998, S. 7-16, hier S. 13. 6] Ebd. 7] Vgl. Franz Hocheneder: H. G. Adler - Werk und Nachlaß. Eine bio-bibliographische Studie. Wien: phil. Diss. [masch.] 1997. Die Dissertation enthält auch unveröffentlichte Manuskripte, eine aktuelle und vollständige Bibliographie von H. G. Adlers Schriften sowie Illustrationen aus dem Nachlaß. 8] Adler (Anm. 5), S. 12. 9] Ebd., S. 13. 10] Zitiert nach dem Manuskript (Nachlaß H. G. Adler, Deutsches Literaturarchiv, Marbach / Neckar). 11] Jürgen Serke: Böhmische Dörfer. Wanderungen durch eine verlassene literarische Landschaft. Wien, Hamburg: Zsolnay 1987, S. 327, 341. 12] Rüdiger Görner: H. G. Adler (1910-1988). In: Literatur und Kritik (April 1995), H. 293/294, S. 101-107, hier S. 106. [2/ S. 280:] 13] Vgl. dazu auch Franz Hocheneder: H. G. Adler (1910-1988). Zwei neue Arbeiten zum 10. Todestag. In: Zirkular (Juni 1998), H. 32, S. 6f. |
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