[3/ S. 222:] Nach den Treffen in Wien, Bregenz, Salzburg und Innsbruck fand die fünfte Arbeitstagung der österreichischen Literaturarchive
am Adalbert-Stifter-Institut in Linz am 13. und 14. April 1999 statt.
Am Beginn des Treffens stand ein Arbeitskreis mit einer anschließenden Diskussionsrunde. Edda Fuhrich (Institut für Theaterwissenschaft
der Universität Wien) und Julia Danielczyk (Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich, Linz) hielten ein Referat,
das Probleme bei der Erschließung von Theaternachlässen in Literaturarchiven thematisierte. Volker Kaukoreit (ÖLA) wies auf
die Schwierigkeit der Arbeit in bezug auf sogenannte Mischbestände sowie auf die Problematik terminologischer Uneinheitlichkeit
hin. Es sollen nun Arbeitskreise zur Klärung konkreter Detailfragen eingerichtet werden (die u. a. in Kontakt mit der Kommission
Nachlaßerschließung der Deutschen Forschungsgemeinschaft stehen werden).
Renate Ebeling-Winkler (Salzburg) thematisierte das Problem der Benützung konservatorisch bedenklicher Materialien (wie fotografisches
Material und Landschaftsdarstellungen am Beispiel des Nachlasses Burghard Breitner) und schlug die Herstellung von Reproduktionen
vor, die anstelle der Originale verwendet werden sollten.
Es folgte ein Vortrag von Ingrid Schramm (ÖLA) über das Signaturenmodell für Nachlässe, wie es am ÖLA umgesetzt wird, ausgeführt
am Beispiel des Nachlasses von Hilde Spiel. Volker Kaukoreit betonte die Praktikabilität des Systems, da Teilbestände aufgrund
der Dreiteiligkeit leicht ausgegliedert und gesondert bearbeitbar wären. Im Rahmen dieses Vortrages wurde eine reine Ordnung
nach Numerus currens abermals diskutiert, doch mehrheitlich abgelehnt.
Von Eva Irblich (Handschriften-, Autographen- und Nachlaß-Sammlung der ÖNB, Wien) wurde als weiteres Thema die Bearbeitung
der Korrespondenzen (Privatkorrespondenzen, berufsbezogene Korrespondenzen und Sachakten mit Korrespondenzen) in der Handschriftensammlung
der ÖNB vorgestellt. Anschließend wurde das Thema Skartierung diskutiert. Der Beschluß, nur in wohlüberlegten Einzelfällen
Materialien auszuscheiden, fand allgemeine Zustimmung.
Am 14. April berichteten die Leiter bzw. Mitarbeiter der jeweiligen Institutionen über Nachlaß-Erwerbungen, Editionsprojekte,
Dienstposten u. a.
[3/ S. 223:] Das Problem der Absprache bei Erwerbungen war Hauptthema des Nachmittags: Allan Janik vom Forschungsinstitut Brenner-Archiv,
Innsbruck legte ein Statement des Brenner-Archivs vor, das verfaßt wurde, um eine Absprache bei Nachlaßerwerbungen zu garantieren.
Ein Beschluß über das Statement konnte allerdings nicht gefaßt werden, die Diskussion soll bei der nächsten Tagung fortgesetzt
werden. Dabei wurde das grundsätzliche Problem angesprochen, daß das ÖLA mit seinem Budget eine wesentlich bessere Basis als
andere österreichische Literaturarchive bei Ankaufsverhandlungen habe. Der Leiter des ÖLA, Wendelin Schmidt-Dengler, erwiderte,
daß die Länder in Anbetracht dieser Tatsache ihr Ankaufsbudget erhöhen sollten.
Heinz Lunzer (Literaturhaus, Wien) verwies auf das Problem, daß bei ungünstigen Verhandlungen Nachlässe im Privatbesitz blieben
und meinte, daß sich Archive auch als Beratungsstellen für Privatbesitzer verstehen sollten, um eventuelle Skartierungen und
fehlerhafte Konservierungen zu vermeiden. Ebenso sollte man langfristig auf Prioritäten in der gemeinsamen Aufgabenstellung
achten - die Finanzierung von Nachlaßerwerbungen und deren Aufarbeitung kann nur dann gesichert sein, wenn mit offenen Karten
gespielt werde.
Es folgte ein Referat von Sarolta Schredl (Bundesdenkmalamt, Wien) über die Kooperation zwischen literarischen Gedenkstätten,
Literaturmuseen, Bibliotheken und Archiven.
Abschließend wurde ein gemeinschaftliches Projekt zum Thema Edition anläßlich des Internationalen Germanistenkongresses 2000
in Wien verabschiedet, was durch ein Kooperationsprojekt zwischen dem ÖLA und der Dokumentationsstelle für neuere österreichische
Literatur, ein Bildband zur österreichischen Literatur seit 1945, ergänzt werden soll.
Thomas Csanády / Julia Danielczyk
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