Die Abwesenheit (Filmtreatment)

Manuskript, 16 Blatt, ??.04.1985

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Peter Handkes Märchen Die Abwesenheit entwickelte sich vermutlich aus einer Filmidee. Das vorliegende »Treatment zu [/] dem Film [/] DIE ABWESENHEIT« (Bl. I) kann daher als eine Vorfassung zum Erzähltext bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um ein 16 Blatt umfassendes, mit schwarzem Kugelschreiber geschriebenes Manuskript mit der Zusammenfassung des Plots. Das Skript enthält bis auf ein paar wenige Sofortkorrekturen keine Eingriffe. Die Blätter sind nach einem unpaginierten Titelblatt (Bl. I) mit einer Seitenzählung von 1-15 versehen. Das Titelblatt gestaltete Handke selbst mit einem Farbfoto, auf welchem vermutlich Häuser der Ortschaft Grafenbach, einem der Hauptschauplätze des Films, abgelichtet sind. Ebenfalls am Titelblatt vermerkte Handke das Entstehungsdatum »April 1985« (Bl. I). Er musste das Treatment demnach zwischen seinen Arbeiten am Film Das Mal des Todes, der im Jänner 1985 gedreht worden war, der dabei vorgenommenen und im Fischer Verlag publizierten Übersetzung von Marguerite Duras' La Maladie de la mort und dem Schreibbeginn an der Erzählung Die Wiederholung im Oktober 1985 angefertigt haben. Zu beiden Projekten zeigt der Film Die Abwesenheit Parallelen, zum Beispiel das Motiv der Abwesenheit und der Suche betreffend oder in den deutlichen autobiografischen Bezügen.

Handlung des Films

Die im Treatment geschilderte Geschichte des mit zwei Stunden Laufzeit projektierten Films (vgl. Bl. 1) unterscheidet sich stark von der Handlung der späteren Erzählung, dem Märchen Die Abwesenheit. Einzige Verbindungen sind das Motiv der gemeinsamen Reise einer Gruppe von Leuten unterschiedlichen Alters und das Motiv der Suche nach einem verschollenen Reiseteilnehmer. Als »Helden« des Films beschreibt das Manuskript »die Angehörigen einer bäuerlichen Familie« (Bl. 1), die aus einem Dorf namens »Grafenbach« (Bl. 2) stammen, einer »am Südhang der Kärntner Saualpe« (Bl. 1), oberhalb von Handkes Geburtsort Altenmarkt liegenden Siedlung der Gemeinde Griffen. Unter der Führung des Vaters begibt sich die Familie – Mutter, ältester Sohn (ein Bauer), Tochter (eine Naturwissenschaftlerin) und jüngster Sohn – auf eine Wallfahrt nach San Apollinare in Classe, einem kleinem Ort nahe Ravenna an der adriatischen Küste Italiens. Auf einer Station ihrer Busreise, die über Slowenien, den slowenischen Karst, das Friaul und Padua bis nach Ravenna führt, geht der Vater kurz vor dem Reiseziel verloren, und die Familie macht sich auf die Suche nach ihm. »Den großen Mittelteil des Films wird diese Suche, zu Fuß, und das Fragen, fast sprachlos, der Geschwister nach dem Verschollenen einnehmen« (Bl. 12), erklärt Handke im Skript. Nach einiger Zeit des erfolglosen Nachforschens gehen die Geschwister langsam wieder eigenen Interessen und Alltagsbeschäftigungen nach, bis die Suche »durch den Selbstmord der Mutter« (Bl. 13) ganz beendet wird. Die Geschwister fahren zum Leichnam der Mutter nach Ravenna und verbringen gemeinsam einen Tag in Classe, ihrem ursprünglichen Reiseziel. Die Überführung des Leichnams der Mutter in den Heimatort wird von einem Diplomaten organisiert; mit ihm fahren die Geschwister ans nahe Meer und erleben dort, dass die abwesenden Eltern in der Natur, in den »Zwischenräumen« (Bl. 14) der Wahrnehmung anwesend sind. Ihr Abschiedsabend in einem Restaurant in Classe gleicht einem freudigen Fest. »Die vier sind die einzigen Gäste, es ist ein Liebesmahl, an dem auch Kellner und Koch dann teilnehmen. Die Geschwister erzählen von den Eltern, \machen sich lustig über/ von diesem und jenem\s/, von \über/ nichts; xxx \in ihren zwei Sprachen,/ einzelne Wörter in italienisch. Dann allmählich das Schweigen.« (Bl. 14)

Der Text des Filmtreatments wurde 1988 unter dem Titel Die Abwesenheit. eine Skizze (April 1985) im Heft 99 der Literaturzeitschrift manuskripte (S. 42-45) abgedruckt und erschien später auch im Band Petrarca-Preis 1992-1995 der Edition Petrarca (S. 147-155) sowie im 1996 vom Verlag der Kooperative Dürnau veröffentlichten Materialienband zum Film Die Abwesenheit (DAS 7-20). Im Manuskript erklärt Handke in einem unter »P.S.« angefügten, nicht in die Skizze übernommenen Absatz noch etwas zum Stil des Films: »Die Dialoge sollen sich oft aus der Situation ergeben; einige werden freilich schon im Drehbuch genau aufgezeichnet werden, vor allem \die/ Monologe, die dann fast etwas von Gedichten haben können. Die Aufforderung des jüngsten Sohns, auf eigene Faust den Vater suchen zu gehen, wird zum Beispiel ganz schon im Drehbuch stehen, ebenso der Vorschlag des Vaters, die gemeinsame Wallfahrt zu unternehmen.« (Bl. 15)

Kuvert

Das Manuskript wurde in einem Kuvert mit dem von Handke geschriebenen Titel »DIE ABWESENHEIT [/] (Filmtreatment)« (Beilage) aufbewahrt. Auf das Kuvert ist die Adresse der Wiener Filmproduktionsfirma MR TV-FILM gestempelt und von fremder Hand mit blauem Kugelschreiber vermerkt »Herrn Peter HANDKE«, wobei der Stempel und das »Herrn« nachträglich mit einem anderem Stift gestrichen worden sind – vermutlich von Peter Handke selbst. Diese Streichung könnte entweder darauf hindeuten, dass Handke das Treatment dieser Produktionsfirma geschickt hat, diese es aber retournierte, oder dass er ein altes Kuvert verwendet hat, das noch von den Dreharbeiten seines Films Das Mal des Todes im Winter 1985 stammt, den ebendiese ORF-Produktionsfirma produziert hatte. (kp)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

 

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorlage): 

Treatment zu [/] dem Film [/] DIE ABWESENHEIT [Bl. I]; Die Abwesenheit (Filmentwurf) [Bl. 1]; DIE ABWESENHEIT [/] (Filmtreatment) [Beilage]

Entstehungsdatum (laut Vorlage):  April 1985 [Bl. I]
Datum normiert:  ??.04.1985

Materialart und Besitz

Besitz 1:  Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Art, Umfang, Anzahl: 

Manuskript, 16 Blatt, fol. I, pag. 1-15

Format:  A4
Schreibstoff:  Kugelschreiber (schwarz)
Weitere Beilagen: 

1 oranges Briefkuvert C4 mit der Aufschrift »DIE ABWESENHEIT [/] (Filmtreatment)«

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

1 Foto am Titelblatt (Bl. I) vermutlich von den Häusern in der Ortschaft Grafenbach (Gemeinde Griffen)