85 Jahre allgemeines Frauenwahlrecht in Österreich
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I. Der Kampf um das Frauenwahlrecht - 1848 bis 1918
Überblick zur Wahlrechtsentwicklung
Überblickstafel (österreichisches Gebiet):

  • 1848
    Reichstagswahlen (nur Männer)
  • 1849
    Gemeindewahlrecht für Besitzende (auch Frauen)
  • 1861
    Landtagswahlrecht für Besitzende (auch Frauen)
  • 1873
    Direkte Wahl des österreichischen Abgeordnetenhauses zum Reichsrat (Zensus-, Kurienwahlrecht: nur in der Kurie der GroßgrundbesitzerInnen gibt es auch einige wahlberechtigte Frauen)
  • 1888
    Entzug des den steuerpflichtigen Frauen Niederösterreichs bis dahin zustehenden Gemeinde- und Landtagswahlrechts
  • 1896
    Allgemeines Männerwahlrecht (Zensuswahlrecht)
  • 1907
    Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts für Männer (Ausschluss aller Frauen)
  • 1918
    Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts für alle StaatsbürgerInnen ohne Unterschied des Geschlechts
  • 1919
    Wahl zur österreichischen Nationalversammlung (Frauen haben erstmals das aktive und passive Wahlrecht)
Wahlrechtsentwicklung in Österreich (1848-1919)

Verfassungsdemokratien beruhen auf dem Prinzip der politischen Mitbestimmung ihrer StaatsbürgerInnen als Grundrecht. Das wichtigste Mittel dafür ist das Wahlrecht zum Parlament und allen anderen politischen Vertretungen.

1849 befasste sich der Verfassungsausschuss des Reichstages mit den Voraussetzungen für die Erlangung des Wahlrechts. Diese Debatten über das Wahlrecht waren jedoch kaum von Forderungen nach politischen Rechten für Frauen gekennzeichnet. Frauen waren nur dann Thema, wenn es darum ging, das Wahlrecht für nicht privilegierte Männer ad absurdum zu führen.

Lange Zeit spielte für das Wahlrecht Besitz und Selbständigkeit eine wichtige Rolle. Frauen, die über Haus- oder Grundbesitz oder einen Verdienst aus Erwerb oder Gewerbe verfügten, durften entsprechend den Wahlrechtsordnungen der Gemeinden, Landtage und des Reichstages wählen. Für die wichtigste politische Körperschaft, das nationale Parlament, waren Frauen bis auf eine kleine Zahl von Großgrundbesitzerinnen nicht wahlberechtigt.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Durchsetzung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts ohne jegliche Beschränkungen vor allem Ziel der Arbeiterbewegung. Die Idee eines individuellen Wahlrechts unabhängig von Besitz und Einkommen setzte sich zunehmend durch. Immer mehr Männer erhielten das Stimmrecht, und das Geschlecht als Bedingung für politische Rechte gewann noch mehr an Bedeutung.