Lipej Kolenik: Von Neuem

Dieser 59 Blätter umfassende Computerausdruck von Lipej Koleniks Buch mit dem Titel Von Neuem. Die Kärntner Slowenen unter der britischen Besatzungsmacht nach 1945 (Klagenfurt/Celovec: Drava 2008) zählt zu Peter Handkes Recherchematerialien für sein Stück Immer noch Sturm. Bei den Blättern handelt es sich vermutlich um einen Teilausdruck der letzten Textfassung von Koleniks Buch, denn der Text stimmt bis auf die Paginierung mit der gedruckten Fassung überein. Die 59 Blätter sind mit den Seitenzahlen 98-156 versehen. Auf diesen Seiten hat Peter Handke seine Lektürespuren hinterlassen. Er hat mit blauem und schwarzem Stift Wörter und Satzteile unterstrichen und eingekreist, einzelne Wörter mit meist eingekreisten einzelnen oder doppelten Kreuzchen markiert und wenige kurze Notizen eingetragen. Vermutlich hatte Handke keinen kompletten Ausdruck zur Verfügung, sondern nur diese 59 Blätter, denn die erste Notiz in seinem zugehörigen Exzerpt bezieht sich auf eine Textstelle auf Seite 100 (vgl. Lektürenotizen zu Lipej Kolenik: Von Neuem, Bl. I).

Koleniks Buch versammelt Erinnerungen von Kärntner Slowenen an die Zeit während des Zweiten Weltkrieges und Auszüge aus der kärntnerslowenischen Wochenzeitung Slovenski vestnik (Slowenischer Anzeiger) aus den Jahren 1946-1949. Da Lipej Kolenik, der »Initiator« (Kolenik 2008, S. 7), Herausgeber und Mitautor des Buches, die Veröffentlichung nicht mehr erlebte, finden sich darin auch drei Nachrufe auf ihn. Einer davon stammt von Peter Handke (Kolenik 2008, S. 272), der mit dem politisch engagierten Kärntner Slowenen befreundet war. Im annotierten Teilausdruck sind die anderen beiden Nachrufe von Jože Rovšek und Mirko Messner (Bl. 155f.) bereits enthalten.

Auf den ersten zehn Blättern des von Handke bearbeiteten Computerausdrucks befinden sich Erinnerungsberichte von Blaž Kordež, Peter Kuhar, Kristi Lajčahar und Lubo Urbajs, auf den restlichen sind verschiedene Zeitungsberichte zu finden. Der Titel des letzten Berichts lautet »Die großen Vier haben den Kärntner Slowenen das größte Unrecht in der Geschichte getan […] Protestnote des Gebietsausschusses der Befreiungsfront für Slowenisch-Kärnten« (Bl. 153). Er stammt vom 29. Juni 1949. Handke hat einen Satz durch Unterstreichung markiert, der die Entscheidung über den Verbleib Kärntens bei Österreich behandelt. Dort ist zu lesen, dass die Außenminister »parteiisch zugunsten Österreichs entschieden [haben], das sich trotz der Moskauer Deklaration im Jahre 1943 nicht einmal auf einen Bruchteil jenes Beitrags zu seiner eigenen Befreiung berufen kann, den die Kärntner Slowenen für die alliierte Sache und für ihre Freiheit beigetragen haben« (Bl. 154).

Handke lässt diese Stellungnahme der politisch organisierten Kärntnerslowenischen Kommunisten in Immer noch Sturm einfließen: »Ich: […] "Wieder ein Jahr ist vergangen, und in Paris, draußen dort, haben die Außenminister der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs in geheimen Verhandlungen entschieden, daß das Gebiet eures Volkes Teil des Staates Österreich zu bleiben hat –" Gregor: "– welcher es als ein den Namen 'Volk' nicht verdienendes behandelt. Und das ist der Lohn dafür, daß wir die einzigen waren, die zu mehreren, dann vielen, zuletzt vielen, vielen, gekämpft haben um die Befreiung des Landes, wie es die Bedingung der Deklaration von neunzehnhundertdreiundvierzig – wieder Moskau – gewesen ist dafür, daß das Land Österreich nach dem Krieg sich neu selbständig nennen darf. Ein Land, das uns nicht will, und das gerade dank uns neu als Staat dastehen darf, in dem Erdteil ganz inmitten. Gang der Geschichte? Nicht eher Lindwurm, der sich selber in den Schwanz beißt? Und damit ganz und gar nicht sich selber wehtut?"« (IS 148) (Vanessa Hannesschläger)

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