Die Geschichte des Bleistifts; Die Wiederholung

Notizbuch, 160 Seiten, 01.01.1982 bis 24.04.1982

Druckversion

ÖLA SPH/LW/W99

Am 22. April 1982 beendet Handke seine Arbeit an der Typoskript-Erstfassung von Die Geschichte des Bleistifts (vgl. ÖLA 165/W2), die er erstmals an den Residenz Verlag sendet und aus dem in weiterer Folge die Phantasien der Wiederholung als eigenständiges Buch entnommen werden. Es ist noch ungeklärt, wie lange die Arbeit am Typoskript dauerte, dessen Entstehung bereits umfangreiche Manuskripte mit handschriftlich abgeschriebenen Journaleinträgen vorangingen. Ein mit 10. Mai 1982 datiertes Schreiben mit Korrekturvorschlägen der Lektorin Gundl Hradil legt nahe, dass Handke bis dahin nicht weiter an Die Geschichte des Bleistifts gearbeitet hat. Im Notizbuch findet sich am 22. April 1982 kein besonderer Hinweis auf die Fertigstellung, jedoch verdichten sich in den Einträgen davor Handkes Notizen zu diesem Werkprojekt.
Am vorderen Vorsatz des Notizbuchs (S. I) befindet sich neben dem Satz »Ein später Frühling und ein früher Sommer aus der Geschichte des Bleistifts« eine Notiz zur formalen Gestaltung des Journals: »1. Satz: Pfadfinder 2. S.: Neues Zeitalter 3.: "Dämonisierung 4 "Leid geklagt, etc. Die Geschichte des Bleistifts: die einzelnen Sätze u. –folgen durch Leerzeilen getrennt, sonst keine Gliederungen, keine Datumsangaben, alles in eins (1976-1980)«. Die Jahresangabe zeigt, dass Handke den Journalzeitraum bereits mit 1980 begrenzt hatte, eine Abtrennung der Phantasien der Wiederholung als eigenständiges Journals nach Die Geschichte des Bleistifts war wahrscheinlich bereits entschieden. Am 22. Jänner 1982 notiert Handke zu Die Geschichte des Bleistifts: »Mein Schreibmotto fehlt noch in der Geschichte des Bleistifts: Langsam – in Abständen – stetig.« Und am 19. Februar 1982: »Was entspricht mir als Werkzeug? Nicht die Kamera, auch nicht die Schreibmaschine (und nicht die Füllfeder oder der Pinsel), Aber was entspricht mir als Werkzeug? Der Bleistift.« Und am 16. April 1982: »Die Geschichte des Bleistifts hat als Sudelbuch begonnen und ist mein Ordnungsbuch geworden (Krajna vas)«. Obwohl Handke an das Ende von Die Geschichte des Bleistifts die Jahreszahlen »1976-1980« setzt, bezieht er auch Textstellen (oder Überarbeitungen von Textstellen) aus späteren Notizbüchern mit ein, z.B.: »Ich mag die Volksmusik, mit allen Jauchzern, aber ohne Triller« (22.1.1982, S. 24) »Zu den Spatzen kann man sagen: "allerliebst"« (25.1.1982, S. 32). Diese Stelle notiert Handke erneut in jener Form, in der sie dann in der Druckfassung von Die Geschichte des Bleistifts zu finden ist, am 7. Juni 1982. Die Reihung der Textstellen in Die Geschichte des Bleistifts erfolgt jedenfalls nicht streng in der Chronologie der Notizbucheinträge, sondern ist eine überarbeitete Auswahl. Am 11. Februar 1982 ist in diesem Notizbuch jene Zeichnung zu finden, die eine Vorlage für das Titelbild der Erstausgabe von Die Geschichte des Bleistifts sein könnte. Die Beschriftungslegende lautet: »Porte d’Auteuil 11. Februar 1982«. (ck)

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorlage): 

Die Geschichte des Bleistifts; "Die Wiederholung" [Bl. I]; La Sabana de la Libertad (Kras) [Bl. II]

Zusätzlich eingetragene Werktitel:  [nicht erfasst]
Entstehungsdatum (laut Vorlage):  1. Januar 1982 – 24. April 1982 [Bl. I]; [nicht vollständig erfasst]
Datum normiert:  01.01.1982 bis 24.04.1982
Entstehungsorte (laut Vorlage): 

Salzburg [Bl. I]

Zusätzlich eingetragene Entstehungsorte: 

Villach [10.1.1982]; Villach Udine [10.1.1982]; Görz [12.1.1982]; Piran [12.1.1982]; Izola [14.1.1982]; S.[alzburg, 16.1.1982]; Zürich Airport; Zürich; Bhf. [22.1.1982]; Chur; Kathedrale [22.1.1982]; Davos [22.1.1982]; Zürich [24.1.1982]; vom Engadin zurück in Salzburg [25.1.1982]; Paris [7.2.1982]; Neuilly [8.2.1982]; Clamart [8.2.1982]; Bois de Meudon/Clamart [8.2.1982]; DER PRACHTWEG (von Clamart durch den Wald, oder die Bahn entlang, dann an den Teichen entlang, nach Chaville) [8.2.1982]; Viroflay/Chaville; Montparnasse [9.2.1982]; rue St. Denis [10.2.1982]; Zürich [14.2.1982]; [vom 14.2.1982 bis zum 5.3.1982 folgen zahlreiche Eintragungen mit slowenischen Ortsnamen, es ist aber unklar, ob es sich um Notizen vor Ort handelt oder ob der Zeitraum eine längere Schreibphase in Salzburg darstellt]; Villach, Drautal [14.4.1982]; Ljubljana, am Schieferhügel Celovska Cesta [15.4.1982]; Cankarjev Vrh [15.4.1982]; Nova Gorica [16.4.1982]; Hruševica [16.4.1982]; Kosovlje [16.4.1982]; Krajna vas [16.4.1982]; Nova Gorica [16.4.1982]; Villach Hbf. [17.4.1982]; zurück auf dem Mbg. [17.4.1982]; [nicht vollständig erfasst]

Materialart und Besitz

Besitz 1:  Deutsches Literaturarchiv Marbach
Art, Umfang, Anzahl: 

Notizbuch mit dunkelbraunem, lederartigem Einband, 160 Seiten, I-III, pag. 1-160, I*-III*; auf Buchrücken geklebter Papierstreifen mit eh. Datierung »Jan – April 82«

Format:  10,5 x 14,6 cm
Schreibstoff:  Bleistift, Kugelschreiber (blau), Fineliner (rot, schwarz)

Nachweisbare Lektüren

[nicht vollständig erfasst]
  • Francis Ponge: Proêmes (vorderes Vorsatz, S. 1, S. 17-19)
  • Joseph Conrad: Herz der Finsternis (u.a. 1.1.1982, S. 1)
  • Vergil: Georgica (u.a. 8.1.1982, S. 5)
  • Johann Wolfgang von Goethe: Noten und Abhandlungen zum besseren Verständnis des West-östlichen Divans (u.a. 10.1.1982, S. 7)
  • Karl Philipp Moritz: Andreas Hartknopf (u.a. 16.1.1982, S. 13)
  • Francis Ponge: Le parti pris des choses (16.1.1982, S. 14)
  • Johann Wolfgang von Goethe: West-östlicher Divan (u.a. 22.1.1982, S. 25)
  • Emmanuel Bove (u.a. 3.2.1982, S. 40)
  • Lukrez: De rerum natura (u.a. 8.2.1982, S. 47)
  • René Char (u.a. 11.2.1982, S. 58)
  • Henri Michaux: Enfants (u.a. 18.2.1982, S. 67)
  • Ernst Jünger: Das abenteuerliche Herz (u.a. 21.2.1982, S. 73)
  • Georges Simenon (5.3.1982, S. 91); Coup de Vague (8.3.1982, S. 95); Der Schnee war schmutzig (30.3.1982, S. 127)

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

 

  • Zeichnung der Löwensäule in der zweiteiligen romanischen Krypta der Kathedrale Chur mit der Notiz: »Atlas mit der Weltsäule auf dem Rücken des Löwen; und der Löwe leidet wie der Mensch (Mensch und Tier als Leidenszwillinge) (Chur, Kathedrale)« (22.1.1982, S. 26)
  • Skizze einer Weggabelung mit einem Baum mit der Notiz: »DREIECK, Brücke im Dreieck, Glitzern« (8.2.1982 S. 49)
  • Zeichnung von Bäumen mit der Beschriftung »Birken« (S. 51)
  • Zeichnung (Selbstportrait) mit der Notiz »Porte d’Auteuil 11. Februar 1982« (11.2.1982, S. 59); evt. die Vorlage für das Titelbild der Erstausgabe von Die Geschichte des Bleistifts
  • Zeichnung einer auf dem Kopf stehenden, trapezförmigen, aus lauter kleinen Dreiecken zusammengesetzten Schüssel oder eines Daches (?) (S. 145)
Bemerkungen: 

Handke verwendet die Kürzel »HdW« (Held der Wiederholung), »DW« (Die Wiederholung), »DGB« (Die Geschichte des Bleistifts) und das Symbol (für Der Chineses des Schmerzes)