Cod. 2442 (Med. 108)

Sammelhandschrift (lat. u. mhdt.)

Göttweig, Anfang des 13. Jahrhunderts (fol. 13r-194v) und 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts (fol. 1r-12v)

Pergament. I+194 Blätter. 22 x 15 cm. Kustoden: römische Zahlen am Lagenende.

Einband: Ehemals weißes Leder mit Einzel- und Rollenstempeln über Holzdeckeln, der Lederbezug allerdings nur am Rücken und in Streifen auf den Deckeln erhalten; aufgrund der Provenienz im späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert in Wien gebunden, die Werkstatt jedoch nicht eindeutig bestimmbar: der kleine Stern wohl identisch mit dem namengebenden Motiv bei Holter (F. 13, Nr. 2, auf Taf. 22), die große Rosette wohl identisch mit Holters Gruppe H. 2, Nr. 6 (Taf. 26). Ehemals zwei Schließen; der Rücken mit rotbraunem Papier überklebt, darauf Titel- und Signaturschilder der Hofbibliothek.

Provenienz: Aufgrund der charakteristischen Pergamentnähte (siehe Einleitung) Anfang des 13. Jahrhunderts im nö. Benediktinerkloster Göttweig. Ab dem 15. Jahrhundert war die Handschrift in Wien, wobei sich anhand von Einträgen folgende Besitzerabfolge ergibt (nach Menhardt): Andreas aus Altmanning, dann Magister Nicolaus Fraidorf de Magna... (fol. Ir), von diesem 1477 an Wolfgang von Simonfeld vermacht (fol. Ir u. 1r), der sie 1478 an Peter Planck schenkt (fol. 1r); vermutlich danach an Andreas Gruber von Schalabrunn (fol. Ir), Kurat der Alserkirche; von diesem 1507 an den Ottakringer Pfarrer Johannes Menanus Greul (vgl. fol. Iv), der auf fol. 7r und 10v Distichen eingetragen hat. Dann (fol. 1r) im Besitz des Wiener Arztes Johann Schröter (1513-1593), der sie im Jahr 1555 dem Mediziner und Historiographen Wolfgang Lazius (1514-1564) schenkt (vgl. fol. Ir). Aus dessen Nachlaß kam der Codex wohl in die Hofbibliothek, wo er durch die Blotius-Signatur 'N 4055' am HD seit 1576 nachweisbar ist.

Inhalt (vgl. Tabulae): Foll. 1-4v De lapidibus. - ff. 4v-5v De scripturis lapidum. - ff. 5v-7r: De medicamentis. - f. 7r Johannes Menanus, Distichon (Nachtrag des 16. Jhdts.) - ff. 7r-9r Ps. Aristoteles, Secreta secretorum, interprete Johanne Hispalensi. - ff. 9v-10r Remedia dolorum capitis et oculorum.- ff. 10r mhdt. Wundsegen (siehe Menhardt). - f. 10v Johannes Menanus, Ad librum et heredem suum (Nachtrag des 16. Jhdts.). - f. 11r leer - ff. 11v-12v Inhaltsverzeichnis zu Richardus de Sancto Victore, Liber exceptionum. - ff. 13r-168r Richardus de Sancto Victore, Liber exceptionum, mit gestörter Textfolge. - ff. 168v-175r Explicatio phrasium in operibus S. Hieronymi. - ff. 175r-181v De convenientia sanctae crucis et sacramentaris altaris. - ff. 182r-183v Hildebertus Cenomanensis, Versus. - ff. 184r-191v Fortsetzung von Richardus de Sancto Victore, Liber exceptionum, mit gestörter Textfolge. - ff. 192r-194v De investitura.

Buchschmuck: Rote Überschriften. Ein- bis sechszeilige, meist zweizeilige rote Majuskeln, zum Teil gespalten und/oder mit einfachem Dekor wie Punktverdickung und Aussparungen (Wellenband), seltener auch als Silhouetteninitiale mit Ranken (z.B. fol. 112r, 144v oder 185v). Eine fünfzeilige rote Rankeninitiale 'd' auf fol. 13r.

Stil und Einordnung: Die schlecht erhaltene Rankeninitiale zeigt mit ihren dreiteiligen, zum Teil eingedrehten Rankenenden Gemeinsamkeiten mit Göttweiger Arbeiten des späten 12. Jahrhunderts (z.B. Cod. 2177, fol. 92r); deutlicher sind stilistische Beziehungen zu Göttweig bei den wenigen Silhouetteninitialen wie jener auf fol. 134v - eng verwandte Silhouettenranken treten bei einer Reihe von Handschriften des nö. Skriptoriums auf (siehe bei Cod. 861).


Cod. 2442, fol. 13r

Vgl. Cod. 2177, fol. 92r
 

Cod. 2442, fol. 134v

Vgl. Cod. 2176, fol. 106r


Literatur: H. Ankwicz-Kleehoven, Wiener Humanisten-Exlibris, in: Jahrbuch der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft 1919, S. 16 - Hermann, Handschriften, 1926, Nr. 289 ('Geringe, vermutlich österreichische Arbeit vom Anfang des 13. Jhdts.') - H. Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1. Berlin 1961, 73 - E. Trenkler, Wolfgang Lazius, Humanist und Büchersammler, in: Biblos 27 (1978), 196 - C. Märtl, Regensburg in den geistigen Auseinandersetzungen des Investiturstreits, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 42 (1986), Heft 1, 174-177.

(FS)



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