Einband:
Ehemals heller, stark verbräunter Ledereinband über Holzdeckeln, 15. Jahrhundert. Rahmung und diagonale Feldteilung (Rauten) durch zwei- bzw. dreifache Streicheisengliederung. Stark verriebene Einzelstempel: Vierstrahlige Sterne, angeordnet in den Rauten und Dreieckfeldern. Spuren von je fünf Buckeln, zwei Schließen und einer Kettenbefestigung. Auf dem VD oben Titelaufschrift.
Provenienz:
Heiligenkreuz. Fol. IIr Besitzvermerk des 14. Jahrhunderts (?): 'Liber sancte crucis in Austria ordinis cisterciensis'. Fol. I, I* und II* stammen aus einem in mehreren Fragmenten erhaltenen Heiligenkreuzer Nekrolog (vgl. Cod. 1508; ediert in MGH, Necrologia, 5, 106ff.; laut Mitteilung von Dr. Zotter finden sich weitere Fragmente in der UB Graz). Die beiden Texte des hier relevanten älteren Teiles der Handschrift (foll. 28r-162v; Ende fehlt) sind mit großer Wahrscheinlichkeit mit zwei Titeln des Heiligenkreuzer Kataloges von 1381 zu identifizieren (s. Gottlieb, Bibliothekskataloge, 1915, S. 52, Zeile 7-9 bzw. S. 69, Zeile 14-15). - In diesem Teil finden sich auch die auf eine Benützung in Heiligenkreuz weisenden Lesemarken in Form eines bärtigen Profilkopfes (vgl. Einleitung). - Die Handschrift gelangte dann über die Bibliothek des Wiener Bischofs Johannes Fabri (1530-1541; gedrucktes Exlibris von 1540 auf dem VD innen) in die Wiener Universitätsbibliothek und von dort in die Wiener Hofbibliothek.
Cod. 2340, fol. II*, Nekrolog-Fragmente
Inhalt: Foll. 1r-11v Galfredus de Vinosalvo, Poetria nova (14. Jh). - ff. 12r-23r Matheus Vindocinensis, Tobias (14. Jh). - ff. 23r-27v Johannes de Garlandia, Synonyma (dat. 1345). - ff. 28r-89v Johannes Damascenus, Barlaam et Iosaphat. - ff. 90v-162v Guilelmus abbas S. Theoderici, Vita S. Bernhardi (Ende fehlt).
Buchschmuck:
Die beiden Texte des älteren Teiles der Handschrift (foll. 28r-162v) wurden von zwei verschiedenen Buchmalern mit vorwiegend zwei- bis dreizeiligen roten Initialmajuskeln ausgestattet. Der zweite Text enthält zu Beginn des Prologes und der einzelnen Bücher vier- bis sechszeilige und zu Textbeginn eine zehnzeilige rote Ziermajuskel mit geometrisierenden Aussparungen im Buchstabenkörper.
Zu Beginn des ersten Textes auf fol. 28r eine sechszeilige rote Rankeninitiale. Buchstabenkörper mit einfachen Spangen und zwei, weitgehend symmetrisch angelegten Spiralranken im Initialfeld, die in gebogten, gedreht wiedergegebenen Blättern und zwei größeren, dreiteiligen Blattmotiven auslaufen. - Auf fol. 36v am unteren Blattrand flüchtige Zeichnung einer Halbfigur.
Stil und Einordnung:
Die bei Hermann und im Inventar der illuminierten Handschriften bislang nicht berücksichtigte Handschrift ist nicht nur ihrer Provenienz nach, sondern auch bezüglich ihrer Entstehung eindeutig nach Heiligenkreuz zu lokalisieren. Die Rankeninitiale gehört zu einer großen Gruppe von Heiligenkreuzer Handschriften, die im vierten Viertel des 12. Jahrhunderts unter dem Einfluß der Regensburg-Prüfeninger Buchmalerei entstanden sind (z. B. CSc 33, fol. 91v). Gegenüber diesen Handschriften vertritt diese Initiale eine einfachere, auf wenige Motive reduzierte Variante. Die einfacheren Ziermajuskeln sind dagegen nicht eindeutig zuzuordnen.
Literatur: Gottlieb, Bibliothekskataloge, 1915, 16 (Anm. 1). - Wissenschaft im Mittelalter. Ausstellung von Handschriften und Inkunabeln der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien 1975, Kat.Nr. 39. - F. Munari, Mathei Vindocinensis. Opera. (Storia e letteratura 144). Rom 1977, 120f.