Einband:
Braunes, abgeriebenes Leder über Holzdeckeln (15. Jhdt.); an VD und HD Spuren von je fünf kreisrunden Beschlägen; ehemals zwei Langschließen, die am VD einhakten; am HD oben Spuren eines dreieckigen Beschlages für Kette oder Haken. Am VD Aufschrift des Titels (15. Jhdt.) und darunter Besitzvermerk des Johannes Alexander Brassicanus. Am Rücken tw. abgelöste barocke Titel- und Signaturschilder der Hofbibliothek.
Provenienz:
Mittelalterliche Provenienz unbekannt. Im 16. Jhdt. im Besitz des 1539 in Wien verstorbenen
Johannes Alexander Brassicanus (Vermerk am VD), aus dessen Nachlass sie der Wiener Bischof Fabri
(1530-40) erwarb, dessen Exlibris von 1540 am VD eingeklebt ist; die von Fabri der Bibliothek des Kollegium St. Nikolaus vermachten Handschriften gingen in die alte Universitätsbibliothek über und kamen 1756 in die Hofbibliothek.
Inhalt:
Smaragdus, Libellus de diversis virtutibus (fol. 1r-63v) - Iohannes Fiscannensis, Libellus de scripturis et verbis patrum collecta (fol. 64r-105v).
Buchschmuck:
Rote Überschriften, fol. 69v Textanschluß mit rotem Dekor betont. Meist dreizeilige rote Majuskeln, gelegentlich mit Punktverdickung und silhouettierten Rankenausläufern (fol. 34v, 44v, 57v). Sepiabraun ausgeführte Motive im Binnenfeld von Majuskeln: Rankenblätter (fol. 1r), Rankenblätter und Vogel (fol. 2v), stilisierte Blüte (fol. 3v), Löwe (?) mit Drachenschwanz (fol. 4v), männliche Büste (fol. 9v), Vierfüßler (fol. 10r), stilisierte Rosette (fol. 13v), männlicher Kopf (fol. 22v), stilisierte Rosette (fol. 24v), Ranken (fol. 30r), männliche Büste mit Januskopf, deren rechter Arm aus der Majuskel ragt (fol. 31r), Kelchblüten (fol. 33r), Ranken (fol. 62v), männliche Halbfigur, deren linker Arm aus der Majuskel ragt (fol. 74v). Eine rote, sechszeilige Rankeninitiale D (fol. 64r).
Stil und Einordnung:
Die einzige Initiale auf fol. 64r hängt aufgrund ihrer knorpelartigen Rankenenden und der Form der Spangen so eng mit Initialen des Cod. 122 der Göttweiger Stiftsbibliothek zusammen (fol. 1r), daß eine etwa gleichzeitige Entstehung in Göttweig angenommen werden kann (die Initiale P auf fol. 1ro findet sich nahezu identisch im Wiener Cod. 766 auf fol. 3r - vgl. Telesko, Göttweig, 1995, Abb. 41); beide Handschriften sind nach Schrift und Buchschmuck um 1150 entstanden. Die verschiedenen Motive im Binnenfeld einzelner Majuskeln sind noch im 12. Jhdt. nachgetragen worden, doch lassen sich dafür keine Vergleichsbeispiele aus Göttweig benennen.