Pergament. III+139 (gezählt I, I*-138)+III* Blätter. 29,5 x 21 cm.
Einband:
Braun gesprenkeltes Papier über Pappdeckeln mit weißen Pergamentecken (Linz, Ende 18. Jhdt.); auf dem weißen Lederrücken oben eine rote Lederetikette mit dem Titel in goldenen Lettern, unten mit Tinte Recentes-Signatur der Hofbibliothek.
Provenienz:
Baumgartenberg. Auf fol. I* Besitzvermerk 'Sum Montis Pomerii' (um 1784); nach der Aufhebung des oö. Zisterzienserklosters 1784 kam die Handschrift in die Wiener Hofbibliothek und wurde dort als 'Rec. 3060' einsigniert.
Inhalt:
Ambrosius, De Cain et Abel. Fragment (fol. Ir-I*r) - Bernhardus Claravallensis, Apologeticum (fol. I*v - 12v) - Bernhardus Claravallensis, Homiliae super 'missus est' (fol. 12v-35v) - Nicolaus Claravallensis, Sermo de S. Nicolao (fol. 35v-39r) - Bernhardus Claravallensis, Sermones (LXV) de diversis (fol. 39r-117v) - Sermo de septem donis Spiritus Sancti (fol. 117v-120v) - Sermo in epiphania Domini (fol. 120v-124r) - Bernhardus Claravallensis, De formula honestae vitae (fol. 124r-126v) - Bernhardus Claravallensis, De sacramento corporis Christi (fol. 127r-137v) - Abschrift einer astrologischen Beobachtung für den Monat September des Jahres 1329 von Johannes David Tholosanus, Cantor in Paris (fol. 138r).
Buchschmuck:
Rote Überschriften, rote zwei- bis dreizeilige Majuskeln (fol. 5r mit einfachem Bogendekor, fol. 12r mit gestielten Perlen, Punktverdickung und Strichdekor am Ablauf). Eine rot gezeichnete, fünfzeilige Rankeninitiale V auf hellblauem, blauem und gelbem Grund, die Blattenden schwarz konturiert - Im jüngeren Teil (12r-137v): Rote Überschriften; einzeilige dekorierte Satzmajuskeln; rote, meist drei- bis vierzeilige Majuskeln, gelegentlich mit Aussparungen (Bogen, Kopfstempel), Punktverdickungen und Strichdekor (z.B. 13r). Aufwendiger mit unterschiedlich stilisierten Blattformen verziert sind Majuskeln auf fol. 50v (in dieser Art auch f. 60r, 68v, 84v) und - hier großteils aus Blattformen zusammengesetzt - auf fol. 53r und 74v.
Stil und Einordnung:
Die Rankeninitiale auf fol. 1v weist in der Farbgebung und in Detailformen wie den gebogten, schwarz konturierten Enden der umgeschlagenen Blätter Merkmale auf, die sich auch in den in Baumgartenberg entstandenen Cod. 422, 480 und 481 der OÖ. Landesbibliothek in Linz finden; unter diesen bietet Cod. 480 durch einen Schenkungsvermerk von Abt Rudigerus (1207-1232) einen chronologischen Anhaltspunkt (vgl. K. Schiffmann, Die Handschriften der öffentlichen Studienbibliothek Linz [masch.], Linz 1935, Nr. 39). Der Schreiber von fol. I-12r in Cod. 769 hat wohl auch über weite Strecken am Cod. 189 der Bibliothek des Wiener Schottenstiftes mitgearbeitet, der auch durch seine Initialen (fol. 16r, 40r, 59v, 60r, 85v, 98r, 105v, 115v, 125v und 135r) eindeutig Baumgartenberg zuzuordnen ist. Handschriften mit einem identischen bzw. eng verwandten Initialstil gibt es auch in den niederösterreichischen Zisterzienserklöstern Zwettl und Lilienfeld: Der Buchschmuck von Cod. 250 in der Stiftsbibliothek Zwettl stammt zur Gänze von einem Baumgartenberger Buchmaler und ist wohl in Oberösterreich entstanden (vgl. Ch. Ziegler, Zisterzienserstift Zwettl - Katalog der Handschriften des Mittelalters, Teil III: Codex 201-300, Wien-München 1989, 119-121, Abb. 25 [fol. 63va]); an einem Band des Zwettler Magnum Legendarium, in Cod. Zwetl. 24, hat offenbar ein in Baumgartenberg geschulter Zeichner mitgearbeitet (vgl. fol. 3v bei Fingernagel, Heiligenkreuz, 1985, Abb. 98). Eng verwandt, aber ohne den charakteristischen farbigen Initialgrund ist eine Rankeninitiale in Cod. 52 (fol. 125ra) der Stiftsbibliothek Lilienfeld, der dort hergestellt worden ist (vgl. A. Haidinger u. F. Lackner, Die Handschriften des Stiftes Lilienfeld - Anmerkungen und Ergänzungen zu Schimeks Katalog, in: Codices manuscripti 18/19 [1997], 57-64, Abb. 4).
Der jüngere Teil von Cod. 769 hängt durch seine Satzmajuskeln mit dem Baumgartenberger Cod. 254 (ab fol. 59r) der OÖ. Landesbibliothek zusammen - auf fol. 86r dieser Handschrift findet sich auch eine mit fol. 74v nahezu identische Majuskel I.
Literatur:
P. Wind, Reiner Handschriften des 12. Jahrhunderts in Bibliotheken anderer Klöster und Stifte, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 89/90 (1998/99), 52 - Simader, Rein, 2001, 4 Anm. 37.