Cod. 741 (Theol. 135)

Beda Venerabilis - Hrabanus Maurus

Biburg, 3. Viertel des 12. Jahrhunderts

Pergament. 191 Blätter. 31,5 x 22,5 cm. Nach Kustoden (römische Zahlen, meist am Lagenanfang) ehemals drei selbständige Einheiten (1-68, 69-139, 140-191).

Einband: Beschädigter Originaleinband des 12. Jahrhunderts (Biburg). Dunkelbraunes Leder mit Blindstempeln über Holzdeckeln (alle Stempel auch auf Cod. 1009), am Rücken Leder verloren; Spuren von zwei Schließen. Am VD Weltenburger Titelschild des 15. Jahrhunderts mit der Tengnagel-Nummer 'XXIV'.

Provenienz: Benediktinerkloster St. Georg in Weltenburg: Besitzvermerk aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts (um 1231, da von gleicher Hand wie die Notiz zum Tod Herzog Ludwigs I. von Bayern im Jahr 1231 auf fol. 139r) auf fol. 140r ('Liber sancti Georii in Weltenburch'). Der Codex wurde vermutlich wie Codd. 738, 1009 und 1017 von Abt Fabian Laichner (1538-1553) an den Wiener Mediziner und Historiographen Wolfgang Lazius (1514-1565) übergeben. Durch die Blotius-Signatur 'O 4298' auf fol. 191r ist die Handschrift seit 1576 in der Hofbibliothek nachweisbar.

Inhalt: Foll. 1v-68v Beda Venerabilis, Expositio in Esdram et Nehemiam (PL 91, 807-924, Stegmüller 1607) - ff. 69r-139r Hrabanus Maurus, Commentarius in libros Maccabaeorum (PL 109, 1125-1224; Prolog siehe MGH Epist. V, 469f. und 424f.) - f. 139r Notiz zum Tod Herzog Ludwigs I. von Bayern im Jahr 1231, von anderer Hand ein unvollständiger Eintrag aus dem Jahr 1241 - ff. 140r-184v Hrabanus Maurus, Commentarius in libros Iudith et Esther (PL 109, 539-592 und 109, 635-670; Stegmüller 7038f.; Prologe siehe MGH Epist. V, 420f. und 421f.) - ff. 184v-191v Beda Venerabilis, Expositio in Tobiam (PL 91,923-938; Stegmüller 1608).

Buchschmuck: Rote Überschriften. Ein- bis neunzeilige Majuskeln, Satzmajuskeln gelegentlich auch braun; auf fol. 69r silhouettierte Früchte am Ablauf, auf fol. 185r kleine Silhouettenranken. Drei sieben- bis neunzeilige Rankeninitialen (fol. 1v E, 2v C, 45r U). Eine ganzseitige Federzeichnung in Rot und Sepiabraun (fol. 1r): König Kyros gestattet den Wiederaufbau des Tempels. Im oberen Register Kyros thronend mit Lilienszepter und Spruchband, hinter ihm ein Schwertträger; seitlich Zorobabel und Nehemias. Im unteren Register der Zug der heimkehrenden Juden (mit zwei Frauen), die die Entscheidung des Herrschers offenbar an Hirten verkünden.

Stil und Einordnung: Die stark rheinländisch geprägten, fein gezeichneten Rankeninitialen auf fol. 1v und 2v sind stilistisch unmittelbar mit jenen in der Biburger Bibel von 1147 (München, Universitätsbibliothek, 2° Cod. 28 - zur Handschrift siehe N. Daniel, G. Kornrumpf u. G. Schott, Die lateinischen mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek München: Die Handschriften aus der Folioreihe, Hälfte 1. Wiesbaden 1974, 41f.) und den damit zusammenhängenden Handschriften wie Clm 14375 (München, Bayerische Staatsbibliothek - dazu Klemm, München, 1980, Nr. 21) oder Cod. 716 verwandt. Eine dritte Initiale auf fol. 45v ist dagegen wesentlich gröber ausgeführt, die einzelnen Blattmotive sind deutlich reduziert - das entspricht u.a. exakt Teilen der Ausstattung des Biburger Homiliars (2° Cod. ms. 15) von 1163 in der Universitätsbibliothek München (dazu Daniel u.a., 1974, 22-25). Trotz der Weltenburger Provenienz ist die Handschrift damit eindeutig nach Biburg zu lokalisieren.
Bei der Federzeichnung fällt auf, daß für Rot eine stumpfe Feder (oder ein Pinsel ?) verwendet ist, während die sepiabraunen Partien mit einer spitzen Feder angelegt sind - von dieser Hand stammen wohl die meisten Rankeninitialen in Cod. 738.


Cod. 741, fol. 1v

Vgl. Cod. 716, fol. 24v
  Vgl. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 14375, fol. 1v
 

Cod. 741, fol. 2v

Vgl. München, Universitätsbibliothek, 2° Cod. Ms. 28, fol. 158v
 

Cod. 741, fol. 45r

Vgl. München, Universitätsbibliothek, 2° Cod. 15, fol. 143r
 

Cod. 741, fol. 45r

Vgl. Cod. 716, fol. 99r
  Vgl. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 564, fol. 2v



Cod. 741, fol. 1r


Literatur: Hermann, Handschriften, 1926, Nr. 44 - O. Mazal, Die Weltenburger Handschriften in der Österreichischen Nationalbibliothek (Weltenburger Akademie. Arbeitsblätter der Historischen Arbeitsgemeinschaft 4). Weltenburg 1974. - O. Mazal, Katalog zur Ausstellung 'Weltenburger Handschriften des Mittelalters'. Kelheim 1981 - F. A. Schmidt-Künsemüller, Die abendländischen romanischen Blindstempeleinbände (Denkmäler der Buchkunst 6). Stuttgart 1985, Nr. 133 - E. Klemm, Die romanischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, Teil 2: Die Bistümer Freising und Augsburg, verschiedene deutsche Provenienzen (Katalog der illuminierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek in München 3/2). Text- u. Tafelband. Wiesbaden 1988, 13 - O. Mazal, Europäische Einbandkunst aus Mittelalter und Neuzeit. Ausstellung der Handschriften- und Inkunabelsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz 1990, Nr. 6 - V. Pirker-Aurenhammer, Die Gumbertusbibel. Codex 1 der Universitätsbibliothek Erlangen. Ein Regensburger Bildprogramm des späten 12. Jh. (Regensburger Studien und Quellen zur Kulturgeschichte 7). Regensburg 1998, 173.

(FS)

Angelegt im August 2003

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