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 Ödön von Horváths 
"Geschichten aus dem Wiener Wald". Vorstudie einer historisch-kritischen AusgabeProjektleitung: Dr. Klaus Kastberger (ÖLA)Telefon: (+43 1) 534 10 / 349
 Fax: (+43 1) 534 10 / 340
 E-Mail: klaus.kastberger@onb.ac.at
 Projektmitarbeit: Erwin Gartner
 Finanzierung: Magistrat der Stadt Wien; MA 18, Referat Wissenschafts- und Forschungsförderung
 Laufzeit: 1. August 2000 bis ca. Juli 2001
 
Kurzbeschreibung 
Weil es bei Ödön von Horváth um jedes Detail der Sprache geht und die Stücke des 
Autors eine höchst komplexe Struktur aufweisen, fällt das Fehlen einer historisch-kritischen Werkausgabe 
schwer ins Gewicht. Die mangelnde philologische Sorgfalt der derzeit verfügbaren Ausgaben wurde in der 
Forschung wiederholt moniert; vereinzelt wurden auch schon Versuche gemacht, diesem Mißstand durch 
direkte Arbeit am Nachlaßbestand abzuhelfen, wodurch es aber zu vielen unterschiedlichen (und auch 
unterschiedlich exakten) Teileditionen gekommen ist.Anhand des am ÖLA befindlichen Nachlaßbestandes wird die Breite der editionstechnischen 
Probleme deutlich. Fast zu jedem Werk Horváths liegt eine Vielzahl von Fassungen und Umarbeitungen 
vor, im Laufe des Produktionsprozesses hat der Autor am Textmaterial herumgeschnitten und es wieder 
zusammengeklebt, so daß die einzelnen Zwischenstufen nicht geschlossen erhalten sind und auch 
hinsichtlich der Endfassungen, von denen bei Horváth in manchen Fällen mehrere Alternativersionen 
vorliegen, große Unklarheiten bestehen.
 Auch das berühmteste Volksstück des Autors, "Geschichten aus dem Wiener Wald", in dem 
Horváth das Flair der Großstadt eingefangen und ein Sittenbild Wiens geformt hat, wirft eine Reihe von 
Fragen auf, und zwar nicht nur, was die Genese des Stückes, sondern auch was die Edition der beiden 
Letztfassungen ("Volksstück in sieben Bildern", "Volksstück in drei Teilen") 
betrifft, also einen Bereich, der bislang editorisch einigermaßen gesichert schien. Schon ein erster Blick 
auf die Nachlaßmaterialien macht klar, daß die Darstellung, die Traugott Krischke von der 
Entstehungsgeschichte des Stückes gegeben hat, einer teilweisen Revidierung und einer umfassenden 
Präzisierung bedürfen. Gleiches gilt für die Editionen des Stückes, die philologisch 
hochgradig unausgewiesen und in sich unstimmig sind. Beispielsweise liegen von der zweitletzten Fassung 
des Stückes ("Volksstück in sieben Bildern") zwei voneinander stark abweichende 
Varianten vor; die von Krischke angegebenen Quellen (ein 104seitiges Typoskript in dem einen, ein 78seitiges 
in dem anderen Fall) sind im Nachlaß nicht in geschlossener Form, sondern lediglich in einigen 
Einzelabschnitten vorhanden. An textkritischer Sorgfalt lassen es schließlich auch die von Krischke 
edierten Vorfassungen, Fragmente und Varianten des Stückes vermissen.
 Im gegenständlichen Projekt sollen diese Probleme untersucht, die Entstehungsgeschichte des 
Stückes ausgewiesen, sowie die Abfolge der vorhandenen Textstufen erarbeitet und damit eine 
philologisch überprüfbare Basis für künftige Ausgaben der "Geschichten 
aus dem Wiener Wald" geschaffen werden. Hierfür sind folgende Arbeitsschritte vorgesehen:
 
1) Vergleichende Untersuchung früher Ausgaben von "Geschichten aus dem Wiener Wald", 
insbesondere der Stamm- und Regiebücher sowie der ersten Drucke, an deren Korrektur Horváth 
teilweise noch selbst beteiligt war. 2) Überprüfung der gängigen Ausgaben anhand der im Nachlaß befindlichen 
Originaltyposkripte: Der Bestand zu "Geschichten aus dem Wiener Wald" umfaßt 26 
Mappen mit mehr als 750 Einzelblättern. Die gängigen Ausgaben müssen mit den 
Originalen verglichen und einzelne Textabschnitte der jeweiligen Vorlage zugeordnet werden. Diese 
Arbeit wird durch zwei Tatsachen erschwert: Erstens sind in den verfügbaren Ausgaben die 
Archivquellen nur sehr nachlässig und teilweise gar nicht zitiert, so daß nach manchen 
Vorlagen lange gesucht werden muß. Zweitens ist der Nachlaßbestand Horváths 
erst vor zehn Jahren nach Wien gekommen; in den vorausgegangenen Jahrzehnten wurden die 
Materialien mehrfach umgeordnet und dabei teilweise werkgenetische Einheiten mutwillig getrennt 
und der ursprüngliche Befund zerstört.
 3) Rekonstruktion des Arbeitsprozesses und der Textgenese (Isolierung einzelner Textstufen und ihrer Abfolge 
aus dem Nachlaßmaterial): Dieser Schritt erfordert philologische Akribie und die Miteinbeziehung weiterer 
Quellen (Erinnerungen, Briefe etc.).
 4) Gewinnung eines Arbeitsmodells für die künftige Horváth-Philologie: Die Untersuchung der 
"Geschichten aus dem Wiener Wald" soll als Vorstudie einer historisch-kritischen Ausgabe Ödön 
von Horváths dienen. Diese Ausgabe bildet für die österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts 
gegenwärtig eines der größten Desiderata.
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