Wertvoller Ankauf: Österreichische Nationalbibliothek erwirbt Autografensammlung Emile Zuckerkandl
Pressemeldung
Die Österreichische Nationalbibliothek erwarb die einzigartige Autografensammlung von Emile Zuckerkandl, Enkel der legendären Journalistin und Salonière Berta Zuckerkandl. Darin enthalten sind zahlreiche Briefe prominenter Persönlichkeiten vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, u. a. von Rainer Maria Rilke, Arthur Schnitzler, Egon Schiele, Otto Wagner und Berta von Suttner. Ein besonderes Dokument stellt das „Fluchttagebuch“ Berta Zuckerkandls dar, das diese 1940 auf ihrer Flucht vor den Nazis schrieb.
Emile Zuckerkandl
Emile Zuckerkandl (geboren 1922) entstammt einer der bekanntesten jüdischen Familien Wiens. Er ist der Enkel der legendären Journalistin, Förderin und Salonière Berta Zuckerkandl, die wiederum die Tochter von Moriz Szeps war, einem der einflussreichsten liberalen Journalisten der Monarchie. Über ihre in Frankreich verheiratete Schwester war Berta Zuckerkandl außerdem eng mit dem dortigen politischen und kulturellen Leben verbunden.
1938 musste die Familie vor den Nazis fliehen: Emile Zuckerkandl, seine Mutter Malva Stekel, die Tochter des Psychoanalytikers Wilhelm Stekel, und seine Großmutter Berta Zuckerkandl reisten über Paris und Südfrankreich weiter nach Marokko und Algerien, wo sie den Krieg überlebten. Berta Zuckerkandl starb 1945 in Paris. Ihr Enkel Emile studierte Biologie in Frankreich und den USA und arbeitete ab 1958 unter dem späteren Nobelpreisträger Linus Pauling am renommierten California Institute of Technology. Heute lebt Emile Zuckerkandl mit seiner Frau Jane Zuckerkandl im kalifornischen Palo Alto.
Die Autografensammlung
Diese Familiengeschichte, die aufs Engste mit der österreichischen und europäischen Geschichte vom Ausgang des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts verbunden ist, spiegelt sich in der einzigartigen Autografensammlung Emile Zuckerkandls wider: Bereits als Neunjähriger bat Emile seine Großmutter um Briefe berühmter Persönlichkeiten; außerdem lud er die Gäste im legendären Zuckerkandl-Salon über dem Café Landtmann ein, sich in seinen eigens angelegten Alben zu verewigen.
Unter den Briefschreibern finden sich berühmte Schriftsteller wie Peter Altenberg, Egon Friedell, Alfred Polgar, Rainer Maria Rilke, Felix Salten, Arthur Schnitzler oder Stefan Zweig, darunter auch berühmte französische Autoren wie Jean Anouilh, André Gide und Romain Rolland. Als Begleiterin und tatkräftige Unterstützerin der Wiener Sezessionskünstler sowie Förderin und Freundin der Mitglieder der Wiener Werkstätte war Berta Zuckerkandl mit den bedeutendsten österreichischen Künstlern ihrer Zeit bekannt. Die Sammlung beinhaltet Briefe etwa von Josef Hoffmann, Koloman Moser, Egon Schiele, Otto Wagner und Walter Gropius. Ihn lernte Berta Zuckerkandl über ihre Freundin Alma Mahler kennen. Zu erwähnen sind noch Korrespondenzstücke von Alexander und Johanna Moissi, Max Reinhardt sowie der Friedensnobelpreisträgerin Berta von Suttner.
Ein besonderes Dokument der Sammlung, die derzeit im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek erschlossen wird, stellt das „Fluchttagebuch“ Berta Zuckerkandls dar. Dieses schrieb sie auf Anregung ihres Enkels im November 1940 in Algier, im Frühjahr 2013 wird es transkribiert und kommentiert im Czernin-Verlag erscheinen.
Der Ankauf dieser wertvollen Autografensammlung wurde durch die großzügige Unterstützung der Gesellschaft der Freunde der Österreichischen Nationalbibliothek ermöglicht.
Foto: Berta Zuckerkandl und ihr Enkel Emile
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