Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum Sonoren Land (Textfassung 2)

Typoskript 2-zeilig, Durchschlag, gebunden, 117 Blatt, ??.08.1988 bis ??.??.1988

Druckversion

Die zweite Textfassung von Peter Handkes Theaterstück Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum Sonoren Land ist in Form eines Typoskriptdurchschlags erhalten, den Hans Widrich nachträglich in Leinen binden ließ; der Verbleib des Originaltyposkripts ließ sich bislang nicht eruieren. Der gebundene Durchschlag umfasst 117 Blatt, die zweizeilig und mit breitem Korrekturrand getippt wurden. Die Seiten wurden zuvor vom Autor ab dem zweiten Blatt von 1-115 paginiert, wobei Handke bei der Seitenzählung eine Seite übersehen hat, die vom Archiv mit der Folierung II versehen wurde. Das Titelblatt mit der Aufschrift: »DAS SPIEL VOM FRAGEN [/] oder [/] Die Reise zum Sonoren Land« (Bl. I) ist unpaginiert. Das zweite Blatt enthält die Widmung »für Seami Motokiyo, Ferdinand Raimund, [/] Anton Tschechow, John Ford und all die [/] anderen« und darunter das Motto »"Die Pilger gingen sehr nachdenklich dahin... Diese Pilger [/] schienen mir von weit zu kommen" [/] Dante, VITA NOVA« (Bl. 1).

Korrekturen

Die Korrekturen und Texteinschübe der ersten Textfassung sind hier bereits umgesetzt. Darüber hinaus wurden von Handke auch etliche, in den Korrekturen der ersten Fassung nicht vorgegebene Änderungen vorgenommen, sie betreffen vor allem das letzte Drittel des Stücks. Es handelt sich dabei nicht nur um Straffungen der Dialoge, sondern auch um Erweiterungen und Umschreibungen, zum Beispiel wurde von Handke die Stelle, in der Parzival nach seiner Heilung die Füße in der Quelle baumelnd seine Geschichte erzählt, hinzugefügt (Bl. 88; vgl. DSF 125ff.). Im Großen und Ganzen entspricht der Text bereits der veröffentlichten Buchfassung, eine kleine Ergänzung im Schluss des Stücks, im Selbstgespräch des Einheimischen, zeigt aber, dass Handke diese Fassung in den Druckfahnen noch einmal bearbeitet haben muss – am Schluss fehlt im Durchschlag etwa noch dieser letzte Teil: »Helles Bild nähert, dunkles entfernt sich. Wo ist der Hund, der dem armen Lazarus die Schwären des Fragens ableckt? "Ich hämmert' in der Nacht ..." Warum? Warum? Warum? "Die Rose ist ohne warum?" Und du? Und du? Und du?« (DSF 160). Der Typoskriptdurchschlag dieser zweiten Fassung enthält nur noch wenige handschriftliche Eingriffe von Peter Handke, wobei ein Teil als noch beim Schreiben angefertigte Korrekturen im Durchschlag dokumentiert sind. Daneben weist das Material kleinere mit Bleistift eingetragene Verbesserungen auf, die erst nach Fertigstellung des Typoskripts enstanden sein können.

Datierung

Die am Ende des Typoskripts angegebenen Entstehungsorte und -zeiten »Brazzano di Cormòns, Venedig, Aquileia, Gemona del Friuli, Vigo, La Coruñna, Santander, Paris, Salzburg; Frühjahr-Herbst 1988« (Bl. 115) wurden von Handke wieder gestrichen; sie beziehen sich auf die Niederschrift der ersten und zweiten Textfassung, wobei auffällt, dass Handke zwischen den Aufenthaltsorten in Italien und Paris auch noch drei Orte in Spanien anführt, die bei den Entstehungsorten im Typoskript der ersten Textfassung fehlen. Diese zweite Fassung wurde, wie man dem Briefwechsel mit Siegfried Unseld entnehmen kann, in Salzburg in der Zeit zwischen Mitte August und Ende September 1988 getippt. Handke wollte sie Mitte Oktober an Unseld schicken (Handke / Unseld 2012, S. 550), dürfte aber früher fertig geworden sein, denn am 4. Oktober 1988 schrieb er Unseld aus Salzburg einen Brief, in welchem er nachfragt, »ob die Blätter auch angekommen sind« (Handke / Unseld 2012, S. 551). Mit den »Blättern« ist aller Wahrscheinlichkeit nach das Typoskript des Stücks gemeint. Mitte Oktober wollte Handke, wie er in dem Brief ebenfalls ankündigt, wieder »wandern gehen«. Ob er Unseld das Original oder eine Kopie des Typoskripts schickte, ist dabei unklar, am 16. Oktober trafen sich Handke und Unseld jedenfalls in Salzburg, um das Stück zu besprechen (Handke / Unseld 2012, S. 551ff.).

Kopie (Besitz 2)

Eine Typoskriptkopie der zweiten Textfassung, mit handschriftlichen Korrekturen in Kopie befindet sich im Bestand des Siegfried Unseld Archivs am Deutschen Literaturarchiv Marbach (Besitz 2). Diese unterscheidet sich vom Durchschlag in der Paginierung und im Widmungs- bzw. Mottoblatt, auf dem Handke das Zitat aus Dantes Vita Nova »"Die Pilger gingen sehr nachdenklich dahin... Diese Pilger [/] schienen mir von weit zu kommen"« maschinschriftlich um das Zitat »"Wißt ihr, daß, wer sich hinten hält, sich selbst behält?"« (Bl. 2) des taoistischen Philosophen Liä Dsi ergänzte, den er parallel zur Niederschrift des Typoskripts gelesen hat. Eine weitere Differenz ergeben die im Durchschlag eingetragenen Bleistiftkorrekturen, die in der Kopie nicht enthalten sind, weshalb die Kopie noch vor diesen Eingriffen angefertigt worden sein muss. Umgekehrt weist die Kopie kleine Texteinschübe auf, die im Durchschlag fehlen – zum Beispiel die Einfügung im Dialogteil des Spielverderbers über die Frauen: »Warum weiß ich zwar von Männern mit Sehnsucht nach Reinheit, nicht aber von Frauen?« (Bl. 58 in der Kopie, Bl. 56 im Durchschlag) oder im Schlussgespräch von Spielverderber und Mauerschauer, der meint: »Endlich wieder zuhause in den Sätzen der Bücher, in meinen Schritten.« (Bl. 112 in der Kopie, Bl. 110 im Durchschlag). Weitere solcher nicht im Durchschlag dokumentierter Korrekturen findet man in der Kopie zum Beispiel auf Blatt 13, 31, 34, 38 oder 45.

Diese Unterschiede zwischen Durchschlag und Kopie lassen darauf schließen, dass Handke das Originaltyposkript nach der Fertigstellung getrennt vom Durchschlag paginiert und auch noch leicht korrigiert hat. Es wäre auch denkbar, dass Handke Anfang Oktober das Original in den Verlag geschickt hat, wo dann eine Kopie angefertigt worden ist. Die im Durchschlag nicht enthaltenen Korrekturen könnten dabei auch bei der Besprechung des Stücks mit Unseld in Salzburg eingetragen worden sein; die Kopie wäre in diesem Fall erst anschließend angefertigt worden. (kp)

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorlage): 

DAS SPIEL VOM FRAGEN [/] oder [/] Die Reise zum Sonoren Land [Bl. I]

Entstehungsdatum (laut Vorlage):  Frühjahr-Herbst 1988 [Bl. 115]
Datum normiert:  ??.08.1988 bis ??.??.1988
Entstehungsorte (laut Vorlage): 

Brazzano di Cormòns, Venedig, Aquileia, Gemona del Friuli, Vigo, La Coruñna, Santander, Paris, Salzburg [Bl. 115]

Materialart und Besitz

Besitz 1:  Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Art, Umfang, Anzahl: 

Typoskript 2-zeilig, Durchschlag, 117 Blatt, fol. I, pag. 1-26, fol. II, pag. 27-115, gebunden mit eh. Korrekturen im Durchschlag und Bleistiftkorrekturen

Format:  A4
Schreibstoff:  Bleistift
Weitere Beilagen: 

1 mitgebundenes Beiblatt mit der Notiz: »Durchschlag des Manuskripts mit Korrekturen des Autors [/] von Peter Handke erhalten im Dezember 1988 [/] Hans Widrich«