Alaska (Langsame Heimkehr)
In den Jahren 1976/77 hat sich Peter Handke sehr intensiv mit seinem Buch Die linkshändige Frau und dessen Verfilmung beschäftigt, bei der er selbst Regie führte. Während dieser Monate trug er ein literarisches Projekt mit sich, das in entsprechenden Notizbüchern unter dem Titel »Ins tiefe Österreich« firmiert. Unter dem Eindruck erster Wanderungen im Grenzland von Kärnten, in Slowenien und im Triestiner Karst hatte der Autor an eine Art Heimkehrer-Geschichte in einem relativ klar umrissenen politisch-geographischen Bezugsrahmen gedacht.
Mit Abschluss der Filmarbeiten kam Handke zur Erkenntnis, dass das ursprünglich avisierte Projekt für ihn in der geplanten Form nicht mehr zu machen war. Dies markiert den Beginn einer existentiellen Krise, die sich mit der Arbeit an der Erzählung Langsame Heimkehr verbindet. Der Weg, den das Projekt von da an nahm, führte nicht länger ins »tiefe Österreich«, sondern in ganz anders geartete Tiefenschichtungen hinein. Anders als im italienischen Karst, dabei aber förmlich auch in einer Landschaft vor sich liegen, sah Handke diese geologischen Schichtungen im Zuge einer Reise nach Alaska, die er zum Jahreswechsel 1977/78 unternommen hat. Am 23. Dezember 1977 trug er in sein Notizbuch den euphorischen Satz ein: »Alaska, das war ein Land, wo er sehen konnte.« (ÖLA SPH/LW/W84, S. 276) Eine zweite Reise, die den Autor im Sommer 1978 noch einmal nach Alaska und anschließend über San Francisco und New York zurück nach Europa führte, ist dann bereits jene, die in dem Buch Langsame Heimkehr auch inhaltlich nachgebildet ist.
Laut einer handschriftlichen Eintragung des Autors auf einer geologischen Karte von Alaska begann er mit der Niederschrift der ersten Fassung des Buches, die bezeichnenderweise den Gesamttitel »Die Vorzeitformen« trägt, am »14. Oktober 1978 im Hotel Adams, in der 86. Straße«. Beendet hat Handke die Arbeit an dieser ersten, in Form eines engzeiligen Typoskripts vorliegenden Fassung laut einem Eintrag auf der letzten Seite am »6. Januar 1979« in München, also in der Wohnung des Ehepaares Hermann und Hanne Lenz. Dorthin hatte sich Handke mitsamt den Höllenqualen geflüchtet, die er während des Schreibens erlitt, und dort fand er unter der Obhut seiner Gastgeber dann auch jene Umgebung vor, die es ihm ermöglichte, seine Schreibarbeit zu beenden. (kk)
Siglenverzeichnis Werkgenese Forschungsbeitrag Gesamtfaksimilie
- Werke und Themen
- Stationen am Theater
- Werkmaterialien
- Handkes Orte
- Wohnorte
- Schauplätze
- Der Griffener See (Die Hornissen, Gedicht an die Dauer)
- Amerika (Der kurze Brief, Langsame Heimkehr)
- Alaska (Langsame Heimkehr)
- Aix en Provence (Die Lehre der Sainte-Victoire)
- Der Morzger Wald bei Salzburg (Die Lehre der Sainte-Victoire)
- Salzburg (Der Chinese des Schmerzes)
- Das Steinhuder Meer (Kali)
- Belgrad (Winterliche Reise, Sommerlicher Nachtrag, Unter Tränen fragend, Tablas von Daimiel, Geschichte des Dragoljub Milanović)