Dieses Notizbuch mit einem Umfang von 56 Seiten enthält einer von Peter Handke nachträglich am Buchumschlag vorgenommenen Datierung zufolge Aufzeichnungen aus dem Zeitraum zwischen November 1975 und Jänner 1976. Die meisten Notizen beschäftigten sich thematisch mit der Filmerzählung Die linkshändige Frau. Das Notizbuch wurde von Handke dementsprechend am vorderen Vorsatz (der Innenseite des Umschlags) dem Schreibprojekt zugeordnet, wobei er die erste Titelidee »Die Linkshänderin« (S. I) strich und durch den bekannten Titel ersetzte. Es ist die erste in öffentlichen Archiven vorhandene Quelle zu seiner Filmerzählung und versammelt etliche Skizzen zu Figuren und vor allem zu zentralen Stellen des Plots wie etwa zum Wunsch der Frau, verlassen zu werden (S. 1, 28; DF 22), zum Besuch des Vaters (S. 1, 2; DF 88ff.), zur Erinnerung der Frau an die Ausstellung von Barnett Newman (S. 4; DF 106ff.), zum Aufsatz des Kindes über das schöne Leben (S. 9-10; DF 8ff.) oder zur Frau, die ihren Mann verfolgt und ihm dann einen Pullover kauft (S. 28; DF 108f.). Es kommen noch keine Figurennamen vor. Obwohl Die linkshändige Frau als Filmdrehbuch konzipiert wurde, notierte Handke keine Details zu Kameraeinstellungen oder Schauplätzen, seine Notizen zu Filmen von Jean-Luc Godard, François Truffaut, Louis Malle, Claude Lelouch oder Jean Renoir zeigen aber eine intensive Beschäftigung mit Filmästhetik der französischen Nouvelle Vague.
Die Notizen zum Drehbuch bzw. zur Erzählung sind oftmals nur Stichwörter wie zum Beispiel: »Der Vater [/] Waldspaziergang, Abenddämmerung an einem Weiher« (S. 1) und »Der Vater kommt zu Besuch« (S. 2; vgl. DF 88), »Radio in der Küche, im Badezimmer« (S. 9; vgl. DF 70) oder »starkes Glockengebimmel an den Kassen des Warenhauses« (S. 16; vgl. DF 41). In anderen Notizen werden Dialogpassagen skizziert: »"Du hast ja deine Haare geschnitten?" – "Ja, aber schon vor 2 Wochen." – "Und hast du bemerkt, daß ich den Bart abrasiert habe." – "Ach ja, jetzt seh ich das erst." – "Ist das Sofa hier neu?" "Das letzte Mal war es doch noch ein anderes?" – "Nein, wie kommst du darauf, es ist das alte." (S. 16; vgl. DF 77) Manche Notizen waren vermutlich zuerst gar nicht für die Filmerzählung gedacht, wurden aber von Handke später eingearbeitet wie etwa der Eintrag: »Der Interviewer sagt zum Einsamen: "Erzählen Sie mir eine Geschichte von der Einsamkeit!" Der Befragte schweigt.« (S. 33; DF 44) Ein langes, eine ganze Notizbuchseite füllendes Lektürezitat Handkes, das bisher noch keiner Quelle zugeordnet werden konnte, beinhaltet den Text, den die Frau in der Filmerzählung übersetzen soll: »J’attends d’un homme qu’il m’aime pour ce que je suis […]« (S. 7; DF 56ff.). Die Einträge entstanden noch vor der Arbeit an der ersten Textfassung, dem zwischen 9. und 25. Jänner 1976 geschriebenen Filmdrehbuch; sie wurden nach ihrer Einarbeitung in den Text mit rotem Kugelschreiber abgehakt. (kp)
Die Linkshänderin [S. I]; Die linkshändige Frau [S. I]
Bd. Montmorency [Paris, S. 19]; Sèvres-Lecourbe [Métrostation in Paris, S. 27]
1 türkises Notizbuch, I, 56 Seiten unpag., I*; von Handke auf vorderen Umschlag geklebter Papierstreifen mit Datierung »Nov 75-Jan 76«
Filme:
Musik:
Malerei:
mehrere Kinderzeichnungen von Amina Handke: ein Boot und ein Fisch mit einer Sprechblase im Wasser (S. 32), Fische und eine Ente im Wasser mit Sprechblasen ohne Inhalt (S. 33); weitere kleinere Zeichnungen (S. 38, 40, 41, 54, 55)