Konvolut mit Beiblättern (zur Textfassung 1a)
Bleistiftmanuskript, 48 Blatt, 24.01.1995 bis 12.03.1995
Die von Peter Handke während seiner Arbeit an der ersten Textfassung (1a) von Zurüstungen für die Unsterblichkeit auf Beiblätter geschriebenen Nebennotizen sind im Bestand des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek verzeichnet. Das Konvolut umfasst 48 Blatt, die vom Archiv zur besseren Zitierbarkeit mit einer Folierung von 1-48 versehen wurden. Die Notizen sind bis auf wenige Ausnahmen mit Bleistift geschrieben, wobei Handke als Schreibmaterial auch die leeren Rückseiten von »Abfallblättern« der ersten Textfassung verwendete (Bl. 5, 13, 39, 45). Diese dadurch zufällig erhaltenen »Abfallblätter« sind für sich schon textgenetisch relevant, denn sie zeigen, dass Handke bereits beim Schreiben der ersten Fassung einzelne kleinere Passagen, mit denen er noch nicht zufrieden war, gleich neu tippte.
Datierung
Ein Großteil der Blätter wurde von Handke mit dem Datum des jeweiligen Schreibtages versehen, wobei er pro Arbeitstag ein Blatt verwendete. Die ersten 36 Blatt des Konvoluts weisen eine nahezu durchlaufende Datierung von 24. Jänner bis 12. März 1995 auf (für den letzten Schreibtag benötigte er allerdings zwei Blätter, Bl. 35 u. 36). Die restlichen 12 Blatt blieben undatiert (Bl. 37-48) und folgen auch keiner offensichtlichen chronologischen Ordnung; sie müssen den Notizen zufolge aber in der ersten Schreibphase von 11. bis 23. Jänner 1995 entstanden sein.
Die »Abfallblätter« bestätigen indirekt die Entstehungszeit der undatierten Blätter. Handke muss sie zumindest kurz nach ihrer Aussonderung für Nebennotizen verwendet haben, das macht ein Vergleich der verworfenen Textpassagen mit den Notizen deutlich. Das zwar mit der Seitenzahl 45 folierte, aber wohl am Anfang der ersten Textfassung entstandene Beiblatt wurde etwa auf der ausgesonderten Seite sechs der Textfassung 1a geschrieben, welches die am 13. Jänner 1995 getippten letzten sechs Dialogzeilen des ersten Akts enthält. Den Schluss des Aktes hat Handke noch einmal leicht erweitert und vermutlich am selben oder nächsten Tag neugetippt. Das dadurch entstandene »Abfallblatt« könnte er am 14. oder 15. Jänner für seine Nebennotizen verwendet haben, da diese inhaltlich zu dem am 15. Jänner geschriebenen Textabschnitt der ersten Textfassung (ÖLA 326/W53, Bl. 6; 8-11) passen.
Beschreibung der Notizen
Die Nebennotizen selbst bestehen aus assoziativen Stichwörtern zu Inhalten und Figuren des Stücks, aus Hinweisen zur Form wie beispielsweise »2xige Sprachlosigkeit [/] 2x Verneinungssatz« (Bl. 3), »die 3 nur 1-Satz-Dialoge« (Bl. 5), »Burleske!« (Bl. 6) oder »Die Hebamme hat gesagt… (2x)« (Bl. 46); sie enthalten vorformulierte Sätze und in das System des Stücks übertragene Lektürezitate. Sie wurden von Handke kreuz und quer über das Blatt, untereinander oder durch seitliche Striche getrennt auch nebeneinander geschrieben, teilweise durch Unterstreichungen oder Kringel hervorgehoben sowie durch Pfeile miteinander verbunden. Mithilfe der Datierungen aber auch anhand der Stichworte lassen sich die Blätter meist genau den jeweiligen Textabschnitten der ersten Textfassung zuordnen. Sie ergeben dabei ein grobes Konstruktionsgerüst des Stücks.
Beiblatt vom 24. Jänner 1997
Ein Bespiel soll die Art dieser beim Schreiben entstandenen Notizen veranschaulichen; Handke notierte etwa am Beiblatt vom 24. Jänner 1997: »In mir ist etwas, was {xxx} hier [/] keiner kann«; »neuer Krieg?« »Im Ausland neuer Krieg«; »ohne P: alles aufatmet [/] besser«; »verwirren, verwirren«; »Mutter, ich weiß, das ist dir recht [/] Vater wo? kommt {von [Steno]} selber [/] Chronik«; »Nur an Ort und Stelle [/] wird etwas [/] aus mir«; »die Träume vertonen«; »Mein Vater glaubt [/] an mich, [/] er wird an mich [/] glauben«; vom Ausland [/] den Vater [/] heimholen?«; »Die Großmachtleute [/] dort >«; »Ihr Bereich ist [/] schon {wieder [Steno]} fast [/] überall, [/] mehr denn je, [/] nur hier noch nicht, [/] noch {nicht wieder [Steno]}« (Bl. 1).
Die Notizen passen inhaltlich zu den Seiten 30 bis 32 der ersten Textfassung oder zu den Seiten 42-43 des veröffentlichten Stücktextes, wo Filipe spricht: »Ich gehe nicht weg. Nicht in das Ausland. Nur an Ort und Stelle bin ich in meinem Element. Nur in unsrer Enklave kann etwas werden aus mir. Ihr werdet sehen, ihr braucht mich hier. Ich werde euch nicht nur den Mist abtransportieren und die Beete umgraben, sondern auch die Chroniken schreiben, die Träume vertonen, die Streite schlichten, die Grabreden halten. […] Die Großmachtleute dort drüben haben den letzten Krieg schon längst wieder auf ihre Habenseite gebucht und behandeln jeden Anderwärtigen bestenfalls als ihren Ladenschwengel. […] Und ihr Bereich ist inzwischen fast überall – sie brauchen gar kein eigenes Reich mehr. So laßt mich bleiben. […] Und warum soll ich, um meinen Vater zu sehen, zu ihm ins Ausland gehen? Soll er doch hierherkommen, zu uns, zu seiner Liebe. Und wenn kommen, so nicht wie seinerzeit als der Eindringling, sondern als der Gast. Und so wird mein Vater hier vielleicht der erste sein, der an mich glauben wird.« (ZU 42-43)
Beiblattnotizen zum Gesetz
Innerhalb des Konvoluts fällt das Beiblatt vom 10. März 1995 besonders auf: Es enthält Stichwörter und Sätze zum »Gesetz«, zur neuen Verfassung. Die Notizen sind nicht kreuz und quer über das Blatt geschrieben, sondern in geraden Zeilen untereinander; sie dürften von Handke in einem Durchgang verfasst und vielleicht sogar vorgeschrieben worden sein und wurden nach ihrer Umsetzung im Text gestrichen. (Bl. 33) Das Beiblatt enthält auch einen Satz, der später von Handke zusammen mit Notizen aus der Zeit zwischen August und November 1994 im Programmheft der Uraufführung von Zurüstungen für die Unsterblichkeit veröffentlicht wurde: »Abraham gewinnt erst m. d. Grab f. Sara in K. Land« (Bl. 33; vgl. Programmheft S. 77) Die Notizen wurden auf den Seiten 108-113 in der ersten Textfassung (1a) verarbeitet; gerade in dieser Dialogpassage zwischen Pablo und der Erzählerin wurden später in Textfassung 1b große Teile wieder gestrichen. (kp)
Tabellarische Daten
Titel, Datum und Ort
Materialart und Besitz
1 Bleistiftmanuskript, 48 Blatt, fol. 1-48
1 Aktenmappe (beige)
Ergänzende Bemerkungen
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Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 1a)
Typoskript und Manuskript, [124 Blatt], 11.01.1995 bis 12.03.1995 -
Konvolut mit Beiblättern (zur Textfassung 1a)
Bleistiftmanuskript, 48 Blatt, 24.01.1995 bis 12.03.1995 -
Lektürenotizen (zur Textfassung 1a)
Manuskript, 5 Blatt, 08.03.[1995] bis 09.03.[1995] -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 1b)
Typoskript und Manuskript, Kopie, 124 Blatt, 22.05.1995 bis 27.05.1995 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 2a)
Typoskript 2-zeilig, 119 Blatt, ??.07.1995 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 2b)
Typoskript 2-zeilig, Kopie, 120 Blatt, ohne Datum [??.??.1995] -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (fragmentarisch überlieferte Textfassung 3)
Computerausdruck 1-zeilig und 1,5-zeilig, mit Bleistiftkorrekturen von Peter Handke, [ca. 60] Blatt, ohne Datum [15.11.1995] -
Korrekturen und Textergänzungen (zur Textfassung 4)
Computerausdrucke und Typoskripte, mit hs. Anmerkungen von Peter Handke, 26 Blatt, 15.11.1995 bis 27.11.1995 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 4)
Computerausdruck 1-zeilig und 1,5-zeilig, Abschrift fremder Hand, Kopie, 127 Blatt, ??.11.1995 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 5)
Computerausdruck 2-zeilig, Abschrift fremder Hand, Kopie, 127 Blatt, ohne Datum -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama (Textfassung 6)
Computerausdruck 1-zeilig und 1,5-zeilig, Abschrift fremder Hand, 126 Blatt, 24.01.1996 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama
Druckfahnen 1. Lauf, Kopie, Exemplar von Peter Handke, mit eh. Korrekturen, 68 Blatt, 09.07.1996 bis 14.08.1996 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama
Druckfahnen 1. Lauf, Kopie, Exemplar von Peter Handke, mit eh. Korrekturen, 68 Blatt, ??.[09].1996 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama
Druckfahnen 1. Lauf, Kopie, Exemplar von Raimund Fellinger, mit hs. Korrekturen, 68 Blatt, 09.07.1996 bis 23.09.1996 -
Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Ein Königsdrama
Aushänger, verpackt, 9 Bögen, ohne Datum [??.??.1996]
Notizen auf der Rückseite von »Abfallblättern« zur ersten Textfassung:
nur\bloß/ noch voll idiotisch sein. – Komm, Schlaf, auch nur sekundenweise: Das hatmirnoch immer, besser als jedesLaufen\Turmspringen/, Ins-Mikroskop-Blicken, Computer-Eingeben, geholfen,mirdie Farben aufzufrischen – die Weltfarben – die Spielfarben. \Vor dem Schlaf: das Durcheinander. \Beim Erwachen: das Neuwürfeln.// (Innehalten. Windwehen über die Szene. \Grillen./ Ferne, sich allmählich nähernde Harmonika- und Klarinetten-Musik.) [//] DIE JUNGE SCHÖNE ERZÄHLERIN (zu dem Schlafenden) Besinn dich. Entsinn dich. Laß dir erzählen. Wie du damals im Stacheldraht verfangen warst, wie der Idiot quer über die Felder gelaufen kam und dich da herauslöste«; vermutlich am 4. Februar 1995 geschrieben, am 5. Februar verworfenmitten«; vermutlich am 20. Jänner geschrieben, am selben Tag verworfen