Kurtzer Bericht von uns Armen ...

Kurtzer Bericht / Von uns Armen in dem neu-aufgerichteten S. Joannis Nepomyceni-Spital. - Wien: gedruckt bey Johann Peter v. Ghelen, [s.a. 1726].

Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 310.505-B.Alt-Mag

Detailinformation

Jener rastlose Vater der Dürftigen und Waisen, Cardinal Kollonits […] hatte einen Theil seiner Armen in der Münzwardein zu Gumpendorf untergebracht und so lange unverdrossen gesammelt und großmüthig aus Eigenem dazu gegeben, daß er dem Prinzen [Maximilian von Hannover] 1724 Garten und Gebäude um 42.000 fl. abkaufen und zu einem Versorgungshaus einrichten konnte ...”* Im Beisein zahlreicher Spender – Wohlthäter” – konnte das bereits vorher in Betrieb genommene St. Johann Nepomuk-Spital (Nepomucenispital) im März 1727 offiziell eröffnet werden. Wie das Leben in diesem Heim für alte und gebrechliche mittellose Personen im Detail geregelt werden sollte, lässt sich dem Kurtzen Bericht von 1726 entnehmen. Dieser lässt die Bewohner (wir Armen”) direkt zu den Lesern sprechen; ein guter Kunstgriff, waren Einrichtungen wie diese doch stets auf Zuwendungen von privaten Gönnern angewiesen.  

Die sichere Versorgung mit dem Nötigsten enthob die Leute im Nepomucenispital der unmittelbarsten Existenzsorgen: Ein Schlafplatz im eigenen Bett (!), von den Bettnachbarn durch Vorhänge getrennt, blaue Anstaltskleidung und sechs Kreuzer in bar pro Tag für die Verköstigung. Damit konnte man Lebensmittel einkaufen (lassen) und sich das Essen in der Gemeinschaftsküche selbst zubereiten, aber auch beim “Ausspeiser” eine fertige Mahlzeit kaufen – wormit [sic] unserem sehr schwachen Appetit weit besser / als durch die sonsten gewöhnliche  Spitals=Kost geholffen ist”. Auch war im Krankheitsfall für Pflege im Krankenzimmer gesorgt, es gab eine Hausapotheke, und in der Nähe wohnte der Hausarzt, der die Krancke recht=liebreich besuchet”.

Diesen Leistungen für die Bewohner standen allerdings Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Disziplin gegenüber, insbesondere die rigorose Kürzung des Taggelds für alle, die einen Streit anfangen oder sich drauf einlassen wollten. Der Tagesablauf war zudem, zumindest in der Darstellung des Kurtzen Berichts, stark von der Gebetts= und Andachts=Ordnung” bestimmt und auch sonst sehr in Hinblick auf religiöse Übungen ausgerichtet, damit – so die Stimmen der Bewohner – wir bey unseren allenthalben geschwächten Leibes=Kräften wenigist mit unserem andächtigen Gebett das liebe Almosen abdienen können”.

Das Nepomucenispital als Armenanstalt bestand bis 1784. Unter Joseph II. wurde das Gebäude zum k.k. Militär-Invalidenhaus umgewidmet, die bisherigen Insassen des Spitals wurden in anderen Versorgungshäusern untergebracht.

* Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg, Wien, seine Geschicke und Denkwuerdigkeiten, 1823.

 

 


last update 03.10.2014