Muster der Höflichkeit

Es schickt sich nicht, in einer Gesellschaft zu gähnen

Wie viele Kinderbücher (nicht nur) seiner Zeit möchte Ludwig Herzmanns Muster der Höflichkeit die jungen Leser anhand von guten und schlechten Beispielen zum „zuvorkommenden Betragen gegen Personen, mit denen wir leben oder zusammentreffen“ erziehen.

Jede der zehn kurzen, beispielhaften Geschichten wird durch einen Kupferstich illustriert, der Künstler bleibt anonym. Eine Rezension in der Kulturzeitschrift Friedensblätter beim Erscheinen des Buches im Jahr 1815 stellt das zugrundeliegende pädagogische Konzept so dar: „Hier ist sonach die Grazie und der Anstand in Kupfer gestochen und die Kinder dürfen die Bilder ansehen und die darauf vorkommenden Stellungen nachmachen und einlernen, um, wie die Ankündigung sagt, ‚sich ihren Mitmenschen durch ihr Betragen zu empfehlen‘.“*) Im Idealfall konnten die „Muster der Höflichkeit“ also durch ein unterhaltsames Rollenspiel erlernt werden, das Bild lieferte dazu die Anregung.  

Der Text macht allerdings unmissverständlich klar, dass die Inhalte ernst genommen sein wollen. Während der Vater eines in Gesellschaft  ausgiebig gähnenden Knaben auf dem Stich höchstens leicht missbilligend erscheint, heißt es dazu in der Beschreibung: “Dieser voll Unmut und Zorn, hat seinen Hut fallen lassen und schickt sich an, dem kleinen Tölpel eine derbe Lektion zu geben” – die zwar nur verbal, aber heftig verabreicht wird.   

Als zweisprachiges Kinderbuch dienten die Die Muster der Höflichkeit zusätzlich dem Lese- oder Hörverständnis des Französischen.

* Friedensblätter. Eine Zeitschrift für Leben, Literatur und Kunst. Nr. 111 (16. September 1815)

Zum Katalogisat und Volltext der Muster der Höflichkeit

Der höfliche Schüler (1783) – ein Kinderbuch zum gleichen Thema in Merkversen


last update 03.09.2014