Dieses von Peter Handke nachträglich auf November 1975 bis Jänner 1976 datierte Notizbuch enthält erste Skizzen zu vier Strophen des Gedichts Das Ende des Flanierens. Das Gedicht erschien mit 18 Strophen zuerst am 5. März 1976 in Die Zeit, wurde noch im selben Jahr in der gleichen Fassung als Einzeldruck im Verlag Davidpresse von Hermann Gail publiziert (DEFa) und 1980 in den gleichnamigen Sammelband aufgenommen (DEF 93-97). Für diesen Wiederabdruck wurde es von Handke stilistisch überarbeitet, um eine Strophe gekürzt und von der Du- in eine Ich-Form gebracht. Die veränderte Form ist oftmals den ursprünglichen Skizzen näher als der Erstdruck. Die in diesem Notizbuch enthaltenen Skizzen betreffen die Strophen acht, zwölf, 15 und 16 im Sammelband.
Der Entwurf zur Strophe acht im Sammelband (neun im Erstdruck), die beginnt: »Betrunken um Mitternacht: [/] In der Cafétoilette [/] gegen ein gotisches Kirchenfenster pissen [/]« (DEF 94) lautet im Notizbuch: »pissen im Pissoir gegen ein [/] Kirchenfenster (der Abfluß) [/] plötzlich sieht er eine vorbeiziehende [/] Leuchtschrift mit den letzten Nach- [/] richten: die überirdische Métro gegen [/] Mitternacht vor der Station [/] (Sèvres-Lecourbe)« (S. 27) Die im Erstdruck noch vorhandene Zeile »vor dem Abfluß im Boden stehend« wurde im Sammelband gestrichen und die Du-Form »pißt du plötzlich« (DEFa Strophe 9) neutralisiert.
Die zwölfte Strophe des Gedichts im Sammelband (13 im Erstdruck) vereint die zwei an unterschiedlichen Stellen im Notizbuch eingetragenen Skizzen: »mit geschlossenen Augen sitzt [/] die Frau in der Metro, als ob [/] sie auf den Tod wartet« (S. 17) und »Die Kassiererin, die den Plastiksack [/] ihm zuwirft, hinter sich, ohne sich umzu- [/] schauen: mit einer seltsamen Genugtuung [/] empfängt er diese verächtliche Geste [/] im schäbigen Warenhaus« (S. 31) Im Sammelband liest man: »Auf einem Klappsitz im Métrowagen [/] sitzt eine Frau mit geschlossenen Augen [/] als ob sie da auf den Tod warte [/] Daß im Supermarkt die Kassiererin [/] ihr einen Plastiksack hinwirft [/] ohne sich nach ihr umzudrehen [/] läßt sie erzittern vor still-triumphialer Genugtuung –« (DEF 95ff.). Sie hat sich im Vergleich zum Erstdruck nur marginal zum Beispiel durch Wortumstellungen verändert.
Die Skizze zur 15. Strophe im Sammelband (16 im Erstdruck) lautet im Notizbuch: »Die Lebensaugenblicke, die vor [/] einem wegspringen wie Katzen zwischen Gräbern großer Friedhöfe [/] Katzen, die vor einem weg- [/] springen zwischen den Gräbern [/] großer Friedhöfe wie Lebensaugen- [/] blicke« (S. 26) Handke übersetzte bei seiner Überarbeitung des Gedichts für den Sammelband nur das Wort »Cimetière« zu »Friedhof Montparnasse« (DEF, 96).
Bei der Strophe 16 im Sammelband (17 im Erstdruck) mit dem Anfang: »Zufrieden mit einer Arbeit [/] ging ich ins Café« (DEF 97) probierte Handke noch eine zweite Variante. In der ersten Version heißt es: »Es war ein Spätnachmittag im November Oktober [/] Ich hatte eine Arbeit fertig und [/] ging ins Café [/] Ich war zufrieden [/] Es wurde dämmerte draußen und [/] Ich stand an der Musikbox und [/] an der Theke stand eine Frau mit [/] weißen Stiefeln [/] und ich dachte: Jetzt müßte das [/]Gedicht eigentlich weitergehen« (S. 19f). Drei Seiten weiter veränderte er die Strophe zu: »Es war \{sonntäglich}/ Ein Sonntagnachmittag [/] Ich war Zufrieden mit dem, [/] was ich getan hatte [/] und ging \ich/ in ein Café [/] wo es dann Abend wurde [/] Ich stand an der Musikbox, [/] und an der Theke stand eine [/] Frau in weißen Stiefeln [/] und ich dachte: [/] Eigentlich müßte dein das Gedicht [/] jetzt weitergehen« (S. 22). Wieder wurde die Du-Form des Erstdrucks »gehst Du ins Café« und »Du stehst an der Musikbox« (DEFa Strophe 17) zurückgenommen und in ursprüngliche die Ich-Form. (kp)
Die Linkshänderin [S. I]; Die linkshändige Frau [S. I]
Bd. Montmorency [Paris, S. 19]; Sèvres-Lecourbe [Métrostation in Paris, S. 27]
1 türkises Notizbuch, I, 56 Seiten unpag., I*; von Handke auf vorderen Umschlag geklebter Papierstreifen mit Datierung »Nov 75-Jan 76«
Filme:
Musik:
Malerei:
mehrere Kinderzeichnungen von Amina Handke: ein Boot und ein Fisch mit einer Sprechblase im Wasser (S. 32), Fische und eine Ente im Wasser mit Sprechblasen ohne Inhalt (S. 33); weitere kleinere Zeichnungen (S. 38, 40, 41, 54, 55)