Dieses 96 Seiten umfassende Notizbuch aus dem Zeitraum von 16. April bis 8. Mai 1976 wurde von Peter Handke zwar keinem Schreibprojekt zugeordnet, es enthält aber kleinere Einfügungen und Textergänzungen zur Erzählung Die linkshändige Frau. Diese Notizen entstanden, nachdem Handke die von ihm überarbeitete Kopie der dritten Textfassung (3b) seinem Verleger Siegfried Unseld in Paris übergeben hatte. Es könnte sich dabei um eine beiläufige, beim täglichen Notieren entstandene Sammlung von Einfügungen für die kommenden Druckfahnenkorrekturen handeln. Wie man Handkes Brief an Unseld vom 26. April 1976 entnehmen kann, hatte er zur Entstehungszeit des Notizbuches und der Ergänzungen den Text der Erzählung nicht mehr vorliegen. (Handke / Unseld 2012, S. 303)
Man erkennt die Einfügungen vor allem an Handkes Zuordnung zur Erzählung; es sind so wenige, dass sie vollständig aufgelistet werden können: »Durch die Stadt gehen und auf alle {zehn} Schritte dieselben scheußlichen Zeitungsüberschriften lesen müssen (in Die linkshändige Frau einfügen)« (S. 2f.); »Allein mit dem Gluckern der Geschirrspülmaschine (Die lh. Frau)« (S. 10); »"Augen, die für nichts und wieder nichts glühen" (F. H., Die linkshändige Frau)« (S. 39); »Die linkshändige Frau: die alte Dame, die beim zweiten Mal, als die Frau mit dem Verleger am Fenster steht, unten mit dem Schirm vorbeiging im Schneefall, "grüßte, als sie den Verleger, einen ihr fremden Mann, bemerkte, nicht zu der Frau herauf, sondern ging weiter, als hätte sie nichts gesehen."« (S. 66); und: »L. H.: Die Verkäuferin, ist, im Geschäft, sich entspannend, aus den Schuhen geschlüpft« (S. 70).
Am hinteren Vorsatz des Notizbuchs entwarf Handke eine Textergänzung für die Beschreibung der Figur Franziska (S. I*), die man im Notizbuch unter dem 20. April 1976 in einer immer noch stark überarbeiteten, aber endgültigen Fassung lesen kann. Sie beginnt: »Franziska (für die LH): "Sie redete fast nur in Meinungen, aber nicht so sehr aus Überzeugtheit und Leidenschaft, sondern eher aus Sorge, daß sonst Gespräche nicht ernsthaft genug – als bloßes Erzählen, als auch Tratsch – erscheinen würden« (S. 11-12 u. ein Einschub auf S. 13). Am Ende der Notiz vermerkte er »(einfügen, bei der Schulpforte)«. Diesen Nachtrag schickte Handke Unseld in einem Brief vom 26. April als noch einzufügende Textergänzung. (Handke / Unseld 2012, S. 303f.) In die Buchausgabe wurde allerdings nur ein Teil davon übernommen. (DF 29)
Eine weitere Textergänzung bezieht sich auf die Schlussszene der Erzählung, in der Marianne zu zeichnen beginnt. Sie wurde von Handke noch um einen, ihr künstlerisches Erwachen unterstreichenden Teil, erweitert. Am 30. April 1976 notierte er: »Sie zeichnete nicht schwungvoll, eher ungeschickt, zögernd; aber dazwischen gelangen ihr Striche in einem einzigen Schwung, die zusammen mit den anderen, gehemmten und zittrigen Strichen, der vollendeten Zeichnung dann den Augenschein von einer langen, in wachsenden Gemütszuständen durchlebten Zeit gaben (einfügen in "Die linkshändige Frau")« (S. 58; vgl. DF S. 130f.) Daneben zeichnete Handke die Umrisse eines Bisons (oder Büffels). Noch am selben Tag schickte er Unseld das um seine Textergänzungen erweiterte Typoskript der Verlagsabschrift von Die linkshändige Frau zu, das ihm Unseld kurz zuvor zukommen hatte lassen, und berichtete ihm von seiner »Erleuchtung für den Umschlag«, auf welchem unter dem Titel eine Höhlenzeichnung, der schwarze, wie eingebrannte Umriss eines Büffels, »dieser ersten Zeichnung eines Menschen« (Handke / Unseld 2012, S. 306) abgebildet sein sollte. Seine Zeichnung wurde zum Vorbild für den Umschlag der Erstausgabe. (kp)
Paris [Wohnadresse, S. I]
1 rot-weiß-kariertes Notizbuch mit Spiralbindung, 96 Seiten, I, pag. 1-96, I*; von Handke auf vorderen Buchdeckel geklebter Papierstreifen mit Datierung »April-Mai 1976«; S. 92-93 unbeschriftet
Beilagen (Blätter vom DLA eingelegt mit Hinweisen auf eingelegte Briefe?)
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