Einführung:
Mitte des 19. Jahrhunderts, als Industrialisierung und Technisierung auch zu einer Massenproduktion von billigen und kunstlos gestalteten Büchern führten, verlor das Exlibris seine Bedeutung als Besitzvermerk. Daß es im letzten Viertel des Jahrhunderts wiederentdeckt wurde, verdankt es den deutschen Heraldikern, die sich mit den Wappenexlibris befaßten, und der Buchkunstbewegung, die in England ihren Ausgang nahm und in der Buchgestaltung an alte handwerkliche Traditionen anknüpfte.
Das Interesse der Buchkünstler am Exlibris – die bedeutendsten Künstler der Zeit begannen nun auch Exlibris zu entwerfen – traf sich mit dem des Bildungsbürgertums, das auf der Suche nach neuen Sammelgebieten war und das Exlibris nun nicht nur zur Kennzeichnung seiner Bücher verwendete, sondern auch als kleinformatige Künstlergraphik ansah. Ab der Jahrhundertwende wurden von diesen Kleingraphiksammlern, die sich in Vereinen zu organisieren begannen, immer mehr Blätter von vornherein zum Sammeln und Tauschen in Auftrag gegeben. Damit hatte das Exlibris seine Verbindung zum Buch aufgegeben und begann ein Eigenleben als Kleinkunstwerk zu führen. Diese bedauerliche Loslösung vom Buch führte allerdings zu einer neuen Vielfalt der Bildmotive im Exlibris. Die Künstler beschränkten sich in den Graphiken nun nicht mehr auf Darstellungen zu Beruf und privaten Interessen der Auftraggeber, sondern beschäftigten sich auch im Kleinformat mit den großen Themen der Kunst.
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Anliegen der anläßlich des Welttages des Buches gestalteten Ausstellung „Exlibris – Vom Bücherzeichen zur Künstlergraphik“ war es, diese Entwicklung nachzuzeichnen und auf die Vielfalt an Bildmotiven im 20. Jh. aufmerksam zu machen. Daher lag, nach einem kurzen Streifzug durch die Geschichte des Exlibris von 1480 bis 1850, der Schwerpunkt der Präsentation auf Blättern des 20. Jahrhunderts, an denen in Form von acht Motivgruppen die zentralen Themen des Exlibris im 20. Jahrhundert – Liebe, Tod, Männer- und Frauenbilder, Beruf, Landschaft, Mensch und Buch, Gesellschaft, Politik und Geschichte, Sammeln als Obsession – vorgestellt wurden.
Publikation:
Claudia
Karolyi, Alexandra Smetana: Exlibris
– Vom Bücherzeichen zur Künstlergraphik.
Beiheft zur Ausstellung: Exlibris – Vom Bücherzeichen zur Künstlergraphik.
Exlibris aus der Österreichischen Nationalbibliothek im Kassensaal der
Creditanstalt, 1010 Wien, Schottengasse 6–8, 20. April bis 14. Mai 1999 Pressestimmen: Wiener Kunsthefte, Zeitschrift
für Druckgraphik, Nr. 2, Juni 1999, S. 9: CA Exklusiv, 6/99, S. 23:
Insgesamt bekommt man den erfrischenden Eindruck, daß hier mit wirklichem
Interesse, fundierter Kenntnis und kluger Einfühlung eine mustergültige
kleine Schau gestaltet wurde. Die es – nebenbei – verdienen würde auf die
Reise zu gehen! Wir hoffen, daß die angekündigte Absicht, die Exlibris-Sammlung
der NB in weiteren Teilen zu präsentieren [...]
auch in Wien bald wieder Gelegenheit zu ähnlichem Vergnügen
gibt. Womöglich von denselben Ausstellungsmacherinnen, deren wirklich mustergültige
Texte zu den Bildern so viel Geschick verraten, daß man Ähnlichem
auch in anderen Ausstellungen zu begegnen wünscht.
Ein schöneres „Kompliment“ für eine Ausstellung kann es eigentlich
gar nicht geben: Noch in der Stunde des Abbaus der Exlibris-Ausstellung [...]
scharten sich die Besucher um diese kleinen Kunstwerke [...] und waren
nicht dazu zu bewegen, den Kassensaal zu verlassen [...]