Aktuelle Projekte
Fotoalben der Familie Wittgenstein. Forschungsprojekt der Österreichischen Nationalbibliothek zur Erschließung des Fotobestandes der Sammlung „Nachlass der Familie Wittgenstein-Stonborough“
- Wien, ÖNB, Cod. Ser. n. 37630, Foto 54
Projektleitung: Dr. Elisabeth Edith Kamenicek
Finanzierung: Sponsor
Laufzeit 1. Teil: 01.06.2013 bis 31.01.2014
Kurzbeschreibung:
Die Österreichische Nationalbibliothek besitzt eine umfangreiche Sammlung an Dokumenten zu Ludwig Wittgenstein, nach den Beständen der Wren Library des Trinity College in Cambridge die zweitgrößte Wittgenstein-Sammlung weltweit. Darunter befinden sich aufschlussreiche Manuskripte aus den 1930er Jahren, die den philosophischen Neubeginn in Cambridge dokumentieren: zwei Typoskripte zu Wittgensteins Tractatus logico-philosopicus sowie zahlreiche Briefe von und an Ludwig Wittgenstein.
Zur Sammlung gehört auch ein großer Nachlassbestand aus dem Besitz der Familie Stonborough. Dieser umfasst u.a. Kompositionen und Zeichnungen der Geschwister Ludwigs wie auch Baupläne zum Haus in der Kundmanngasse in Wien. Dieser Bestand beinhaltet auch an die 600 Fotografien von sowohl biographisch als auch kulturgeschichtlich hohem Wert: drei Familien-Fotoalben und 200 Einzelfotografien. Die meisten der Fotos sind unpubliziert, darunter auch unbekannte Momentaufnahmen aus der Kindheit Ludwig Wittgensteins. Die Fotosammlung enthält Aufnahmen von den unterschiedlichsten Familiensitzen der Wittgensteins – herausragend die von Karl Wittgenstein und seiner Familie ab den 1890er Jahren oft frequentierte Hochreith – und von zahlreichen Reisen einzelner Familienmitglieder.
Die Fotoalben, die die Zeit von 1865 bis 1910 umfassen, enthalten meist noch nicht publizierte Fotos und sollen im Rahmen dieses Projektes im Detail erschlossen werden: Identifikation der dargestellten Personen, von Zeit und Ort sowie der diesbezüglichen Hintergrundereignisse. Die Identifikation des Fotografen bzw. der damals bekannten Fotoateliers der Donaumonarchie sind zu recherchieren, die dabei verwendeten Techniken in der Fotografie sind dabei genauso von Relevanz und müssen untersucht werden wie die Frage, ob es sich um offizielle Fotografien handelt oder um so genannte „Schnappschüsse“ eines Autors aus dem Familienkreis oder eines „Künstlerfreundes“ der Familie wie zum Beispiel des Malers Johann Victor Krämer, des Malers und Stechers Ferdinand Schmutzer oder auch des k. u. k. Hoffotografen und Fotografen der Secession Moritz Nähr. Ebenso von wissenschaftlicher Relevanz sind die Arrangements und die Maße der eingeklebten Fotos; sie zeigen bereits die Vorliebe der Familie Wittgenstein, sie nach ihren ästhetischen Bedürfnissen und persönlichen Freiheiten zu bearbeiten und zuzuschneiden (wie dies später auch bei Ludwig Wittgenstein in seinem persönlichen Fotoalbum der Fall war).
Die Fotoalben dokumentieren die kulturhistorische Bedeutung der Familie Wittgenstein, deren großes Interesse an Musik, der Bildenden Kunst und der im 19. Jahrhundert entwickelten Technik der Fotografie.
Das Fotomaterial ist bereits in Zusammenarbeit mit der Sammlung von Handschriften und Alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek digitalisiert und wird über den Handschriftenkatalog der Österreichischen Nationalbibliothek im Volltext zugänglich gemacht werden. Der Katalog (HANNA), in dem die Forschungsergebnisse aufgenommen werden, ist online über die Österreichische Nationalbibliothek frei zugänglich, so dass es ForscherInnen der verschiedensten Wissensgebiete möglich sein wird, zentrale Inhalte des Forschungsgegenstands über Suchfunktionen direkt zu recherchieren und gezielt nutzen zu können.
Die Fuggerzeitungen. Ein frühneuzeitliches Informationsmedium und seine Erschließung
Projektleitung: Dr. Katrin Keller
Kooperationspartner: Sammlung von Handschriften und Alten Drucken
ProjektmitarbeiterInnen:
MMag. Nikolaus Schobesberger
Dr. Paola Molina
Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 01.03.2011 bis 28.02.2014
Kurzbeschreibung:
Kommunikation und Medien in der Geschichte stehen in den letzten Jahren in zunehmendem Maße im Fokus der historischen Forschung nicht nur des deutschsprachigen Raumes. Im Spannungsfeld zwischen “privatem” Briefwechsel und “öffentlichen” Medien sind zuletzt auch die Anfänge des europäischen Zeitungswesens wieder ins Blickfeld gerückt. Die erste gedruckte Zeitung Europas erschien 1605 in Straßburg, aber schon Jahrzehnte vorher existierten in vielen europäischen Regionen handgeschriebene “avvisi” bzw. Zeitungen als kommerzielle Produkte. Ziel des Projektes ist es, einen der europaweit prominentesten Bestände des spezifisch frühneuzeitlichen Informationsmediums “geschriebene Zeitung” zu nutzen und zugleich der Forschung besser zugänglich zu machen. Es handelt sich dabei um die sog. Fuggerzeitungen, eine Sammlung geschriebener Zeitungen, die von den Brüdern Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger zusammengestellt wurde. Sie umfasst 16.021 Zeitungen aus den Jahren zwischen 1568 und 1605. Ursprünglich Bestandteil der Fuggerschen Bibliothek, befinden sich die 27 Foliobände, in denen die Zeitungen gesammelt sind, seit 1656 in der kaiserlichen Bibliothek in Wien. Die hier enthaltenen Nachrichten betreffen die gesamte damals bekannte Welt. Sie kamen aus den wichtigsten Handels- und Nachrichtenzentren Europas – die meisten Zeitungen stammen aus Antwerpen, Rom, Venedig und Köln, gefolgt von Lyon, Wien und Prag –, aber auch aus Übersee, aus Indien und dem Nahen Osten. Dieser Bestand, der in der pressegeschichtlichen, der literaturwissenschaftlichen wie der historischen Forschung immer wieder erwähnt, aber nur selten untersucht worden ist, soll nun unter verschiedenen inhaltlichen Aspekten ausgewertet werden: Einerseits geht es um die Frage, wie handschriftliche Zeitungen zur Kommunikation von Kriegsereignissen sowie höfischer Kultur und Zeremoniell in der sich entwickelnden medialen Öffentlichkeit beigetragen haben. Andererseits soll durch den Vergleich mit der Überlieferung in einer anderen bedeutenden Zeitungssammlung, der der sächsischen Kurfürsten, nach der Einbindung der Fuggerzeitungen in frühneuzeitliche Netzwerke des Nachrichtenaustauschs gefragt werden. Basis der inhaltlichen Beschäftigung wird dabei die Erschließung des gesamten Wiener Bestandes bilden. Die Zeitungen sollen in Zusammenarbeit mit der Sammlung von Handschriften und Alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek digitalisiert und über den Handschriftenkatalog der Österreichischen Nationalbibliothek im Volltext zugänglich gemacht werden. Der Katalog (HANNA bzw. ÖVK-NAH), in den die Fuggerzeitungen aufgenommen werden, ist online über die Österreichische Nationalbibliothek frei zugänglich, so dass es Forschern der verschiedensten Wissensgebiete möglich sein wird, zentrale Inhalte der Zeitungen (Orte und Personen, Absendorte, Daten, Sprache) über Suchfunktionen direkt zu recherchieren und die Texte gezielt zu nutzen.
Die illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Österreichischen Nationalbibliothek
- Bademädchen der Wenzelsbibel
Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Viktor Michael Schwarz - Univ.-Prof. Dr. Walter Pohl
Kooperation:
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien: Otto Pächt-Archiv
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Mittelalterforschung, Abteilung Schrift- und Buchwesen
ProjektmitarbeiterInnen der letzten Jahre: Dr. Christine Beier, Dr. Regina Cermann, Dr. Dorothea Duda, Dr. Andreas Fingernagel, Dr. Katharina Hranitzky, Dr. Ulrike Jenni, Dr. Karl-Georg Pfändtner, Dr. Veronika Pirker-Aurenhammer, Dr. Susanne Rischpler, Dr. Martin Roland, Dr. Mag. Carmen Rob-Santer, Mag. Michaela Schuller, Mag. Friedrich Simader, Dr. Maria Theisen und Dr. Dagmar Thoss.
Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: bis 30.04.2014
Kurzbeschreibung:
Vor fast einem Jahrhundert wurde das "Beschreibende Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich" gegründet. Die ab 1905 erschienenen Bände waren wichtigen Bibliotheken der heutigen Bundesländer gewidmet. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde in einer neuen Folge die Reihe mit den Katalogen der illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Nationalbibliothek in Wien fortgesetzt und bedeutende Gruppen, wie die byzantinischen Handschriften und die abendländischen Handschriften vor allem West- und Südeuropas in den Bestandskatalogen publiziert. Nach der Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg konnte die Katalogisierungstätigkeit in den frühen siebziger Jahren wieder aufgenommen werden.
Schwerpunkt der von Prof. Otto Pächt geleiteten Projekte war die katalogmäßige Erschließung von den bedeutenden Handschriftengruppen der flämischen, französischen und holländischen Schulen des Spätmittelalters. Die Bearbeitung dieser Bestandsgruppe wird von Frau Dr. Dagmar Thoss (Österr. Akademie der Wissenschaften) in absehbarer Zeit abgeschlossen werden.
Unter Leitung von Prof. Dr. Gerhard Schmidt (Universität Wien) konnte die Bearbeitung der Bestände seit 1989 weiter intensiviert werden. Schwerpunkte dieses Projektabschnittes sind die reichen Bestände der Handschriftensammlung an hoch- und spätgotischen Handschriften der mittel- und osteuropäischen Länder. Drei Bände dieser Reihe - "Mitteleuropäische Schulen I (ca. 1250-1350)", "Mitteleuropäische Schulen II (ca. 1350-1410)" samt Ergänzungen und "Mitteleuropäische Schulen III (ca. 1350-1400)" - sind bisher erschienen.
Die finanzielle und wissenschaftliche Basis für diese Projekte ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Österreichischen Nationalbibliothek.
Folgende Handschriftengruppen werden derzeit bearbeitet:
• Flämische Schulen III und IV
• Mitteleuropäische Schulen V: Österreich, Deutschland, Schweiz (ca. 1410–1450)
• Mitteleuropäische Schulen VII: Böhmen, Mähren, Schlesien, Ungarn (ca. 1400-1450)
• Mitteleuropäische Schulen VIII: Österreich, Deutschland, Schweiz (ca. 1450-1475)
Wichtige Textzeugen in Wiener griechischen Palimpsesten
- Cod. 954 (Palimpsest): links obere Schrift, rechts untere Schrift
Projektleitung: em. Univ.-Prof. Dr. Otto Kresten
Kooperationspartner: Prof. Dr. Oliver Primavesi (München), Prof. Dr. Klaus Alpers (Hamburg), Prof. Dr. Bernard H. Stolte (Groningen/Rom), Dr. Gunther Martin (Bern), Dr. Véronique Somers (Louvain-la-Neuve), HR Doz. Dr. Ernst Gamillscheg, Doz. Dr. Christian Gastgeber.
Projektmitarbeiterin: Doz. Dr. Jana Grusková
Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 01.06.2012–31.05.2015
Kurzbeschreibung:
Die Österreichische Nationalbibliothek besitzt eine große Anzahl griechischer Palimpseste. Viele der getilgten unteren Texte wurden bei der in den 60er bis 90er Jahren des 20. Jahrhunderts durchgeführten Gesamtkatalogisierung erfasst, andere Palimpseste konnten erst in der letzten Dekade dank moderner technischer Möglichkeiten genauer untersucht werden. Eine neue systematische Bearbeitung der griechischen Palimpseste der ÖNB hat im Rahmen des EU-Projekts "Rinascimento virtuale – Digitale Palimpsestforschung" (2001–2004) begonnen und wurde danach, in Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern, im Rahmen des Projekts "Griechische Palimpseste" am Institut für Byzanzforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (2005–2008) weitergeführt.
Das nunmehr begonnene neue Projekt verfolgt das Ziel, fünf wichtige, einzigartige griechische Textzeugen, die in der getilgten Textschicht von Palimpsesten der Österreichischen Nationalbibliothek bisher zum großen Teil verborgen waren, zu entziffern, zu edieren und eingehend zu analysieren, um dieses wertvolle Kulturerbe allen einschlägigen wissenschaftlichen Disziplinen und auch einem breiten interessierten Publikum zugänglich zu machen. Von zentraler Bedeutung für die Geschichte der griechischen Sprache ist das berühmte Herodian-Palimpsest (De prosodia catholica) im Cod. Hist. gr. 10 mit zahlreichen, zum Teil nur hier überlieferten Zitaten aus klassischen Autoren. In der unteren Schrift dieses Manuskriptes ist auch ein bisher unbekanntes Florilegium der Basiliken erhalten geblieben, des ausführlichsten Textes zur Gesetzgebung im byzantinischen Recht. Im Cod. Hist. gr. 73 fanden sich vor kurzem neue historische Fragmente, die offenbar Ereignisse aus den Gotenkriegen des 3. Jh. nach Chr. erzählen. Von höchstem Interesse sind auch Fragmente aus dem ansonsten verlorenen griechischen Original der Weltgeschichte des Eusebios von Kaisareia (Cod. Jur. gr. 18) und Reste eines uralten griechischen Volksbuches mit der Legende vom Heiligen Georg (Cod. 954). Bei der ausführlichen Erfassung der genannten wichtigen Palimpseste sind vielfältige Einblicke in die mittelalterliche Kultur und Buchproduktion vom 6. bis zum 13. Jahrhundert zu erwarten. Einzelne Texte und Handschriften werden in Zusammenarbeit mit weltweit anerkannten Spezialisten (Projektpartnern) bearbeitet.
Hoch-innovative multispektrale Aufnahmetechnologie wird die Entzifferung unlesbarer Texte ermöglichen. Für 76 Palimpsestseiten werden dabei die bereits zur Verfügung stehenden multispektralen Aufnahmen der italienischen Fotoscientifica Snc Di Finzi & Broia aus Parma eingehend ausgewertet werden. Für 12 Palimpsestseiten der jüngst entdeckten wertvollen Textzeugen wird die Aufnahmetechnik der Early Manuscripts Electronic Library (EMEL) aus California, die auch bei der Entzifferung des berühmten Archimedes-Palimpsestes verwendet wurde, zum Einsatz kommen.
Neulateinische Studien des Ludwig-Boltzmann-Instituts
Projektleitung: PD Dr. Stefan Tilg
Kooperationspartner: ÖNB, Ludwig-Boltzmann-Institut, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Albert-Ludwig-Universität Freiburg und Pontificio Comitato di Scienze Storiche
Finanzierung: siehe Kooperationspartner
Laufzeit: 2011-2014
Kurzbeschreibung:
Die Forschungsinteressen fokussieren auf die Erfassung der bisher von der Wissenschaft eher vernachlässigten Aufarbeitung der neulateinischen Literatur des 16. bis 18. Jahrhunderts und konzentriert sich dabei auf deren Anteil an der Ausbildung einer europäischen Kultur. Diese Fragestellung wird anhand dreier konkreter Themenfelder durchgeführt, die den Bereichen Politik, Religion und Mentalitätsgeschichte zugeordnet werden können. Im Detail werden unter anderem die Rolle des Neulatein im multilingualen und multinationalen Habsburgerreich, das katholische Schuldrama des 18. Jahrhunderts, die Hymnographie des 16. bis 18. Jahrhunderts und das Verhältnis zwischen Natur und Individuum in diesem Zeitraum untersucht.
Die virtuelle Bibliothek der Kartause Gaming. Digitale Rekonstruktion des Bibliotheksbestandes der ehemaligen Kartause Gaming in Niederösterreich
Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Winkelbauer
Kooperationspartner: Sammlung von Handschriften und Alten Drucken
Projektmitarbeiter: MMag. Patrick Fiska, Mag. Severin Matiasovits
Finanzierung: Jubiläumsfonds der Österr. Nationalbank
Laufzeit: 28.06.2012-
Kurzbeschreibung:Gegenstand des Projektes ist die digitale Rekonstruktion der Bibliothek der Kartause Gaming in Niederösterreich, insbesondere des Handschriftenbestandes. Die seit dem Spätmittelalter historisch und theologisch bedeutende, in der Folge auf 20.000 Bände angewachsene Bibliothek wurde mit der Aufhebung des Klosters 1782 verstreut. Auf der Basis einer Datenbank sollen die teils bekannten, teils verschollenen und teils verlorenen Handschriften eruiert und virtuell zusammengeführt werden. Für die Kenntnis des Handschriftenbestandes stellen die Briefe des Gaminger Bibliothekars Leopold Wydemann (1668–1752) eine zentrale Quelle dar, deren Auswertung wichtige Anhaltspunkte für die gezielte Suche in internationalen Handschriftenbibliotheken liefert. Neben Handschriftenbeschreibungen soll die „virtuelle Bibliothek der Kartause Gaming“ sowohl Digitalisate erhaltener Handschriften wie auch die nur mehr in barocken Editionswerken überlieferten Texte nach Gaminger Vorlagen zugänglich machen.
Weiters ist die Erfassung des reichhaltigen Briefcorpus Leopold Wydemanns geplant, der mit zahlreichen Gelehrten innerhalb und außerhalb des Kartäuserordens korrespondierte. Eine mit dem FWF-START-Projekt „Monastische Aufklärung und die benediktinische Gelehrtenrepublik“ bestehende Partnerschaft beinhaltet die Mitarbeit an der Edition der Korrespondenz zwischen Leopold Wydemann und den Brüdern Pez, insbesondere hinsichtlich handschriftenkundlicher Fragen.
Mittelalterliche Musikhandschriften in der ÖNB
Projektleitung: Mag. Dr. Alexander Rausch
Kooperation: Österreichische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Musikforschung
ProjektmitarbeiterInnen: Mag. Ana Cizmic, Dr. Robert Klugseder
Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 15.06.2012 bis 14.08.2015
Kurzbeschreibung:
Die Quellen zur älteren Musikgeschichte Österreichs sind bis heute von der Forschung nicht hinreichend aufgearbeitet. Trotz verdienstvoller Detailstudien bedarf es nach wie vor einer systematischen Erschließung der musikalischen Überlieferung in österreichischen Bibliotheken vom 9. bis zum frühen 16. Jahrhundert. Dabei zeigt sich, dass die Desiderata bei der größten Sammlung unseres Landes, der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), am deutlichsten sind. Das dringendste Forschungsanliegen besteht in der Erfassung und Auswertung sämtlicher Quellen mit musikalischer Notation, die sich in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken sowie teilweise in der Musiksammlung der ÖNB befinden. Dieses klar definierte Kriterium (Vorhandensein von schriftlich fixierter Musik) scheint wesentlich praktikabler als eine Einengung auf bestimmte musikalische Repertoires, Gattungen oder Epochen, und es bietet aufgrund seiner leichten Erkennbarkeit die meisten Chancen für eine Zusammenarbeit mit verwandten Disziplinen. Aus historischen Gründen handelt es sich um einen äußerst inhomogenen Bestand. Naturgemäß überwiegen hier die lateinischen Codices, doch es werden auch deutsche und tschechische Texte berücksichtigt. Eine aktuelle Liste der aus Katalogen und anderer wissenschaftlicher Literatur bekannten sowie der noch unbekannten Quellen umfasst insgesamt 413 Signaturen. Dieser relativ umfangreiche Bestand soll in einem musikwissenschaftlich ausgerichteten Gesamtkatalog beschrieben werden. Der Katalog, von dem mittlerweile über 70 Beschreibungen von Vollhandschriften vorliegen, ist monographisch angelegt: die Informationen über das Äußere der Handschriften werden unter Einbeziehung der Forschungsgeschichte ergänzt durch einen musikwissenschaftlichen Kommentar, der die jeweilige Quelle in ihren historischen Kontext stellt. Neben den kodikologischen Angaben und der Präsentation des Inhalts (bei Liturgica mit dem Verweis auf Standardtexte) wird auf die Beschreibung der musikalischen Notationen großer Wert gelegt. Letztere werden in Kooperation mit der ÖNB durch digitalisierte Aufnahmen (meist mehrere für jede Handschrift) unterstützt, die im Internet ab sofort zur Verfügung stehen. Projektspezifische Datenbanken bieten Suchoptionen zu Inhalt, Datierung, Lokalisierung und Musiknotationen. Der zweite Schwerpunkt betrifft die zahlreichen Fragmente: derzeit konnten 609 Musikfragmente identifiziert werden, wobei sich die Zusammenführung in Gruppen durch die bereits begonnene Digitalisierung veranschaulichen lässt.
Abgeschlossene Projekte
Musik in Wien im Umfeld der Universität und des Frühhumanismus im 14.-15. Jahrhundert
Projektleitung: Univ.-Prof. Mag. Dr. Susana Zapke
Kooperationspartner: Österreichische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Musikforschung
Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 01.09.2009-29.02.2012
Kurzbeschreibung: Schwerpunkt des Projektes ist die Aufarbeitung von musiktheoretischen und musikpraktischen Quellen aus dem Umfeld der Universität und mit ihr verbundenen oder interagierenden Wiener Bildungsinstitutionen. Dokumente und Urkunden zur Erfassung des Bildungsprofils der Stadt Wien werden ergänzend aufgenommen.
Ziel der Untersuchung ist die Rekonstruktion des Stellenwerts der Musik im universitären Curriculum unter Einflussnahme der Erneuerungsdiskurse des frühen Humanismus.
Die in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken und in der Musiksammlung der ÖNB enthaltenen Quellen aus der alten Universität, den Bursen, den Klöstern und aus den Privatbibliotheken der Wiener Bildungseliten sollen erschlossen und in einer Datenbank organisiert und zugänglich gemacht werden. Eine Auswahl transkribierter Texte wird durch die Aufnahme der Originalhandschriften begleitet.
Webseite und Datenbank werden aufgebaut in Kooperation mit dem DIAMM-Projekt (Digital Image Archive of Medieval Music) von Oxford University und Royal Holloway London, MUSICOLOGIE MÉDIÉVALE/Les écrits sur la musique (CNRS, Université de Nancy) und dem LML (Lexicon musicum Latinum ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München.
Die Handschriften des Lehrbüchermeisters
Projektleitung: Dr. Andreas Fingernagel
Projektmitarbeiter: Dr. Karl-Georg Pfändtner
Laufzeit: 01.05.2002-30.04.2005
Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Kurzbeschreibung:
Der Lehrbüchermeister, benannt nach den von ihm ausgemalten Schulbüchern für den Erzherzog und späteren Kaiser Maximilian I., war der führende Wiener Buchmaler der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Wie im vorliegenden Projekt festgestellt werden konnte, muß dieser Miniator seine Ausbildung im Wien der 40er Jahre des 15. Jahrhunderts beim sogenannten Mosemeister erhalten haben, einem bisher unbeachteten Wiener Buchmaler, dessen Stil und Unterzeichnung (erstmals mit Infrarot-Reflectographie untersucht) für den Lehrbüchermeister maßgeblich geworden sind. Aber auch die im späteren Werk von verschiedenen anderen in Wien tätigen Buchmalern übernommenen Eigenheiten weisen auf eine frühe Schulung und Tätigkeit in Wien. Einträge in datierten Handschriften, die Überprüfung der Wasserzeichen und stilistische Untersuchungen grenzen die Aktivität des Lehrbüchermeisters auf die zwanzig Jahre zwischen ca. 1450 und 1469 ein. Als Auftraggeber konnten ausschließlich Angehörige der Wiener Universität, Chorherren von Stift Klosterneuburg und der Hof Kaiser Friedrichs III. mit seinem unmittelbaren Umkreis sowie der ungarische König Corvinus (für Wien) ausgemacht werden, eine Tatsache, die auf eine vorwiegend in Wien und Klosterneuburg ausgeübte Tätigkeit schließen läßt, worauf auch die wenigen erhaltenen originalen Bucheinbände (meist der Wiener Buchbinder Mathias und sein Umkreis) weisen. Hochinteressante Ergebnisse lieferte auch die Untersuchung des sekundären Buchschmucks und die Überprüfung der in den Handschriften nachweisbaren Schreiber. So lassen sich in den Handschriften des Wiener Universitätsumkreises ausschließlich dort tätige Schreiber und nur dort nachweisbares Fleuronnée finden, während in Klosterneuburg wiederum Klosterneuburger Schreiber und Floratoren tätig waren. Bei einigen für Friedrich III. und seinen Umkreis ausgeführten Handschriften entstammen die Schreiber der kaiserlichen Kanzlei. Es hat also den Anschein, als ob der Lehrbüchermeister insgesamt wenig mit der eigentlichen Buchherstellung in Beziehung stand, sondern vielmehr nur zur Ausschmückung von vor Ort ausgeführten Handschriften hinzugezogen wurde, eine für das Spätmittelalter nicht untypische Arbeitsaufteilung. Eine eigentliche Werkstatt hat er wohl nicht unterhalten. In seinen frühen Jahren arbeitet er gelegentlich mit zwei anderen in Wien tätigen Miniatoren zusammen, die früh einsetzende und bis weit in die siebziger Jahre wirkende Nachfolge übernimmt zwar sein Formenrepertoire, arbeitet aber auf deutlich niedrigerem Niveau und niemals mit dem Lehrbüchermeister in einem Codex. Nach dem Ausscheiden des Lehrbüchermeisters übernehmen - wie nachgewiesen werden konnte - andere, von auswärts stammende Buchmaler die Aufträge der Klientel unseres Miniators.
Erste Ergebnisse der Projektes wurden bereits im Faksimilekommentar zum Abecedarium Maximilians Ende 2004 publiziert, die abschliessende Monographie ist 2011 erschienen: Karl-Georg Pfändtner, Die Handschriften des Lehrbüchermeisters (Codices manuscripti Supplementum 4), Wien 2011.