Die linkshändige Frau

Notizbuch, 56 Seiten, ??.11.1975 bis ??.01.1976

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Ein Teil von Peter Handkes Notizbuchaufzeichnungen aus dem Zeitraum zwischen November 1975 und Jänner 1976 wurde in seinem Journal Das Gewicht der Welt abgedruckt. Dieses Notizbuch wurde dabei von Handke noch nicht journalartig geführt, denn die Aufzeichnungen sind bis auf zwei Ausnahmen (S. 24, 26; siehe DGW 19-20) undatiert. Es steht vielmehr am Übergang von einem schreibprojektorientierten Notieren (ohne Datierung) zu einem täglichen, zweckfreien Mitschreiben von Bewusstseinseindrücken.

Das Notizbuch hat einen Umfang von 56 Seiten, wobei sich die ersten zwei Drittel der Aufzeichnungen (S. 1-34) aus Skizzen zur Filmerzählung Die linkshändige Frau und zum Gedicht Das Ende des Flanierens zusammensetzen, die durchmischt sind mit Notizen zu Augenblickswahrnehmungen und Lektüren. Das letzte Drittel (S. 42-52) besteht aus Notizen zu Filmen von Jean-Luc Godard und François Truffaut, die bis auf eine – es ist zugleich der letzte ins Journal übernommene Eintrag dieses Notizbuchs (S. 44, DGW 22) – keine Verwendung im Journal gefunden haben. Die projektbezogenen Einträge wurden bis auf einzelne Ausnahmen ebenfalls nicht abgedruckt. Ausnahmen wären beispielsweise die Notiz: »Kind: "Deine Haare riechen?"[/] "Hoffentlich nicht nach Küche?" [/] "Nach Parfüm" [/] "Gott sei Dank."« (S. 3). Sie wurde sowohl in der Filmerzählung verarbeitet (DF 50) als auch in Das Gewicht der Welt (DGW 18) übernommen. Oder die Notiz: »Zwei liegen in zwei Badewannen \nebeneinander/ und reden miteinander« (S. 19); sie wurde in Die linkshändige Frau zum Vorbild für die Szene, in der die Frau und das Kind nach ihrer Wanderung gemeinsam baden (DF 108), wurde aber auch im Journal mit dem Zusatz: »wie zwei nach dem Überstehen großer Mühen in einem Western« (DGW 15) gedruckt. Ins Journal ausgewählt wurden vor allem die Notizen zu Augenblickswahrnehmungen.

Die Aufzeichnungen dieses Notizbuchs umfassen im Gewicht der Welt achteinhalb Seiten: sie beginnen im unteren Teil der Seite 14 und enden auf Seite 22. Die Notiz »das Bewußtsein der Toten rollt mit den Kieseln im Bach« (S. 17) wurde von Handke erst auf Seite 90 des Journals abgedruckt, weil er den Satz während seines Krankenhausaufenthalts am 29. März 1976 noch einmal (ÖLA SPH/LW/W74, S. 75) notiert hatte.

Im Gewicht der Welt wurden die Notizen von Handke den Monaten November und Dezember 1975 zugeteilt. Mit der Datierung Jänner 1976 findet man keine Notate aus diesem Notizbuch. Die chronologische Reihenfolge der Notizen wurde von Handke für die Veröffentlichung leicht verändert. Die erste Notiz im Journal, die beginnt: »"Ja, ich fühl mich jetzt niedergeschlagen …"« (DGW 14), stammt von Seite 15 des Notizbuchs. Danach folgen die weiteren Journalnotizen der Notizbuchchronologie bis zu dem Eintrag: »Ich kenne jemanden…« (DGW 17; S. 24). Die anschließenden neun Notate stammen aus dem vorhergehenden Notizbuch mit dem Projekttitel »SCHULFREI; ERSTE BILDER« (ÖLA SPH/LW/W70). Die nächste Notiz »Sie sieht einen Film…« (DGW 18) von Seite 29 im Notizbuch wurde in der Chronologie vorgezogen, die weiteren acht Notizen von den Seiten 2-4 im Notizbuch wiederum in der Chronologie zurückversetzt. Ab der Notiz »Schwefelgelbes Spätnachmittagslicht…« (DGW 19; S. 24) knüpft Handke wieder an die Seite 24 im Notizbuch an und folgt erneut der Anordnung im Notizbuch, wobei im Journal dazwischen immer wieder einzelne Einträge aus einem anderen Notizbuch stammen (DGW 19, 21-22). Auf die vorletzte Notiz »Der Interviewer sagte zum "Einsamen"…« (S. 33, DGW 22) von Seite 33 im Notizbuch folgt als letzter Eintrag aus diesem Notizbuch: »Die Frau in dem Film Truffauts fällt in Ohnmacht, die Frau in dem Film Godards masturbiert« (DGW 22) von Seite 44. Die zehn Seiten zwischen diesen beiden Notizen sind im Notizbuch mit Zeichnungen und Texten von Handkes Tochter Amina gefüllt. (kp)

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorlage): 

Die Linkshänderin [S. I]; Die linkshändige Frau [S. I]

Beteiligte Personen:  Amina Handke
Entstehungsdatum (laut Vorlage):  Nov 75-Jan 76; 21.11.1975 [S. 24]; 30.11.75 [S. 26]
Datum normiert:  ??.11.1975 bis ??.01.1976
Entstehungsorte (laut Vorlage): 

Bd. Montmorency [Paris, S. 19]; Sèvres-Lecourbe [Métrostation in Paris, S. 27]

Materialart und Besitz

Besitz:  Deutsches Literaturarchiv Marbach
Art, Umfang, Anzahl: 

1 türkises Notizbuch, I, 56 Seiten unpag., I*; von Handke auf vorderen Umschlag geklebter Papierstreifen mit Datierung »Nov 75-Jan 76«

Format:  9,6 x 14,7 cm
Schreibstoff:  Kugelschreiber (blau, rot), Fineliner (schwarz), Bleistift

Nachweisbare Lektüren

  • über Franz Kafka (S. 20)
  • Johann Wolfgang von Goethe: Maximen und Reflexionen (Zitat: S. 27)
  • Lili Brik über Wladimir Majakowski (Zitat: S. 29)
  • Unbekannte Quelle des Zitats: »J’attends d’un homme qu’il m’aime pour ce que je suis et pour ce que je deviendrai. J’attends qu’il me rendre forte, pas qu’il m’affaiblisse. […]« (S. 7)
  • Unbekannte Quelle des Zitats: »das Bewußtsein der Toten rollt mit den Kieseln im Bach« (S. 17) 
  • Die unbekannte Geliebte (S. 31; evt. ist Vincente Minnellis Film Der unbekannte Geliebte gemeint)

Filme:

  • Vergleich der Filmästhetik von Jean-Luc Godard und François Truffaut mit Szenennotizen zu den Filmen L'Histoire d'Adèle H. (Truffaut) und Numéro Deux (Godard) (S. 42-47; vgl. Peter Handkes Aufsatz: »Mr. Curtiz lebt nicht mehr hier«, in: Spiegel, 27.10.1975; auch in: DEF 83ff.)
  • über Filme von Louis Malle und Claude Lelouch (S. 45)
  • Erwähnung von Jean Renoir: La Régle du jeu im Vergleich zu Jean-Luc Godard: Numéro deux (S. 52)

Musik:

  • Gustav Mahler, als Filmmusik (S. 45)
  • Paul Simon: Duncan (S. 56)

Malerei:

  • Barnett Newman (S. 4)

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

mehrere Kinderzeichnungen von Amina Handke: ein Boot und ein Fisch  mit einer Sprechblase im Wasser (S. 32), Fische und eine Ente im Wasser mit Sprechblasen ohne Inhalt (S. 33); weitere kleinere Zeichnungen (S. 38, 40, 41, 54, 55)

Sprache:  Deutsch, Französisch
Bemerkungen: 

 

  • enthält Eintragungen fremder Hand (S. 12) und kleine Geschichten von Amina Handke (S. 36, 37, 38, 39, 53)
  • Seite 35 ist leer
  • viele Einträge in Stenografiekürzeln (z.B.: S. 5, 8, 9, 13, 45-48, 51, 52)
  • ganze Passagen (v.a. Zitate) sind in französischer Sprache (z.B: S. 7, 30, 46, 48, 50)
  • im Original wurden von Peter Handke vier Blätter bis auf einen schmalen Streifen herausgerissen, die für das Digitalisat nicht mitgescannt wurden; das Original umfasst somit genaugenommen 64 Seiten