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Alfred Honkisz: Die Aufarbeitung des Vorlasses von Lotte Ingrisch am Österreichischen Literaturarchiv (17. 01. 2002). In: Sichtungen online, PURL: http://purl.org/sichtungen/honkisz-a-1a.html ([aktuelles Datum]). |
Alfred Honkisz Liechtensteinstraße 96/31, A-1090 Wien Adressinformation zuletzt aktualisiert: 2002 |
Die Aufarbeitung des Vorlasses von Lotte Ingrisch am Österreichischen LiteraturarchivAlfred Honkisz |
Im Jahr 1990 übereignete die 1930 in Wien geborene Schriftstellerin Lotte Ingrisch ihren bis dato vorliegenden literarischen Vorlaß dem Österreichischen Literaturarchiv. Es handelte sich um zwölf Kartons, deren erste Durcharbeitung 1998 in Zusammenhang mit einer auf das schriftstellerische Œuvre konzentrierten Diplomarbeit des Berichterstatters vorgenommen wurde (Das literarische Werk von Lotte Ingrisch. Wien: phil. Dipl. [masch.] 2000). Der Vorlaß, der durch die Autorin kontinuierlich mit neuem Material angereichert wird, besteht aus Werkmanuskripten bzw. -typoskripten und zahlreichen Briefen (berufsbezogene und private Korrespondenz, sowie Publikumszuschriften). Weiters finden sich hier – einem weitgefaßten Vorlaß- (und Nachlaß-)Begriff entsprechend – Programmhefte, Einladungen und Schriftstücke privater Natur, Notizkalender und eine Reihe von Handschriften, die fast ausschließlich Notizen für dramatische Werke sein dürften, und schließlich diverse Gegenstände, darunter – ein Kuriosum im Bereich literaturarchivarischer Sammeltätigkeit – eine Mumienhand. Zu dem Zustand des überlassenen Materials ist zweierlei festzuhalten: Einerseits wurde eine für den individuellen Gebrauch sicher ausreichende, für die Zwecke eines Literaturarchivs allerdings weniger geeignete Einordnung in Mappen vorgefunden. Andererseits sieht man dem ganzen Bestand die Spuren sehr eiligen Einpackens an. Das Ehepaar von Einem-Ingrisch mußte nämlich die langjährige Wohnstatt in Rindlberg (Oberösterreich) kurzfristig aufgeben, wodurch vieles durcheinander geraten zu sein scheint. Lotte Ingrisch begann ihre literarische Tätigkeit mit drei Romanen, »Verliebter September« (1958), »Das Engelfernrohr« (1960) und »Das Fest der hungrigen Geister« (1961), alle im Wiener Zsolnay Verlag erschienen. Ein vierter Roman, »Amour noir«, war zwar fertiggestellt, fand aber erst 25 Jahre später einen Verleger (Wien: Edition S 1985). Spontan wechselte die Autorin dann ins dramatische Fach und schrieb weitgehend nur für die Bühne, schließlich aber auch für den Rundfunk. Dieser Kontakt führte sie u. a. zu der ›Fernsehplauderei‹ »Séance bei Lotte Ingrisch«. Den Komponisten Gottfried von Einem lernte Lotte Ingrisch anläßlich einer Auftragsarbeit (Libretto) kennen. Dieses Zusammentreffen führte zur Scheidung von Hugo Ingrisch und zur Ehe mit dem Musiker. Ein Libretto entstand jedoch erst 1980, und zwar das der zum ›Skandal‹ führenden Oper »Jesu Hochzeit«. Danach schrieb Lotte Ingrisch nur noch zwei Libretti und auch einige andere Texte für Gottfried von Einem, denen aber die Bezeichnung Libretto nicht zukommt, so etwa das musikalische Märchen »Prinz Chocolat«. Daneben verfaßte sie eine Fülle von Gedichten, die weitgehend von Gottfried von Einem vertont wurden. Informationen darüber sind dem »Gottfried von Einem-Werkverzeichnis« zu entnehmen (zusammengestellt von Veronika Großberger. Wien: Gottfried von Einem Musik-Privatstiftung 1997). Außerdem schuf Lotte Ingrisch etliche Chansons für einige ihrer ›Spielstücke‹ (als Oberbegriff gewählt, bezogen auf die unterschiedlichen Medien), daneben ebenfalls Begleittexte für Werke anderer Autoren. Diese Beiträge sind eher dem Bereich der ›Poesie légère‹ zuzuordnen. Ihr Prosawerk wurde durch zwei Kriminalromane fortgesetzt (mindestens ein dritter ist unveröffentlicht) sowie durch einige Bücher sachbezogener Erzählliteratur. Darüber hinaus fungierte Ingrisch auch als Mitautorin und einmal als Herausgeberin eines Sachbuches. Zum ›prosaischen Werk‹ gehören zudem eine Reihe von Essays (meistens in Periodika publiziert) und jene Werke, die die Autorin selbst als »Transzendente Literatur« bezeichnet. Seither erschienen zwei weitere Bücher dieser Art, ferner der Erzählband »Rindlberg« (Weitra: Bibliothek der Provinz 2000). Zu dem umfangreichen Korrespondenzbestand läßt sich festhalten, daß er fast ausschließlich aus Poststücken an Lotte Ingrisch besteht, während von ihrer Hand nur wenige Briefkopien, merkwürdigerweise aber auch einige Originalbriefe an den Verleger Paul Zsolnay vorhanden sind. In bezug auf den ›privaten‹ Briefaustausch dürfte z. B. der mit dem Schauspieler O(tto) W(ilhelm) Fischer von öffentlichem Interesse sein. Das geistige Band zu anderen Künstlern spiegelt sich ebenfalls in den Briefen von Herbert Zand, der für Lotte Ingrisch »der größte (bis 1970 lebende) Dichter« war. Einen speziellen Platz nehmen die Briefe Gottfried von Einems an seine zukünftige, noch mit Hugo Ingrisch verheiratete Frau ein. Dagegen scheinen die Publikumsbriefe für die Wissenschaft ohne Belang zu sein. Alles in allem führte die bisherige Neuordnung und Feinbearbeitung des Vorlasses zu zahlreichen Spuren zu Werken Lotte Ingrischs, die nach ihrer einmaligen Präsentation (bibliographisch) ›vergessen‹ worden sind. Das heißt nicht, daß hierzu immer auch die Originaltexte vorliegen. Angesichts des Umfangs des Œuvres sowie bedingt durch mehrere Wohnungswechsel ist es verständlich, daß der Bestand Lücken aufweist. Nach Beendigung der zur Zeit noch andauernden Erschließung wird dazu zumindest ein ausführlicher Kommentar vonnöten sein. Die hier vorliegenden Ausführungen sollen als Vorschau auf diesen dienen, zugleich aber auch die Ordnungssystematik vorstellen. Ein (noch fernliegendes) Ziel des Bearbeiters ist die Wiederbeschaffung von derzeit als ›verschollen‹ geltenden Texten. Daß ein solches Unterfangen nicht hoffnungslos ist, erwies sich bei der Suche nach dem Einakter »Das träumende Licht«, der dankenswerterweise vom Verlag Sessler in Wien zur Verfügung gestellt wurde.
Alfred Honkisz |
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