Überwindung der Schreibkrise: Langsame Heimkehr (1979)

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1978 reiste Peter Handke von Alaska nach Kalifornien, Colorado Springs und New York, wo er am Romanprojekt »Ins tiefe Österreich« arbeitete. Der Held des Romans, Valentin Sorger, sollte vom hohen Norden Amerikas aufbrechen, »in sein Europa« zurückkehren »und dann auf vielfältigen Wegen, durch verschiedene Staatsformen und auch religiöse Formen auf seinen Geburtsort« Österreich zugehen, erinnert sich Handke. Aus dem Projekt wurde später eine locker verbundene Tetralogie, die die Erzählungen Langsame Heimkehr (1979), Die Lehre der Sainte-Victoire (1980) und Kindergeschichte (1981) sowie das Theaterstück Über die Dörfer (1981) umfasst. Die »Heimkehr« (zu Handkes Geburtsort in Kärnten) ist dabei nicht nur geografisch gemeint, sondern auch als Rückkehr zur literarischen Tradition. Handke fand zu einer neuen Poetik; er entdeckte die »Langsamkeit«, die, wie er vermutete, »viele enerviert, die ein Überfliegen, [...] ein bloßes Story-Aufnehmen der Bücher oder der Sprache gewohnt sind«.

Vorhandene Werkmaterialien und Briefe zeigen, wie mühsam und von welchen Ängsten und Krisen begleitet sich der Autor die neue Poetik erarbeitete. An Hermann Lenz schrieb Handke aus New York am 27. November 1978: »Oft möchte ich Dich um Rat fragen – wie man so etwas lebendiger Seele durchsteht. Seit 45 Tagen schreibe ich tagaus, tagein und weiß oft nicht mehr, was ein Wort mit dem anderen zu tun hat – was 1 Wort überhaupt sagt.« (Handke / Lenz 2006, S. 131) Die Urfassung der Erzählung mit dem Titel »Die Vorzeitformen« wurde von ihm später noch stark umgearbeitet. Noch in den Druckfahnen nahm der Autor massive Eingriffe, Korrekturen, Überklebungen und sogar Neubearbeitungen ganzer Teile vor. Dabei hat sich auch der Titel des Romans mehrfach geändert: über »Raumverbot« und »Das Zeitalter des Verschweigens« zurück zum ursprünglichen Titel »Ins tiefe Österreich« und schließlich zu Langsame Heimkehr. (kp)

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