Erzherzog Leopold Johann (geboren und gestorben 1716)
Bäurisches Oster-Märl / Oder Seltsamer Verwunderungs-voller Discurs Zweyer Gut Oesterreichischen Bauren / Uber Dise Oesterliche höchst-begnadte Festivität Der Durchleuchtigsten Geburt Leopoldi II. Ertz-Hertzogen zu Oesterreich / Und Printzen von Asturien / welcher gebohren den 13. April 1716. Abends zwischen 6. und 7. Uhr / und den anderen Tag darauff Abends nach 8. Uhr zu Hoff ... getauffet / zu einem Ritter deß goldenen Fluß von Ihro Römisch Kayserl. und Königlichen Catholischen Majestät creiret / und mit Erleuchtung der gantzen Wienn Stadt empfangen worden. - Wienn : gedruckt bey Simon Schmid / Univers. Buchdrucker / 1716. Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 308.956-B.Alt-Mag Continuation über vorgegangenes Bäurisches Oster-Märl / Vorstellend einen Irrdischen Himmel / Dann betreffend Die auff das prächtigist in der Ritter-Stuben deß Kayserl. Hoffs celebrirte Tauff-Ceremonien, Deß Durchl. Printzens Leopoldi II., Ertzhertzogen zu Oesterreich, und Printzen von Asturien [etc.] - Wienn : gedruckt bey Simon Schmid [1716]. Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 308.957-B.Alt-Mag Detailinformation Nach achtjähriger Ehe konnten Kaiser Karl VI. und seine Frau Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel aufatmen: Am 13. April 1716, dem Dienstag nach Ostern, war der langersehnte Thronerbe geboren worden. Nach den Regelungen der Pragmatischen Sanktion, die Karl drei Jahre zuvor erlassen hatte, sollte der kleine Leopold Johann später einmal alleiniger Erbe aller habsburgischen Länder werden. Und da der Kaiser trotz Niederlage im Erbfolgekrieg seinen Anspruch auf den spanischen Thron noch nicht aufgegeben hatte, trug das Neugeborene auch noch den traditionellen Titel des Infanten von Spanien, „Prinz von Asturien“. Von den zahlreichen Schriften, die die Feierlichkeiten zu Geburt und Taufe Leopold Johanns zum Inhalt haben, konnte die Österreichische Nationalbibliothek in den letzten Jahren gleich mehrere erwerben. Darunter finden sich die üblichen zeittypischen Chronogrammverse und Emblemgedichte, kabbalistische Zahlenspiele, Inschriften der Festdekorationen und detailreiche Beschreibungen der Feierlichkeiten. Eine ganz besondere Sicht der Dinge vermittelt das Bäurische Oster-Märl. In diesem Dialektgedicht berichtet der Bauer Veitl aufgeregt seinem Freund Stöffl, was er am Dienstag nach Ostern in Wien erlebt hat: Die Geburt und Taufe des Erzherzogs Leopold Johann, die er in seiner Einfalt auf ganz eigenwillige Art interpretiert. Den symbolischen Ritterschlag, mit dem der Kaiser den Säugling zum Ritter vom Goldenen Vlies ernennt, hält er zuerst gar für einen Mordversuch am Kind „als wieda Herodes den Kindern hat than“. Die Continuation über vorgegangenes Bäurisches Oster-Märl bringt die Fortsetzung von Veitls Erzählung; sein Gesprächspartner ist diesmal der Schulmeister seines Sohnes. Er tadelt den Bauern recht unwirsch, weil dieser die prunkvolle Taufzeremonie für eine himmlische Vision, den apostolischen Nuntius seiner Bischofsmütze wegen für den Nikolo und die festliche Bläsermusik für Vorboten des jüngsten Gerichts hält. Der Titel des Oster-Märls knüpft an die Tradition barocker Kanzelredner an, ihre Predigten mit volkstümlichen Erzählungen aufzulockern. Gerade zu den fröhlicheren Kirchenfesten wurde aus so einem „Predigtmärlein“ oft ein richtiger Schwank. Im Fall des anonymen Oster-Märls gehen die Lacher wieder einmal auf Kosten der Landbevölkerung. Noch im September 1716 wurde die Geburt Leopold Johanns mit der Festoper Angelica Vincitrice d’Alcina (J. J. Fux) gefeiert, am 7. November starb das Kind. |