Grundeintrag 1998
[2/ S. 330:] Die Musiksammlung, eine der neun
Sondersammlungen der ÖNB, entstand im Verlauf eines langen
Kristallisationsprozesses innerhalb der Bestände der
ehemaligen kaiserlichen Hofbibliothek. Neben einer Reihe
herausragender Originalhandschriften (Johann Sebastian Bach,
Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven,
Franz Schubert, Anton Bruckner, Hugo Wolf, Richard Strauss, Alban
Berg und andere) verwahrt sie Musikhandschriften mit Schwerpunkt
auf dem österreichischen Musikschaffen (ca. 50.000),
Musikdrucke (ca. 120.000), Musikliteratur (ca. 60.000),
Nachlaßmaterialien (ca. 35.000) und audiovisuelle Medien
(ca. 20.000). Im folgenden seien die Nachlaßbestände
in knappem Überblick vorgestellt.
Etwa 300 Nachlässe von Komponisten, Musikwissenschaftlern
und Interpreten befinden sich heute in der Musiksammlung,
darunter so bedeutende wie die von Anton Bruckner, Hugo Wolf,
Hans Pfitzner, Franz Schmidt, Franz Schreker, Alban Berg, Joseph
Matthias Hauer, Erich [2/ S. 331:] Wolfgang Korngold, Egon
Wellesz, Carl Michael Ziehrer und Leo Fall. Bis 1970 wurden -
entsprechend dem Prinzip des Objektprimats - die einzelnen
Bestandsgruppen eines Nachlasses auf die Spezialsammlungen der
Bibliothek aufgeteilt: Musikhandschriften und -drucke verblieben
in der Musiksammlung, Briefe und Schriften wurden an die
Handschriftensammlung abgegeben, Bildmaterial an die
Porträtsammlung / Bildarchiv. Der Gedanke, einen
Personalnachlaß als organisch geschlossenen Bestand zu
erhalten, setzte sich jedoch 1970 endgültig durch; mit
Einführung der Signaturengruppe »Fonds« begann die
seither beibehaltene Katalogisierung und Aufstellung von
Nachlässen als geschlossene Einheiten. Eine umfassende
Übersicht der in der Musiksammlung verwahrten
Nachlaßmaterialien (sowohl der als »Fonds«
katalogisierten Bestände als auch der Krypto- und
Teilnachlässe, die großteils innerhalb der
Numerus-currens-Reihe der Musikhandschriften aufscheinen) gibt
mit Stand von 1992 das »Verzeichnis der Nachlässe,
Sammlungen, Archive und Leihgaben in der Musiksammlung der
Österreichischen Nationalbibliothek«, das von Ingeborg
Formann, Josef Gmeiner und Ingeborg Pechotsch-Feichtinger
erstellt wurde.
Neben der konventionellen Katalogisierung (Zettelkatalog), die
in Teilbereichen auch heute noch fortgeführt wird, begann
die Musiksammlung im Sommer 1996 versuchsweise mit der
elektronischen Erfassung von Nachlässen. Die Bestände
Isolde Riehl, Theodor Berger und die Korrespondenzen Hans
Pfitzners wurden im Rahmen eines Pilotprojekts mit Hilfe der
speziell für die Nachlaßbearbeitung entwickelten
Datenbank allegro-HANS aufgearbeitet. Da das hier ausgearbeitete
Kategorienschema die spezifischen Bedürfnisse eines
Musikarchivs nur unzulänglich berücksichtigt,
mußten in einer langen Testphase verschiedene Parameter des
Programms den lokalen Erfordernissen angepaßt
werden. Weitere Modifikationen werden sich aufgrund der
Bestrebungen ergeben, die Erfassung von Nachlässen innerhalb
der ÖNB im Zeichen der RNA zu vereinheitlichen, um eine
spätere Übernahme der Daten in das neue Verbundsystem
Aleph 500 zu ermöglichen. Die im Sommer 1998 ins Leben
gerufene »Lokale Redaktion Sacherschließung« wird
sich mit dieser Thematik weiterhin befassen.
Eine Übersicht der Nachlaßerwerbungen 1998 zeigt,
daß die bereits in der Vergangenheit eingeschlagene Linie
einer möglichst umfassenden archivalischen Dokumentation des
österreichischen Musikschaffens auch in der Gegenwart
fortgeführt wird, wobei nicht nur
»Nachlässe« im engen Wortsinn
(Hinterlassenschaften von Verstorbenen), sondern auch Schenkungen
von Materialien noch lebender Personen erwähnt werden
sollen. In chronologischer Folge der Erwerbungsdaten gelang- [2/ S. 332:] ten 1998 folgende Bestände in die
Musiksammlung: Eduard Wilimek (Nachlaß), Raimund
Weissensteiner (Nachlaß), Egon Wellesz (Teilnachlaß;
Ergänzung des bereits katalogisierten »Fonds
Wellesz«), Kurt Schwertsik, Rainer Bischof, Herbert
Feldhofer, Kurt Rapf, Kurt Hueber (Schenkungen bei Lebzeiten) und
Viktor Korda (Nachlaß).
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