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- Biographie:
- Schütz Berta, verehel. Pauli, Journalistin. Geb. Wien, 29. 11. 1878; gest. ebenda, 15. 11. 1927 (Selbstmord). Tochter von Bertha und Friedrich S., Gattin von Wolfgang Josef Pauli, Mutter von Wolfgang Ernst und von Hertha Pauli; röm.-kath., ab 1911 evang. AB. S., in einer freisinnigen Familie aufgewachsen und von ihrem Vater stark geprägt, erhielt, bedingt durch die Berufe der Eltern, eine literar.-künstler. Bildung. Die Polarität Kunst - Politik, die das Schaffen ihres Vaters bestimmte, spiegelt sich auch in ihrem eigenen wider. Liberal und emanzipiert, trat die Pazifistin S. insbes. in der "Neuen Freien Presse" als Journalistin einerseits mit theaterkrit. Arbeiten und hist. Essays, etwa zur Französ. Revolution, hervor, andererseits aber auch mit Beitr. zu polit. Fragestellungen, insbes. zur Frauenbewegung, deren Bedeutung sie wiederholt hervorhob. Als Sozialistin setzte sie sich bes. im Wahlkampf 1919 ein und rief in engagierten Artikeln in der "Arbeiterzeitung" die Frauen zur Wahl der sozialdemokrat. Partei auf. Sie war ab 1899 mit dem bekannten Mediziner Wolfgang Josef Pauli (geb. Prag, Böhmen/Praha, Tschechien, 11. 9. 1869; gest. Zürich, Schweiz, 4. 11. 1955), Buchhändlersohn, mos., ab 1899 röm.-kath., ab 1911 evang. AB, verehel. (...) Der Ehe (...) entstammten zwei Kinder: Während der Prof. für theoret. Physik an der Eidgenöss. Techn. Hochschule Zürich Wolfgang Ernst Pauli (...) wie der Vater die naturwiss. Laufbahn einschlug - er wurde u.a. 1945 für die Entdeckung des nach ihm benannten Ausschlußprinzips im Bau der Atome mit dem Nobelpreis ausgez. -, wandte sich Hertha Pauli (geb. Wien, 4. 9. 1906; gest. New York, NY, USA, 9. 2. 1973), verehel. Behr, später Ashton (eigentl. Basch), röm.-kath., ab 1911 evang. AB, als Schriftstellerin und Schauspielerin wie ihre Mutter und Großmutter künstler. Berufen zu. Vor dem Nationalsozialismus über Zürich und Paris in die USA geflüchtet, verf. sie über ihren Weg ins Exil das bewegende autobiograph. Buch "Der Riß der Zeit geht durch mein Herz" (1970).
(ÖBL)
- Die Mutter Bertha Pauli: Aus der Ehe von Friedrich und Bertha Schütz gingen zwei Töchter hervor. Die Mutter des Physikers und Nobelpreisträgers, Wolfgang Pauli, Bertha Kamilla Pauli, geb. Schütz (1878-1927), kam am 29. November 1878 in Wien zur Welt. Sie wuchs in einer literarisch-künstlerischen Familie auf und wurde schon frühzeitig mit freisinnigem Gedankengut vertraut. sie war ebenso wie ihr Vater im Bereich des Journalismus tätig. Wie dieser arbeitete sie für die "Neue Freie Presse" und verfügte über ein breites Repertoire sprachlicher Ausdrucksmittel. Während sich in ihren Artikeln vielfach der Einfluß der väterlichen Gedankenwelt nachweisen lässt, entwickelte sie dennoch im hohen Masse ein eigenes Profil, das sich in markanter Weise von dem ihres Vaters unterschied. Wie dieser stand sie den Aktivitäten der katholischen Kirche äusserst kritisch gegenüber. 1911 trat sie zur evangelischen Glaubensgemeinschaft über. Die genauen Beweggründe für diesen Schritt sind unbekannt. für die "Neue Freie Presse" verfasste sie eine Reihe von Essays über historische Themen sowie theaterkritische Aufsätze. Eines ihrer bevorzugten Themen war der Kampf für die Rechte der Frauen. So beschäftigte sie sich in ihren historischen Essays unter anderem mit bedeutenden Frauengestalten während der Zeit der Französischen Revolution, mit dem Prozess gegen Jeanne d'Arc und mit der Dichterin George Sand. Daneben galt ihr Engagement dem Pazifismus, der sozialen Gerechtigkeit und dem Kampf gegen die reaktion, den schon ihr Vater wortgewaltig geführt hatte. Diese Ziele schienen ihr am besten von den österreichischen Sozialisten verfochten zu werden. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sie auch für die "Arbeiter-Zeitung", das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei, schrieb. Im Wahlkampf des Jahres 1919 rief sie die österreichischen Frauen dazu auf, sozialdemokratisch zu wählen, um nicht weiterhin "das gefügige Werkzeug der Reaktion" zu bleiben. Die Fortschrittsgläubigkeit, die schon ihr Vater in bezug auf den Liberalismus gezeigt hatte, findet sich in entsprechender Weise bei Bertha Pauli, wobei sie nunmehr den Sozialismus für die Triebfeder des Fortschritts hielt. Auch was ihr pazifistisches Engagement betrifft, vertrat sie die Ansicht, dass eine friedliche Zukunft "nur der unwiderstehliche Strom proletarischer Massenbewegung erreichen und verwirklichen kann". Mit überzeugender Anteilnahme berichtete sie von internationalen Friedensaktivitäten, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs den Grundstein für eine friedliche Zukunft der Welt legen wollten. Die grosse soziale Not der 20er Jahre wirkte sich besonders verhängnisvoll auf viele Kinder aus. Dies führt zu der Forderung, man möge die Jugendfürsorge stärken und so das Schicksal des jungen Lebens in geordnete Bahnen lenken. Auch diese Bevölkerungsgruppe fand in Bertha Paul eine entschiedene Fürsprecherin. In ihren theaterkritischen Artikeln zeigt sie sich als eine interessierte und sachkundige Journalistin, die - ebenso wie ihr Vater - vom Theater wesentlich mehr erwartete als nur Erbauung und Zerstreuung. für sie war die Bühne ein Werkzeug für den gesellschaftlichen Fortschritt. Einer ihrer Interessenschwerpunkte galt dem zeitgenössischen Drama, das die aktuellen gesellschaftlichen entwicklungen und die damit verbundenen persönlichen Schicksale thematisierte. Offene Kritik übte sie, wenn die Wiener Theater ihre Türen vor diesen modernen Stücken verschlossen. Bertha Pauli schied am 15. November 1927 freiwillig aus dem Leben. Einem Nachruf uf ihre Person entnehmen wir, dass sie an pathologischen Angstzuständen litt, die anfallsartig aftraten. In der Nacht vom 12. auf den 13. November hatte sie eine Überdosis des Beruhigungsmittels Veronal zu sich genommen, an der sie zwei Tage später starb. Ihre Kollegen von der "Arbeiter-Zeitung" lobten sie als "eine tapfere Frau" und als "entschlossene Sozialistin". Ein weiteres Markenzeichen der streitbaren Journalistin war ihre direkte und unverblümte Kritik an bestehenden Missständen der jungen Republik. Sie nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es galt, das als richtig Erkannte einer breiteren Öffentlichkeit mitzuteilen, auch wenn dies vielen zeitgenossen zuwiderlaufen musste. In einem anderen Nachruf ist von "ihrer peinlichen Selbstkritik", verbunden mit einem stark ausgeprägten Minderwertigkeitsgefühl die Rede, was sie - so wird gemutmaßt - zu ihrem verängnisvollen Schritt getrieben haben soll. In diesem Zusammenhang muss allerdings darauf hingewisen werden, dass die Ehe der Paulis zu dieser Zeit in eine schwierige Lage geraten war. Wolfgang Pauli sen., hatte kurz zuvor die junge Bildhauerin Maria Rottler kennengelernt, die er bereits ein halbes Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete.
(Aus: Jacobi, Manfred: Wolfgang Paulis familiärer Hintergrund. In: Gesnerus 57. 2000, Nr 3/4)
- Werke in der ÖNB:
- Mädchenerziehung und Kampf ums Dasein. Vortr. Hrsg. vom Oesterr. Frauenstimmrechtskomitee. - Wien : Perles, 1911
Signatur: 476.595-B
Online bei ALO
- Sekundärliteratur:
- Seppi, Ruth: Thesis on Bertha Pauli and the Vienna feuilletons, 2004
Signatur: ARIADNE-04.018
- Online verfügbare Werke:
- Nachlässe und Autographen:
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