Informationen über das Projekt
In den vergangenen Jahren hat das Interesse an der Erforschung von Frauenbewegungen um 1900 auffallend zugenommen. Doch während wissenschaftliche Untersuchungen vor allem nach Existenz – oder auch Abwesenheit – historischer Frauenbewegungen fragen und diese jeweils zu belegen suchen, bleibt das Phänomen Frauenbewegung selbst zumeist vage und unbestimmt. Das gemeinsame Forschungsprojekt von Ariadne, der frauenspezifischen Informations- und Dokumentationsstelle an der Österreichischen Nationalbibliothek, und dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien startete mit dem Ziel, eine geschichtswissenschaftlich-dokumentarische Aufarbeitung von Frauenbewegungen im Zeitraum von 1848 bis 1938 durchzuführen.
In geschichtswissenschaftlicher Perspektive erfolgte eine Bestandesaufnahme und Analyse von Forschungsperspektiven auf Frauenbewegungsgeschichte der Habsburgermonarchie sowie der Zwischenkriegszeit in Österreich. Eine Differenzierung zwischen Historisierung der Frauenbewegungen und Historiographie von Frauenbewegungen erwies sich dabei als besonders hilfreich und nützlich: Als Historisierung werden Initiativen charakterisiert, die von Protagonistinnen oder Zeitgenossinnen der Frauenbewegung getroffen wurden, um die Geschichte von Frauenbewegungen zu dokumentieren, als Historiographie wird die wissenschaftliche Erforschung von Frauenbewegungen bezeichnet. Der geschichtswissenschaftliche Projektteil legte dem entsprechend besondere Aufmerksamkeit auf die Untersuchung des spezifischen Verhältnisses von Historisierung und Historiographie von Frauenbewegungen.
Recherchereisen nach Brünn, Krakau, Lemberg und Prag wurden durch die Kooperation mit Historikerinnen aus Rumänien, der Slowakei und Ungarn ergänzt. Dabei wurden sowohl zeitgenössische Dokumente der Historisierung von Frauenbewegungen als auch der Forschungsstand und Forschungsperspektiven erhoben.
Die Ergebnisse finden Eingang in eine Buchpublikation, die 2009 unter dem Titel „Wie Frauenbewegung geschrieben wird…“ erscheint. Ziel der Publikation, für die eine Reihe von renommierten nationalen und internationalen Wissenschafterinnen gewonnen werden konnte, ist die Analyse von Bedingungen, Forschungsschwerpunkten, wissenschaftlichen Debatten, aber auch offenen Problemfeldern der internationalen Frauenbewegungsgeschichtsschreibung. Ein besonderer Fokus wird dabei auf historischen Frauenbewegungen sowohl der gesamten Habsburgermonarchie als auch der Jahre der Ersten Österreichischen Republik und des autoritären Ständestaates liegen.
Im Zentrum des dokumentationswissenschaftlichen Projektteils stand der Ausbau und die Weiterentwicklung des von Ariadne erstellten digitalen Archivs „Frauen in Bewegung: 1848–1918. Diskurse und Dokumente der österreichischen historischen Frauenbewegung“. Ziel war die Aufarbeitung von Dokumenten und Quellen zu frauenpolitischen und frauenbewegten Aktivitäten von 1918 bis 1938 und ihre Zugänglichmachung und Präsentation im Netz als Bestandesnachweise und teilweise auch als digitale Dokumente. Eine umfassende Bestandesaufnahme wurde nicht nur für die Bestände der Österreichischen Nationalbibliothek, sondern auch die weiterer relevanter Bibliotheken, Archive und Sammlungen österreichweit angestrebt, um auch weniger bekannte Frauen und ihre Netzwerke sichtbar zu machen.
Die Struktur der Online-Dokumentation folgt Kategorien der Frauenbewegungsgeschichtsschreibung: Personen, Frauenvereine/–organisationen und Dokumente. Die inhaltliche Aufarbeitung der Dokumente findet ihren Niederschlag in der Sammlung von historischen Daten zu Personen und Frauenorganisationen, sowie biographischen Porträts und Vereinsprofilen. Zu Personen werden biographische Eckdaten präsentiert und es wird dargestellt, in welchen frauenrelevanten und –politischen Zusammenhängen diese tätig waren. Neben einer Kurzbiographie finden sich auch Hinweise auf Materialien – Bestandsnachweise von Publikationen, Sekundärliteratur, Archivmaterialien und Bilddokumenten –, die von und über die betreffende Person erhoben wurden. Daten und Informationen zu Frauenorganisationen wurden in ähnlicher Weise aufbereitet. Online-Dokumente führen zu Digitalisaten von historischen Dokumenten aus dem Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek.
Gemeinsam mit dem Vorläuferprojekt umfasst “Frauen in Bewegung“ eine Zeitspanne von 1848 bis 1938 und bietet somit ein umfassendes Webportal zur Frauenbewegungsgeschichte und frauenpolitischen Aktivitäten in Österreich. Da (bisher) nur der Zeitraum von 1918 bis 1938 über eine Datenbank erschlossen ist, können die beiden Projektteile (noch) nicht über eine gemeinsame Webpräsentation zugänglich gemacht werden. Wünschenswert wäre eine Zusammenführung der beiden Projektzeiträume in eine gemeinsame Datenbank und damit auch eine gemeinsame Webpräsentation. Dies ist eines der zukünftigen Ziele. Das Projekt versteht sich als work in progress, an dem laufend Erweiterungen und Aktualisierungen vorgenommen werden. Zur Zeit sind cirka 250 Personen und Frauenorganisationen aufgearbeitet.
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